Was soll Schule heute leisten? – Ein Vater fordert ein

In Studien, in den Medien und von uns als Eltern – das Schulsystem wird kritisiert: zu alt, zu unflexibel, unterfinanziert und überlastet.

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Zur Ausgangssituation: Noch ist alles gut

Zuerst muss ich erwähnen, dass ich mit der Grundschule meiner beiden Kinder sehr zufrieden bin. Auch wenn wir nicht in Berlin-Prenzlauer Berg wohnen, ist die Schule sehr modern und besitzt einen hohen Bildungsstandard. Sie ist top ausgestattet und verfügt über genug Lehrkräfte, um auf die Schülerinnen und Schüler individuell eingehen zu können. Alles in allem also das, was ich von einer Schule erwarte.

Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis sie auf eine weiterführende Schule gehen. Ich bin verwöhnt von der bisherigen Entwicklung meiner Kinder und frage mich: Was kommt nun auf uns zu?

Was muss die Schule bieten, damit ich weiterhin zufrieden bin?

Seit meiner Schulzeit hat sich unser gesamtes Bildungssystem nicht wirklich verändert. Das sind schlechte Nachrichten, denn die Welt da draußen hat sich grundlegend gewandelt. Ich wünsche meinen Kindern, dass sie eine andere Art der Schulbildung erhalten, als ich sie erfahren habe. Dabei wünsche ich mir vor allem vier Dinge:

1. Stärken statt Schwächen

Unser Schulsystem produziert gleichförmigen Einheitsbrei: Es sollen alle das Gleiche wissen und können. Das bedeutet, dass im klassischen Frontalunterricht ein vorgegebenes Pensum gelehrt werden muss. Dabei sollten möglichst alle mitkommen. Wer Schwierigkeiten hat, weil ihm oder ihr das Fach oder das Thema nicht liegt, wird bis zu einem Punkt mitgezogen, muss aber irgendwann doch zurückgelassen werden. Die Karawane muss weiterziehen, weil der Lehrplan es vorgibt.

Statt sich also auf die Stärken des Kindes zu konzentrieren, lassen Lehrerinnen und Lehrer die Schwächen bestehen. Ich wünsche mir eine Schule, die die Stärken meiner Kinder herausarbeitet. Sie sollen herausfinden, was ihnen liegt und woran sie Spaß haben.

2. Finanzdiskussion statt Kurvendiskussion

Wann haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, das letzte Mal eine Parabel gezeichnet? Bei mir war es in der 12. Klasse. Ich habe so viele abstrakte Sachen gelernt, die ich nie wieder benötigte und schlussendlich vergessen habe. Zwar können Schülerinnen und Schüler komplexe mathematische Probleme lösen, aber ihnen fehlt es an Praxiswissen, das sie für das „echte“ Leben brauchen. Ich finde es wichtig, dass Schulen eine einfache Finanzbildung auf den Lehrplan setzen, damit Kinder lernen, dass man nicht mehr Geld ausgeben kann, als man erwirtschaftet hat. So kann man vermeiden, dass sie später in die Schuldenfalle tappen. Ein Beispiel: Eine Hauptschule in Berlin hat diesen Missstand erkannt und lehrt Kinder, wie man einen Hartz-4-Antrag ausfüllt. Zugegeben, das ist ein makaberer Vergleich, aber die Idee dahinter ist gut – praktisches Wissen gehört in den Lehrplan.

3. Begeisterung statt Arbeit

Wie gehen Sie vor, wenn Sie Ihr Kind für Fußball begeistern möchten? Lassen Sie es alle Regeln, die Positionen, alle Vereine und alle Meister seit 1962 auswendig lernen? Oder lassen Sie es spielen? Das stumpfe Auswendiglernen von Dingen, die jeder googeln kann, hilft nicht beim Verstehen. Die sogenannte „Wissensbulimie“ liegt in der Schule im Trend: Das Kind stopft sich vor einer Prüfung mit Wissen voll und „kotzt“ es zur Prüfung aus. Kurz darauf ist es aus dem Gedächtnis gelöscht.

Es müssen neue Lehrmethoden und Unterrichtskonzepten her, die Kinder für Sachverhalte begeistern und ihr Interesse wecken. Kinder sind neugierig und leicht für Neues zu begeistern. Stoff mit dem Vorschlaghammer zu vermitteln, lässt diese Neugierde verkümmern und macht aus Wissensschwämmen Auswendiglernroboter.

4. Vorwärtsgerichtet statt rückwärtsgerichtet

Große Teile des Schulsystems, wie wir es kennen, stammen aus der Zeit der Industrialisierung: Das Ziel der Schule damals war es, Arbeiterinnen und Arbeiter für die Fabriken auszubilden. Die Kinder sollten an Gehorsam und Strukturen gewöhnt werden, damit es ihnen später leichtfällt, sich in den Ablauf einer Fabrik einzugliedern. Durch die Gleichmacherei der Fähigkeiten wurde eine maximale Austauschbarkeit hergestellt, damit die Fabrik auch funktionierte, wenn ein Arbeiter oder eine Arbeiterin nicht zum Dienst erschien.

Was früher richtig war, führt heute in eine Katastrophe. Wir leben in einer Zeit, in der alles interessant, anders und kreativ sein muss. Auch der Mensch selbst.

Wir schicken Kinder in eine Welt, in der das „Out of the box“-Denken eine Minimalanforderung ist. Wir vergessen völlig, ihnen dieses Denken beizubringen. Wenn wir uns also fragen, wie Schule heute sein soll, müssen wir zuerst fragen: Was müssen unsere Kinder später leisten und welche Fähigkeiten brauchen sie?

Ja, das ist eine Veränderung und ja, das ist schwer. Nicht zuletzt, weil sich die Anforderungen für unsere Kinder schneller ändern, als wir unser Schulsystem darauf anpassen können. Daher ist es wichtig, aus alten Mustern auszubrechen.

Verantwortung der Vielen anstatt Verantwortung von Wenigen

Damit ich auch in Zukunft mit unserer Schule zufrieden sein kann, muss sich enorm viel ändern. Doch wer treibt diese Veränderung an? Das Kultusministerium oder die Bundeskanzlerin? Wohl kaum. Ich denke, das Schulsystem wird sich einer Entwicklung unterziehen müssen, wie es viele Unternehmen heute bereits erleben. Hierarchien müssen reduziert und dadurch das Mitspracherecht aber auch die Verantwortung auf viele verteilt werden. Das sogenannte „Swarmschooling“ ist vielleicht ein Trend, der die notwendige Geschwindigkeit in den Veränderungsprozess bringen kann.

Wir Eltern sind also gefragt, wenn wir mit der Bildung unserer Kinder auch übermorgen noch zufrieden sein wollen. Ich wäre dazu bereit, meinen Teil der Verantwortung zu übernehmen.

Über den Autor

Gastautorin Andreas_Lorenz

Andreas Lorenz

Andreas Lorenz ist mit 37 Jahren Vater von 2 Kindern (Leopold 8 Jahre / Florentine 7 Jahre). Er lebt mit seiner Frau den beiden Kids und dem Labradoodle Emma in Münster. Andreas hat vor 8 Jahren den Blog papa online gegründet und liefert dort Ideen und Tipps für Männer, wie sie der Vater sein können, auf den die Kinder stolz sind.

Titelbild: © Monkey Business Images/shutterstock.com

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