Schulangst: Was tun, wenn das Kind nicht zur Schule will?

Für Schulangst gibt es verschiedene Anzeichen, aber auch Ursachen. Als Eltern eines betroffenen Kindes fragen Sie sich bestimmt: Wie können Sie die Schulangst Ihres Kindes erkennen und wie kann Ihr Kind sie überwinden?

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Schulangst: Was können Eltern tun?

Ängste: Ein notwendiger Mechanismus

Auch Eltern kennen das Gefühl von Angst: Das Herz fängt an zu rasen, die Hände schwitzen, der Körper zittert und der Betroffene glaubt, dass sich sein Innerstes zusammenzieht. Angst ist ein evolutionär notwendiger Mechanismus, der uns vor Gefahren warnt: Sei es die Angst vor der Höhe, vor der Dunkelheit oder die Angst vor engen Räumen. In der Vergangenheit waren diese Ängste für den Menschen sinnvoll und auch heute stecken sie noch in uns.

Nimmt die Angst jedoch überhand, weil überall Gefahren vermutet werden, wo keine sind, wird sie irrational. Bekommt die Angst eine Eigendynamik, kann sie zu einer Angststörung werden, wie z. B. die Schulangst.

Schulangst

© Maria Sbytova/shutterstock.com

Was ist Schulangst? – Eine Definition

Kinder mit Schulangst fürchten sich vor realen Bedrohungen im Schulalltag, z. B. vor Mobbing, Leistungsdruck, Prüfungs- oder Versagensängste aufgrund von Lernschwächen. Deshalb erfinden Kinder mit Schulangst ständig Ausreden, um ihre Hausaufgaben nicht machen zu müssen. Beim Thema Schule blocken sie völlig ab. Die Angst vor der Schule ist bei manchen Kinder so groß, dass sie körperliche Beschwerden verursacht, wie z. B. Kopf- und Bauchschmerzen, Übelkeit, Kreislaufprobleme, Appetitstörung, Harndrang und Durchfall.

Schulangst: Pubertät als Auslöser

Ganz häufig tritt die Schulangst auf, wenn Kinder in die weiterführende Schule oder in die Pubertät kommen. In so einem Fall sind die neue Situation und die körperliche Umstellung Auslöser für die Angst vor der Schule. Vor allem beim Wechsel auf die weiterführende Schule entsteht bei vielen Schüler*innen ein neuer Leistungsdruck. Neue Lehrer*innen und neue Mitschüler*innen treten in ihren Alltag. Die Schulzeit verlängert sich und neue Fächer werden eingeführt. Unterstützen Sie Ihr Kind in dieser Zeit und sprechen Sie mit ihm über die neue Situation.

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Unterscheidung: Schulangst oder Schulphobie

Allerdings ist Schulangst nicht gleich Schulangst. Möchte ein Kind nicht zur Schule, kann das tatsächlich an der Schule und einer Situation dort liegen – oder an der Familiensituation. „Es ist wichtig, die Quellen der Angst zu unterscheiden“, erklärt Diplom-Pädagoge Dr. Udo Baer. Die Ursachen der Angst geben Aufschluss, ob es sich um eine tatsächliche Schulangst oder um eine Schulphobie handelt, also eine Angst vor der Trennung von einer Bezugsperson.

Kategorie Schulangst Schulphobie
Grund für Schulverweigerung Angst vor Überforderung, Gewalt, Mobbing oder soziale Angst Angst vor Trennung von Bezugsperson
Körperliche Anzeichen Kopf- oder Bauchschmerzen
Übelkeit
Kreislaufprobleme
Appetitstörungen
Schlafstörungen
Harndrang
Kopf- oder Bauchschmerzen
Übelkeit
Kreislaufprobleme
Appetitstörungen
Schlafstörungen
Harndrang
Ursachen Problematische Situationen im Schulalltag Überbehütung o. traumatisches Trennungserlebnis im Vorfeld

Schulangst erkennen

„Schulangst wird häufig erst bemerkt, wenn es schon fast zu spät ist, nämlich dann, wenn die Kinder nicht mehr zur Schule wollen und krank vor Angst werden“, erklärt Dr. Baer. Der lange Vorprozess der Angstentwicklung bleibe oft unbemerkt, denn die Anzeichen seien keine konkreten Symptome. „Es gibt häufig relativ harmlos erscheinende Anlässe. Ein Kind, das z. B. seinen Geburtstag immer mit Freundinnen und Freunden gefeiert hat, möchte plötzlich niemanden mehr einladen“, erklärt Baer. Oder das Kind erfindet immer neue Ausreden, um keine Hausaufgaben machen zu müssen und blockt bei dem Thema Schule völlig ab.

