„Nachsitzen“: Neuer Bildungspodcast klärt Eltern-Fragen
sofatutor gibt’s jetzt auch zum Anhören – als Podcast für zu Hause, unterwegs und immer, wenn es gerade passt. In der ersten Folge klären wir Mythen der digitalen Bildung.
Was ist „Nachsitzen“?
Nachsitzen wird endlich spannend. Mit dem neuen Format möchte sofatutor den vielen Fragen, die uns von Eltern von Schulkindern erreichen, endlich eine Plattform geben. In kurzen Folgen von circa 30 Minuten klären wir die wichtigsten Fragen, die Eltern sich und uns besonders häufig zu einem Bildungsthema stellen.
Dazu laden wir Gäste ein, die mit ihrer Erfahrung und Expertise klare Antworten finden, die sich Schul-Eltern wünschen, aber bisher leider nur selten bekommen.
Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie uns an podcast@sofatutor.com Wir freuen uns über Ihre Inspiration!
Um die erste Folge von „Nachsitzen – der sofatutor-Bildungspodcast“ anzuhören, klicken Sie einfach auf Play. Sie finden uns auch auf Soundcloud. Hier finden Sie eine gekürzte Fassung des Gesprächs.
Folge #1 – Mythen der digitalen Bildung
In der ersten Folge dreht es sich um die übergeordnete Frage: „Was bedeutet digitale Bildung denn jetzt eigentlich?“ Dazu werden drei Vorurteile behandelt, die manche Eltern mit der Digitalisierung von Schulen verbinden. Durch die Sendung führt Micha, der selbst bei sofatutor in der Videoproduktion arbeitet. Als Gesprächspartnerin antwortet Virginia, die als langjährige Online-Redakteurin der sofatutor-Magazine viele spannende Einblicke aus der Bildungswelt teilt und auch die eine oder andere Studie zum Thema gelesen hat.
Micha: „Schauen Kinder dann in der Schule nur noch YouTube-Videos?“
Virginia: „Ich glaube, Kinder fänden es ganz zwar gut, wenn es so wäre, aber de facto ist es nicht so. Es stimmt, Kinder verbringen in ihrer Freizeit viel Zeit im Internet und auch vor YouTube. Das belegt auch die JIM-Studie (Jugend, Information, Medien), die jährlich das Verhalten von Kindern mit Medien untersucht. Aktuell ist es so, dass 62 Prozent der Jugendlichen, also der 12- bis 19-Jährigen, täglich vor YouTube abhängen.
Ich kann dann die Sorge von Eltern verstehen, die fragen: Was heißt denn digitale Bildung in der Schule? Wird dann dieses Schau-Verhalten in den Vormittag gezogen und sie gucken den ganzen Tag lang nur noch Videos? So ist es nicht.
Es ist wichtig, dass man sich vor Augen führt, was überhaupt digitale Lern- und Lehrmaterialien sind. Da gibt es eine ganze Bandbreite und tatsächlich sind YouTube-Videos eher nicht darin vertreten. Es gibt Lernvideos. Das sind also wirklich pädagogisch und didaktisch aufbereitete Videos, die in kleinen Lerneinheiten Themen vermitteln. Aber es gibt noch viel mehr: Grafiken, Schaubilder, Übungen oder Online-Experimente. Es gibt Apps, die als Messgeräte funktionieren. Man kann Simulationen oder Präsentationen erstellen. Es gibt ganz wunderbare 3-D-Animationen, die auch abstrakte und komplexe Themen veranschaulichen, z. B. die Doppelhelix. Damit kann sich das Kind die Helix dann von allen Seiten angucken. Das sind einige der Möglichkeiten, die überhaupt erstmal da sind.
