Arbeit mit autistischem Kind: „Die Stärken stärken“

Lerntherapeut Michael Ehlers arbeitet mit sofatutor, um einem autistischen Jungen das Lernen zu ermöglichen. Welche Erfolge die beiden mittlerweile erlebt haben, erzählt er im Interview.

So klappt's mit dem Lernen – jetzt im Video anschauen!

Ehlers_Lerntherapeut
Herr Ehlers, was machen Sie als Lerntherapeut in Ihrer Arbeit?
Michael Ehlers: „Grundsätzlich hilft Lerntherapie bei schulischen Schwierigkeiten aller Art, z. B. Legasthenie oder Dyskalkulie. Das passiert über Programme, aber viel mehr noch darüber, das Lernen zu lernen und dadurch die Motivation zu steigern. Der Grundsatz meiner Arbeit beruht darauf, die Stärken zu stärken und die Schwächen zu schwächen.

Ich habe für meine Arbeit eine eigene Praxis. Den autistischen Jungen, den ich mithilfe von sofatutor unterstütze, betreue ich aber als Vertretungslehrkraft im Förderzentrum.“

Worin liegen bei ihm die Lernschwierigkeiten?
Michael Ehlers: „Er wird seit mittlerweile zwei Jahren nicht mehr im klassischen Stil unterrichtet, weil er durch seinen Autismus in sozialen Gruppen Schwierigkeiten hat. Der Druck wird dort für ihn zu groß. In der vierten Klasse der Grundschule hat das zu Problemen geführt, unter anderem auch mit Gewalt als Ventil. Dadurch wurde er von Schulen verwiesen oder anderen Schulen zugeordnet. Dann haben wir uns kennengelernt. Am Anfang hatten wir nur eine Stunde am Tag, damit er sich erstmal an mich gewöhnen konnte. Die Zielsetzung war damals, dass er an die Schule angebunden bleibt und ich ihn sozialisiere.

Wir sind auf dem richtigen Weg.

Wie hat es sich schulisch mittlerweile für ihn entwickelt?
Michael Ehlers: „Sein Wunsch war es, aufs Gymnasium zu kommen, weil er intellektuell dazu in der Lage ist. Nun ist er tatsächlich auch in der fünften Klasse eines Gymnasiums. Und das Schulministerium ermöglicht es, dass ich zehn Stunden in der Woche, also zwei Schulstunden pro Tag, im Einzelunterricht mit ihm arbeite. Nur die soziale Komponente macht es bislang weiterhin unmöglich, dass er im klassischen Unterricht mitmacht. Er gerät z. B. unter Druck, wenn er in großen Gruppen etwas gefragt wird.

Daher bearbeite ich die Kernfächer Mathe, Deutsch und Englisch mit ihm, damit seine Lücken nicht zu groß werden. Gleichzeitig dient es ihm als soziales Training. Unser Ziel ist es, dass er irgendwann wieder im Klassenverband unterrichtet werden kann.“

Heißt das, er lernt dann im Förderzentrum in Gruppen, um das Soziale zu trainieren?
Michael Ehlers: „Aktuell arbeite ich mit ihm alleine. Aber ich konstruiere manchmal, dass noch andere Schülerinnen und Schüler des Förderzentrums mit im Raum sind. Sie lernen nicht zusammen mit ihm, arbeiten aber auch am PC. Dadurch soll er das Gefühl bekommen, dass sie ihm nichts Böses wollen und er weiterarbeiten kann. Das gelingt bislang auch gut und er hat sozial schon eine tolle Entwicklung gemacht. Wir sind auf dem richtigen Weg.“

Durch das videogestützte Lernen fühlt er sich mittlerweile sicherer.

Wie kann sofatutor dabei helfen?
Michael Ehlers: „Ich arbeite mit ihm mit sofatutor, da er hier videogestützt lernen kann. Er muss nicht in Kommunikation treten, was für ihn wichtig ist. Er hat ein erstaunliches Geschick, sich über bildhafte Darstellung Wissen anzueignen. Durch sofatutor habe ich überhaupt die Möglichkeit, ihm das zu geben, was am Gymnasium an Lernstoff gefordert ist und womit er lernen will. Dadurch kann er auch die geforderten Leistungsnachweise erbringen.

Wir machen es so, dass er gezielt zu Hause lernt und ich die Ergebnisse mit ihm durchspreche. Meistens schreiben wir auch eine Übungsarbeit. Vorher war das überhaupt nicht möglich. Wenn er mit Papier arbeiten musste, hat er gleich dicht gemacht. Durch das videogestützte Lernen fühlt er sich mittlerweile sicherer. Und ich kann ihm jetzt Aufgaben geben, die entweder direkt zum Video passen oder zum Stoff, den er bearbeitet hat. Das macht er mittlerweile relativ zügig.

Das würde ich niemals hinkriegen, wenn ich das mit dem Englisch- oder dem Deutsch-Buch versuchen würde! Das wäre nicht zu machen. Wenn ich mit ihm mithilfe z. B. eines Englisch-Buchs lernen würde, würde er mich fragen, warum er die Seite lesen soll, man bräuchte das ja sowieso nicht in England.“

Worin liegt für Sie der Vorteil von Lernvideos in der Arbeit mit diesem Schüler?
Michael Ehlers: „Er muss mit mir ja in eine Interaktion treten. Selbst wenn ich nicht direkt eine Antwort erwarte, geht er davon aus. Dadurch setzt er sich selbst so unter Druck, dass er gar keinen Gedanken mehr an Unterricht zulässt. Wenn ich ihm die Videos aufgebe, damit er sie zu Hause gucken kann, dann macht er das wirklich. Wir arbeiten den Lernstoff anschließend gemeinsam durch und er kann das in aller Regel.

