Ocean College: Über den Unterricht an Bord – mit allen Mitteln

Schon über drei Monate ist Otto Hofmann als Deutsch- und Geografie-Lehrer mit Ocean College auf Seereise. Wie das Unterrichten an Bord gelingt und was es vom Unterricht an einer normalen Schule unterscheidet, berichtet er dieses Mal.

So klappt's mit dem Lernen – jetzt im Video anschauen!

Es ist Halbzeit auf der Regina Maris. Das „Auslandsjahr“ Ocean College geht nach einem vierwöchigen Aufenthalt in Costa Rica auf dem Atlantik weiter und wir segeln bei gutem Wind in Richtung Mexiko. Eine kurze Schnorchelpause auf Providencia, einer kolumbianischen Insel, unterbricht noch einmal den Wiedereinstieg in den Bordunterricht.

Ocean_College_Otto_Costa RicaLehrer Otto in Costa Rica © Ocean College

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Nachdem die Schülerinnen und Schüler auf Costa Rica Hausaufgaben und „Selfstudies“ erledigen konnten, beginnt nun wieder der Bordalltag. Das bedeutet nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für die Lehrkräfte wieder mehr Vor- und Nachbereitung.

Für eine gute Unterrichtsvorbereitung haben wir ein kleines Lehrerzimmer eingerichtet. Darin stehen mehrere Lehrwerke und Lexika zur Verfügung. Wir Lehrerinnen und Lehrer können uns hier zurückziehen, um den Unterricht in Ruhe vorzubereiten. Das wichtigste Werkzeug ist für mich der Computer und die externe Festplatte. Bücher zu allen Themengebieten mit an Bord zu haben, ist unmöglich, da der Platz sehr begrenzt ist.

Ocean_College_Lehrer unter sich Lehrer unter sich © Ocean College

Unterricht in alle Richtungen

Für mich ist es am schwersten, die verschiedenen Aufgabenvorschläge der Heimatschulen zu erfüllen. Die Unterschiede in den Lehrplänen sind groß und nicht nur der Unterschied zwischen den Bundesländern, sondern auch der zwischen den verschiedenen Schulen und Schulformen ist beachtlich.

Einige Schülerinnen und Schüler haben die Dramenanalyse als Lernthema, während andere Gedichte verfassen und eine dritte Gruppe Argumentationen übt. Nachdem wir am Anfang der Reise gemeinsam gestartet sind und einen Roman über den Seefahrer und Entdecker John Franklin gelesen haben, teilt sich der Unterrichtsstoff nun in alle Richtungen auf.

Ocean_College_LernenLernen an Bord © Ocean College

Es lohnt sich, die Unterlagen, Arbeitsblätter und Informationen bereits vor der Reise heruntergeladen zu haben. Durch die breite Themenvielfalt der Schülerinnen und Schüler muss man auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.

Selbstverständlich kann der Unterricht für sechs Monate nicht im Voraus fertig gestellt werden, aber eine Grundvorbereitung war für mich sehr positiv.

Hardware-Ausstattung an Bord

Auch die Schülerinnen und Schüler arbeiten häufig mit eigenen Laptops, die in einem speziellen Schrank aufbewahrt werden, um sie vor Nässe und Seegang zu schützen. Zusätzlich haben wir vier Projekt-Laptops, die von unserer Partnerschule in Neuzelle gestiftet wurden. Mit diesen Projekt-Laptops darf jeder Schüler bzw. jede Schülerin arbeiten. Damit bearbeiten die Jugendlichen z. B. die Tagesberichte, Aufzeichnungen über das Mikroplastik-Projekt, Kochrezepte und natürlich Reisefotos.

Ein Drucker ist auch an Bord und durch eine Halterung vor dem Wellengang geschützt. Hier muss jedoch sparsam gearbeitet werden, da Papier nur in geringen Mengen gelagert werden kann.

Ausreden, wie „Mein Hund hat meine letzte Kopie gefressen“ oder „Ich weiß nicht mehr, wo mein Arbeitsblatt ist, haben Sie nochmal eins?“ zählen hier nicht. Ordnung ist auf dem Schiff Pflicht.

Unterrichten im Medienmix

Ich selbst nutze in meinem Unterricht an Bord eher traditionelle Medien, wie z. B. den Roman in Papierform. Die Lernenden können jedoch wählen, ob sie ein Buch aus unserer Lehrerbibliothek ausleihen oder das Hörbuch, das ich auf den Projekt-Rechnern gespeichert habe, verwenden möchten.

Andere Lehrkräfte setzen den Laptop für kleine Unterrichtsfilme und vorbereitete Präsentationen ein. Ich denke, dass wir medial gut ausgestattet sind, dafür dass wir auf einem Traditionssegler auf dem Ozean sind. Auf Smartboards mit Internetzugang müssen wir allerdings verzichten. Das würde aber auch nicht zum Konzept des traditionellen Segelturns passen.

Ocean_College_Regina_Maris_San Blas InselnRegina Maris © Ocean College

Arbeitsblätter zur Themenwiederholung

Die Arbeitsblätter von sofatutor setze ich für eine Hausaufgabe oder Themenwiederholung ein. Ohne die Lehrvideos, die online zur Verfügung gestellt werden, müssen die Themen erst im Bordunterricht behandelt werden, damit eine selbstständige Arbeit mit diesen Materialien stattfinden kann. Sollte ein Schüler oder eine Schülerin spezielle Übungen zu einem bestimmten Themenbereich anfragen, habe ich natürlich alles dabei. „Haben ist immer besser als brauchen“, dachte ich mir und habe für meine zwei Fächer einfach alle zur Verfügung stehenden PDF-Arbeitsblätter vor der Reise heruntergeladen. So hatte ich zum Beispiel Informationen und Übungen zu Autorinnen und Autoren wichtiger literarischer Werke, die von einigen Schülerinnen und Schülern angefragt wurden. Ich denke, sofatutor ist eine Möglichkeit, die Schülerinnen und Schüler frei arbeiten zu lassen und sich selbst zu kontrollieren.

Gerade im Bereich Rechtschreibung und Grammatik sind die Übungen gut geeignet. Zu beachten ist jedoch, dass sie ohne die Lehrvideos schwer auf den direkten Unterricht angepasst werden können, da die Fragen oft spezifisch auf die Videos bezogen sind. Hier muss man die Hinleitung als Lehrkraft auf die Übungen abstimmen.

Abgesehen von digitalen Medien nutzen wir die realen Anwendungsbeispiele. Die sogenannten „außerschulischen Lernorte“ haben wir jeden Tag. Ob wir uns in Christoph Kolumbus hineinversetzen, der auf einem Segler den Ozean überquerte, oder im Deutschunterricht Seemannsgedichte über Fernweh schreiben, während die rotgoldene Sonne über dem Horizont untergeht. Ob wir den Kurs des Schiffes mit dem Mathematiklehrer neu berechnen oder die Sprachen in den Reiseländern ausprobieren. Ich denke, dadurch wird der Unterrichtsstoff am deutlichsten vermittelt und bleibt den Lernenden in Erinnerung.

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Titelbild: © Ocean College