Und diese Möglichkeiten werden jetzt im Unterricht nach und nach neben der klassischen Tafel oder dem Whiteboard dazu genommen, ergänzen als Werkzeuge des Lehrers bzw. der Lehrerin im Unterricht das Repertoire und bringen Bild und Bewegung mit rein und können den ganzen Unterricht einfach lebhafter und intensiver gestalten.“
Micha: „Das klingt ja schon mal sehr abwechslungsreich. Aber wie werden digitale Medien im Unterricht genau eingesetzt?“
Virginia: „Wichtig ist dafür natürlich ein didaktisches Konzept. Das heißt, man sollte es sich nicht so vorstellen, dass alles einfach einmal abgeladen wird und dann müssen die Kinder sich quasi selber durchwühlen und herausfinden, wie sie sich ein neues Thema erschließen können, sondern Lehrerinnen und Lehrer und auch Schulen haben ein Gesamtkonzept, mit dem sie arbeiten. Und mit diesem Fahrplan werden einzelne Themen erarbeitet – nur eben unterstützt durch digitale Medien.
Also der Unterschied zum YouTube-Video ist einfach: Wenn du dir den YouTube-Video vorstellst, dann gehst du ins Internet, das Video wird dir vorgeschlagen. Du schaust es dir an, weil es dich interessiert und dann war es das. Du guckst vielleicht noch die anderen drei vorgeschlagenen Videos an oder du klickst auf irgendeine andere Seite. Das ist ja ein sehr passiver, einmaliger Prozess.
Wenn du dir jetzt aber vorstellst, wie ein Kind in der Schule mit dem Lernvideo arbeitet, dann hat es einen Arbeitsauftrag, soll zum Beispiel ein Thema verstehen und dafür muss es eben Pausen im Video machen, es muss zurückspulen können, es muss sich mit seinem Banknachbarn darüber austauschen und Notizen machen. All das, was es auch mit einem Arbeitsheft machen würde, nur in Form eines Videos. Hier hat es eben die Möglichkeit, durch Ton, Bild und die verschiedenen Sinneseindrücke das Thema besser zu verstehen, als es das nur mit einem Text könnte.“
Micha: „Könntest du das eventuell noch ein bisschen konkreter beschreiben?“
Virginia: „Ja, gerne. Also, es gibt z. B. ein Konzept, das nennt sich Flipped Classroom. Dabei wird der Unterricht umgedreht, deswegen ‚flipped‘. Ein neues Thema wir dabei nicht im Unterricht, sondern vorbereitend zu Hause gelernt. Der Lehrer oder die Lehrerin gibt ein Thema in Form eines Lernvideos auf, du als Schüler bzw. Schülerin schaust es dir zu Hause an, erarbeitest es dir nach den Prinzipien, die ich gerade kurz erwähnt habe, und klärst dann im Unterricht Verständnisfragen oder machst im Laufe der Stunde Übungen.
Das heißt, dieses klassische Format, bei dem der Lehrer bzw. die Lehrerin vor der Klasse den Input gibt und dann zu Hause die Übungen gemacht werden, wird umgedreht. So hast du als Schülerin bzw. Schüler im Unterricht die Möglichkeit, deine Nachfragen direkt zu stellen und wirst nicht mit den Fragen, die du vielleicht noch hast, bei den Hausaufgaben allein gelassen.
Digitale Medien können also in diesem Fall helfen, diesen ersten Teil selbstständig zu leisten und dann die Vertiefung mit der Lehrkraft zu gestalten. So hat der Lehrer oder die Lehrerin in diesem Prozess mehr Zeit, auf einzelne Fragen von Schülern und Schülerinnen einzugehen. Und dein Lernprozess ist viel aktiver und intensiver, weil du dich im Eins-zu-eins-Gespräch – mit dem Lehrer bzw. der Lehrerin oder mit Mitschülerinnen und Mitschülern – mit dem Thema auseinandersetzt und es hoffentlich besser versteht, als wenn du es nur passiv am Unterricht teilnimmst und dich nicht wirklich traust, Nachfragen zu stellen.“
Micha: „Was haben Lehrerin und Lehrer dann noch für eine Aufgabe?“
Virginia: „Ob sie ersetzt werden, meinst du? Nein, das würde ich nicht sagen. Digitalisierung ist ein sehr abstrakter Begriff. In unserem Alltag ist sie allgegenwärtig. Also wenn du jetzt mal an deinen letzten Einkauf denkst und dann überlegst, dass du mittlerweile deinen Einkauf einfach an einer Kasse ohne Kassierer bzw. Kassiererin bezahlen kannst, also dich selbst auschecken kannst, dann ist das Digitalisierung, die dich umgibt.
