Snapchat: Ist das was für den Unterricht?

Das hat sich wahrscheinlich schon so mancher Lehrer und so manche Lehrerin gefragt. Wir haben die Frage an einen Snapchat-Profi weitergereicht.

So klappt's mit dem Lernen – jetzt im Video anschauen!

Über Chris

Chris SnapchatChris ist Account Manager bei der PR-Agentur Frische Fische. In seiner Freizeit organisiert er in Dresden Kultur-Tweetups, Instawalks und den Dresdner Ableger des Blog’n’Burger, um online-affine Menschen und solche, die es nicht sind, zusammenzubringen.

Chris, was ist Snapchat für dich … ?
Chris:Snapchat ist für mich mehr als nur der nächste Hype.“

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Was fasziniert dich so an Snapchat? Und was macht es deiner Meinung nach aufregender als andere Messenger-Apps?
Chris: „Egal ob Snapchat oder WhatsApp: Unsere Kommunikation bewegt sich immer mehr vom geschriebenen Wort hin zu Bild- und Videonachrichten. Snapchat bringt noch das Thema Vergänglichkeit mit. Da die Inhalte zeitlich begrenzt verfügbar sind, konzentriert man sich viel mehr darauf. Ganz logisch: Ich habe ja keine Möglichkeit die Nachricht später noch einmal zu lesen. Snapchat zwingt uns dazu, sich Zeit für die Nachrichten unserer Freunde zu nehmen. Außerdem lassen sich mit der App Geschichten erzählen. Diese sind anders als die klassischen Snapchat-Nachrichten, da sie 24 Stunden verfügbar sind. Diese Funktion bringt Menschen mit Spieltrieb – so wie ich einer bin – dazu, zu experimentieren. Auch Jugendliche finden gefallen an dieser Funktion. Der Freundeskreis kann so einen Einblick in den Tagesablauf bekommen.

Ich denke die Vergänglichkeit und die vielen Gestaltungsmöglichkeiten machen Snapchat für viele Jugendliche attraktiv. Einfach mal rumblödeln und schwupps, ist das Ganze wieder weg.“

Man hört immer wieder selbst von technikaffinen Menschen, dass sie Probleme haben, sich mit Snapchat zurechtzufinden. Hast du einen Tipp, wie man sich die Apps aneignen kann?
Chris: „Das Einfachste ist: Offen bleiben und rangehen. Wer sich schon mit negativen Gedanken einer Sache nähert, verschließt sich unbewusst davor. Wer offen an neue Apps geht und auch einfach mal experimentiert, kommt leichter hinter die Funktionsweise. Dafür sollte man natürlich etwas Zeit mitbringen. Schnell mal in der Straßenbahn oder auf der Couch reinschauen, reicht da nicht. Snapchat habe ich beispielsweise in einen Kurzurlaub eingebunden. In diesen vier Tagen habe ich Blut geleckt und weiterprobiert – und Freunde und Bekannte genervt.

Ist eine App, egal ob Snapchat, Jodel oder was auch immer, bei Jugendlichen beliebt, sollte man einfach mal im Bekanntenkreis schauen, wer die App wirklich ausdauernd und exzessiv nutzt und sich dann von den jugendlichen ‚Experten‘ erklären lassen.“

Warum kann es sinnvoll sein, als Lehrerin oder Lehrer Snapchat im Unterricht einzusetzen?
Chris: „Die Smartphones vieler jungen Menschen sind bereits mit der Hand verwachsen. Warum also nicht mal etwas Nützliches mit den Geräten anstellen? Sind Inhalte auf die Bedürfnisse angepasst, werden sie auch eher wahrgenommen und die Jugendlichen setzen sich mit diesen auseinander.“

Kannst du ein Beispiel nennen, wofür und wie Snapchat praktisch im Unterricht eingesetzt werden kann?
Chris: „Überall da, wo Vorträge erarbeitet werden müssen, könnte Snapchat praktisch eingesetzt werden und die ‚gute alte‘ Powerpoint ersetzen. Durch den Einsatz der Story-Funktion und der vielen Gestaltungsmöglichkeiten lässt sich mit etwas Kreativität das erarbeitete Wissen in kurze Häppchen packen. So kann es der Klasse vorgestellt werden.“

Kennst du Lehrerinnen und Lehrer, die damit Erfahrung haben? Wie bewerten Sie den Einsatz von Snapchat im Unterricht?
Chris: „Ich kenne nicht viele Lehrerinnen und Lehrer, daher muss ich auf Beispiele zurückgreifen, die ich für meinen Vortrag beim EduCamp recherchiert habe: Peter Jochum hat Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse im Deutsch-Unterricht einzelne Passagen von Faust visualisieren lassen. Im Anschluss daran wurden die kurzen Snapchat-Geschichten gemeinsam diskutiert und reflektiert. Die Schüler haben das Ganze scheinbar gut aufgenommen und umgesetzt. Für seinen Tweet zum Thema musste er viel Kritik einstecken, die ich nicht nachvollziehen konnte. Schließlich mussten sich die Jugendlichen zuerst mit dem Stoff vertraut machen, um es im Anschluss theatralisch umsetzen zu können.

Ein zweites Beispiel stammt von Monika Heusinger. Ich weiß nicht, ob sie es direkt eingesetzt hat oder ob sie Snapchat nur als Tool entdeckt hat, mit dem das Thema Sprachen vermittelt werden bzw. bei Sprachreisen Einsatz finden kann. Für Stadtrallyes oder Wortschatz-Ratespiele können die Funktionen von Snapchat genutzt werden.“

Es gibt auch andere Apps, Tools und Programme, mit denen man kleine Videosequenzen drehen kann. Warum also Snapchat?
Chris: „Natürlich könnte man auch einfach drauf losfilmen und das Ganze im Anschluss mit weiteren Programmen bearbeiten. Snapchat bringt mit seinen Bordmitteln jedoch alles mit, was man mit zusätzlichen Tools machen könnte.

Peter Jochum hat die Erfahrung gemacht, dass die Schülerinnen und Schüler für die Visualisierung von ausgewählten Szenen rund 20 Minuten gebraucht haben. Hätten sie andere Programme genutzt, hätte es meiner Meinung nach mindestens die doppelte Zeit in Anspruch genommen.“

Bei Snapchat werden Fotos bzw. Videoaufnahmen nach 24 Stunden gelöscht. Wie kann ein Lehrer bzw. eine Lehrerin da die Arbeitsergebnisse ihrer Schülerinnen und Schüler sichern?
Chris:Snapchat-Storys lassen sich als Ganzes exportieren. Die Jugendlichen können also im Anschluss die Inhalte runterladen und dem Lehrer oder der Lehrerin zur Verfügung stellen. Somit lassen sich Aufnahmen auch mehrfach ansehen.“

Lohnt es sich als Lehrerin oder Lehrer noch, sich mit Snapchat auseinanderzusetzen oder ist es schon wieder out?
Chris:Snapchat kommt langsam in Deutschland an, also ist das aktuell ein guter Zeitpunkt damit zu starten. Ich glaube auch nicht, dass Snapchat gleich wieder out ist. Schließlich erlebt die App eine zweite ‚Hype‘-Welle nach der ersten im Jahr 2012. Die Nutzergruppe verlagert sich nur langsam. Vor allem Medienschaffende probieren und experimentieren viel, da auch sie die junge Zielgruppe erreichen möchten.“


Titelbild: ©Syda Productions/shutterstock.com