Da hat er zum einen eine gewisse Begabung für und zum anderen passen die Videos, die wir bisher besprochen haben, auch gut für ihn. Die Stimmlage ist für ihn zum Beispiel ein wichtiger Aspekt fürs Lernen. So kann er dank der Videos auch Lücken aufarbeiten, weil er das überhaupt als Möglichkeit sieht.

Er hat mathematische Schwächen und ihm fehlt die Lust, sich damit zu beschäftigen. Wenn ich ihm aber passende Videos dazu gebe, dann eignet er sich das nötige Wissen an und seine Lust steigt, sich mit Mathe zu beschäftigen.“

Sie gewinnen Zutrauen zu sich selber.

Worin liegt für Sie der Vorteil von digitalen Lernmaterialien wie bei sofatutor allgemein?
Michael Ehlers: „Ich finde, sie sind sehr kindgerecht und aufs Alter zugeschnitten. Auch in meiner lerntherapeutischen Praxis habe ich Eltern schon empfohlen, sich die Lernplattform  anzugucken. Die Schülerinnen und Schüler können sich die Videos zwei- oder dreimal angucken, sie können sie anhalten und den Stoff sacken lassen und wiederholen. Durch die großen Klassen gehen die Schülerinnen und Schüler mit Teilleistungsschwächen eher unter. Sie trauen sich nicht zu fragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben oder haben Angst sich bei erneutem Nachfragen in peinliche Situationen zu bringen. So erzählen es mir viele Schülerinnen und Schüler. In solche Stresssituationen geraten sie beim Videolernen erst gar nicht. So habe ich jedenfalls viele Schülerinnen und Schüler kennengelernt. Sie können einfach in ihrer kleinen Kemenate zu Hause die Videos schauen und das egal, wie oft. Sie bekommen den Lernstoff auf eine andere Art erklärt und können es alleine machen oder in Kleingruppen.

Gleichzeitig steigt durch die Videos die Motivation. Denn, wenn sie dann plötzlich die Sachverhalte verstehen, erleben sie ein Erfolgsgefühl. Sie gewinnen Zutrauen zu sich selber. Sie merken, dass sie ja doch was können. Dann trauen sie sich auch an andere Fächer oder Lernprobleme heran. Es ist also viel gewonnen, wenn die digitalen Lerninhalte helfen, das wiederzugewinnen.“

Welche Verbesserungen würden Sie sich noch für Ihre Arbeit wünschen?
Michael Ehlers: „Was gut wäre, wenn man Interaktionen übers Internet machen könnte, also mit der Lehrkraft per Headset kommunizieren könnte. Das gibt es in Ansätzen in unserem Bundesland. Aber das ist verschwindend gering. Das würde die soziale Komponente stärken: Man kann selbst nachfragen oder wird auch mal was gefragt. Also eine Vorstufe zum Klassenunterricht. Das wäre für meinen autistischen Schüler eine gute Sache. Aber ich kann mir vorstellen, dass es auch anderen Kindern helfen würde, wenn sie merken, dass sie nicht alleine damit sind, mal was nicht zu verstehen. Und sie können sich vielleicht gegenseitig stützen und Ratschläge geben.“

Man sollte mit etwas mehr Gelassenheit an das Schulthema gehen.

Aus Ihrer Erfahrung: Welchen allgemeinen Lerntipp würden Sie Eltern geben, die Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung haben?
Michael Ehlers: „Das wäre das alte pädagogische Lied: Loben, loben, loben. Es geht nichts über Druck oder Müssen. Häufig entsteht dadurch eher eine Negativspirale. Das betrifft auch Lehrkräfte. Sie haben eine Anforderung an einen Schüler oder eine Schülerin, die in diesem Moment nicht erfüllt werden kann, aus welchen Gründen auch immer. An die Eltern wird dann der Auftrag weitergeleitet, man müsste mehr mit dem Kind üben. Mütter und Väter machen das dann häufig nach bestem Wissen und Gewissen. Deren Kapazität, das auszuhalten, ist aber zugegebenermaßen nicht so hoch. Das führt dazu, dass es zu familiären Streitigkeiten kommt. Plötzlich ist nur noch Schule das Thema und das Kind wird auf sein Schülersein reduziert.

In der Bildungslandschaft gucken wir leider häufig defizitorientiert und streichen Fehler an. Wenn man sich aber als Beispiel überlegt, dass ein Schüler in einem Diktat mit 200 Wörtern 20 Fehler schreibt, kriegt er eine Sechs. Er hat aber 180 Wörter richtig geschrieben! Da sollte man nicht in so einen Fatalismus verfallen.

Man sollte mit etwas mehr Gelassenheit an das Schulthema gehen. Dann hat man die beste Gewähr, dass die Kinder auch irgendwann wieder lernen wollen. Weil sie auch positive Zuwendung erfahren. Das ist der Grundsatz.“

Titelbild: © Monkey Business Images/shutterstock.com

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