Da könnte der Eindruck entstehen, wenn wir jetzt mit Digitalisierung im Unterricht arbeiten, dass das auch bedeutet, dass Lehrerinnen und Lehrer obsolet werden. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, Lehrerinnen und Lehrer sind wichtig und werden es auch in Zukunft bleiben. Aber ihre Rolle verändert sich.
Wenn wir in unsere eigene Schulzeit zurückschauen, dann war der Lehrer oder die Lehrerin ein Wissensvermittler und damit meine ich, dass sie vor der Tafel standen, ihr Wissen hatten und versucht haben, uns dieses zu vermitteln, z. B. über wunderbare Tafelbilder oder mit Arbeitsblättern. Und dann haben sie gehofft, dass das bei uns ankommt und haben es mit Hausaufgaben und Test überprüft.
Heute oder in Zukunft wird es so sein, dass die Rolle sich dahingehend verändert, dass sie eher zu einem Lernbegleiter werden. Das heißt, dass sie nicht mehr dieses Wissen haben und weitergeben, sondern dass sie dabei helfen, dass Kinder sich Wissen selbstständiger erschließen können, ihre eigenen Schwerpunkte setzen können, auch selber nach Informationen recherchieren sollen und diesen auch lernen, zu bewerten und mit ihrem Vorwissen zu verknüpfen. Also dieser gesamte Lernprozess wird für Schülerinnen und Schüler individueller, selbstständiger und die Lehrkraft wird eine Art Coaching-Funktionen übernehmen. Wird also zeigen, wo kann man noch mal besser nachgucken, tiefergehender schauen und welche Quelle stehen zur Verfügung.“
Micha: „Was macht dich da so sicher?“
Virginia: „Ich glaube nicht, dass Lehrerinnen und Lehrer durch Maschinen ersetzt werden, weil du, wenn du als Schüler bzw. Schülerin nur eine Playlist abarbeitest, zwar eine Menge Daten hast, auf deren Grundlage ein Algorithmus dir den nächsten logischen Schritt vorgeben kann. Dieser Algorithmus kann aber nicht nachvollziehen, ob du den Inhalt wirklich verstanden hast. Er weiß nicht, was dein Vorwissen ist und wie du das neue Wissen mit dem Vorwissen verknüpft hast.
Das kann ein Lehrer bzw. eine Lehrerin viel besser überprüfen, indem er oder sie dir in die Augen schaut, es nachzuvollzieht und konkrete Rückfragen stellt.
Und er oder sie hat die Empathie, die wichtig ist, um auch so einen Lernprozess als Gewinn zu gestalten. Gleichzeitig können Lehrkräfte sehr gut mit neuen Informationen umgehen, können kontextualisieren, interpretieren und sich auf eine kreative Art überlegen, wie sie das in den Bezug zur Lebenswelt ihrer Schülerinnen und Schüler setzen können.
Das heißt, diese beiden Schlüsselqualifikationen, die Lehrkräfte schon mitbringen, Kreativität und Empathie, werden Sie viel stärker auch auf ihre Schülerinnen und Schüler übertragen und damit auch die Art, wie wir lernen, verändern.“
Micha: „Bei der Frage nach der Bedeutung von digitaler Bildung schrillen bei einigen Eltern mit Sicherheit die Alarmglocken: Ist das jetzt wieder nur Hype? Müssen wir uns jetzt auf die nächsten Ideen von Bildungspolitikern und -politikerinnen einlassen? In den letzten Jahren gab es ja die Diskussion ‚G8 oder G9‘, ‚Schreiben nach Gehör‘ und andere
Reformen und Ideen. Jetzt soll auf einmal alles digitalisiert werden. Was ist deine Einschätzung?“
Virginia: „Es ist auf gar keinen Fall ein Hype. Wir hatten ja schon besprochen, dass das Digitale allgegenwärtig ist. Wenn du bei Amazon etwas bestellst oder dein Online-Banking machst oder ein Wehwehchen hast und schnell mal checken möchtest, ob es nötig wäre, zum Arzt zu gehen oder nicht – dieses Miteinander der On- und Offline-Welten ist immer präsent. Dass sich Bildung dahingehend verändert, wird ein logischer Schritt sein und ist aber auch notwendig. Du kannst ja mal schätzen, wie viel Prozent der Zehnjährigen besitzen ein eigenes Handy?“
Micha: „30 bis 40 Prozent?“
Virginia: „Ja, das ist ganz gut. Es sind tatsächlich 60 Prozent. Über die Hälfte der Zehnjährigen haben ihr eigenes Handy. Und sind da meistens auch ohne Aufsicht im Internet unterwegs und surfen mit Apps. Es gibt da die Kinder- und-Medien-Studie, die das für dieses Jahr untersucht hat. Und wenn die Kinder dann so 12 bis 13 Jahre alt sind, also in der SEK I, dann sind es sogar schon 95 Prozent.
Und diese Kinder sind eben, wie wir auch, im Internet unterwegs, sind auf Instagram oder in irgendwelchen Messengern unterwegs. Das heißt, da entsteht die Frage: Wissen sie eigentlich, was sie da tun? Und können sie auch damit produktiv umgehen? Es gibt also einen ganz großen Bedarf, dass sie verstehen, wie man sinnvoll digitale Medien einsetzt.
Das kann man einmal mit didaktischen Konzepten in der Schule machen, aber man sollte diese Kompetenz natürlich auch in der Schule weitervermitteln, damit die Kinder sie eben auch selbstbewusst und eigenständig umsetzen können.
Zum einen geht es um die Vermittlung von Medienkompetenz, aber auch um diese Lernkompetenzen. Wenn ich hier eine Quelle habe und will ein Referat vorbereiten. Dann gehe ich dazu auf Wikipedia. Kann ich dem trauen? Wie kann ich überprüfen, ob die Informationen, die ich habe,stimmen? Das muss die Schule vermitteln.
Gleichzeitig brauchen Kinder auch dieses Repertoire. Obwohl sie mit dem Handy unterwegs sind, können sie heute keine E-Mail mehr schreiben, können nicht unbedingt eine Powerpoint-Präsentation erstellen. Also ganz basale Dinge. Das sind auch Aufgaben, die die Schule übernimmt.
Es ist ein bisschen so, wie wir das Schreiben gelernt haben. Das haben wir zuerst von unseren Eltern erfahren. Sie haben uns gezeigt, wie man den eigenen Namen schreibt. Das hat man dann nachgezeichnet, wusste nicht unbedingt, ob das stimmt, aber man hatte ungefähr eine Ahnung, wie das mit diesem Stift geht und das dann da etwas steht.
Die Schule ist dafür da, dir eben die Buchstaben beizubringen und zu erklären: Wie kannst du sie in eine sinnvolle Kombination bringen, damit ein Wort entsteht? Wann muss ein Komma gesetzt werden? Was ist Orthografie? Was ist Grammatik? Wie kann ich am Ende einen Aufsatz schreiben? Das sind also Kompetenzen, die die Schule vermittelt und so wird sie auch das Thema Internet und den Umgang mit digitalen Medien vermitteln.
Worauf ich hinaus will, ist, dass es zum einen um die notwendige Ausbildung der Kinder geht und dass digitale Bildung zum anderen dazu beitragen wird, dass das Lernen tatsächlich verbessert wird.“
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