Kind streckt Betrachter abwehrend Hand entgegen

 

© 271 EAK MOTO/shutterstock.com

Der Experte weist aber auch darauf hin, dass jede*r Schüler*in mal eine „Null-Bock-Phase“ habe. Das sei völlig normal. „Wenn jedoch die sozialen Kontakte reduziert werden, sich das Kind immer mehr zurückzieht, die Freude erlischt und Verstörung sich breit macht, sollten Eltern sehr achtsam sein“, rät der Pädagoge. Hier sei es auch wichtig, immer wieder hartnäckig nachzufragen und sich bei deutlichen Signalen Hilfe bei der Vertrauenslehrkraft bzw. bei einem Schulpsychologen oder einer Schulpsychologin zu holen.

Körperliche Anzeichen für Schulangst Psychische Anzeichen für Schulangst
Kopfschmerzen Nervosität
Bauchschmerzen Gereiztheit
Übelkeit Wutausbrüche
Harndrang Apathie
Bettnässen Schlafstörungen
Durchfall Appetitlosigkeit

Gründe und Ursachen für die Angst vor der Schule

Mobbing, Prüfungsangst, das Gefühl, von einem*r Lehrer*in nicht gemocht zu werden und Versagensängste aufgrund von Lernschwächen oder körperlichen Defiziten sind häufige Gründe für die Angst vor der Schule. Auch könne Leistungsdruck bei einem schulängstlichen Kind eine Rolle spielen, sagt Dr. Baer. Jedoch habe er beobachtet, dass es neben dem Leistungsdruck in der Schule, der momentan oft als Ursache der Angst propagiert wird, noch einen weiteren Druck gibt. Dieser kann ebenfalls eine Schulangst hervorrufen, so z. B. Druck aus den oben genannten Quellen oder Druck in der Familie.

„Manchmal hat der Leistungsdruck seinen Ursprung nicht in der Schule, sondern wird bewusst oder unbewusst von den Eltern weitergeben.“ Der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Dr. Hans Hopf warnt, dass Kinder hier in einen Konflikt zwischen Leistungsversagen und Ängsten vor Liebesverlust geraten können, wenn Eltern die Erwartungen an die Leistung ihres Kindes nicht reduzieren.

Ursachen für Schulangst: Überblick

  • Mobbing
  • Angst vor Prüfungen
  • Schwieriges Verhältnis zur Lehrkraft
  • Versagensängste aufgrund von Lernschwäche
  • Versagensängste aufgrund von körperlichen Defiziten

So können Eltern ihren Kindern helfen

Je länger ein Kind nicht in der Schule war, desto größer wird die Angst. „Geht das Kind nicht in die Schule, kann es sich zu Hause behaglich einrichten. Die Ängste sind nicht erkennbar, erzeugen kein Leiden und können nicht bearbeitet werden“, sagt Dr. Hopf. Die wichtigste Hilfe bei Schulangst ist also, das Kind dazu zu motivieren, in die Schule zu gehen. Gleichzeitig sollte ein eventuell herrschender Leistungsdruck reduziert werden. Bei allen Maßnahmen sollten Eltern, Lehrkräfte und Therapeut*innen eng zusammenarbeiten.

12 Tipps für Eltern von betroffenen Kindern

Eltern mit schulängstlichen Kindern müssen ihren Nachwuchs fordern und dessen Autonomie stärken. Folgende Tipps helfen dabei.

  1. Auch wenn es schwerfällt: Eltern müssen ihr Kind trotz der Angst zur Schule schicken, andernfalls wächst der Druck weiter.
  2. Eltern sollten einen möglichen Leistungsdruck verringern und dem Kind erklären, dass Noten und schulische Leistungen keinen Einfluss auf die Eltern-Kind-Beziehung haben.
  3. Hat das Kind Angst vor der Schule, reagieren viele Eltern zuerst mit Mitleid. Doch Mitleid bestärkt das Kind in seiner Angst.
  4. Statt Mitleid sollten Eltern klare Forderungen stellen und das Kind darin bestärken, zur Schule zu gehen.
  5. Eine positive Einstellung der Eltern gegenüber der Schule überträgt sich genauso auf das Kind wie eine negative. Eltern sollten deshalb ihre Gefühle hinsichtlich der Schule und des Lernens überdenken.
  6. Erfolgserlebnisse außerhalb der Schule stärken das Selbstbewusstsein des Kindes, beispielsweise beim Sport oder anderen Hobbys.
  7. Eltern sollten mit ihrem Kind über seinen Tag in der Schule sprechen und genau zuhören. Je besser Eltern verstehen, welche Situationen ihrem Kind Angst machen, desto einfacher können sie handeln.
  8. Dramatisieren Sie das Thema nicht, das könnte kontraproduktiv sein.
  9. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind sich viel bewegt. So bleibt es fit, fühlt sich wohl und kann abends besser schlafen.
  10. Freund*innen außerhalb der Schule können helfen, dass Ihr Kind nicht die ganze Zeit an die Situation denkt. Fördern Sie deshalb den Kontakt. z. B. zu Freund*innen aus der Grundschule oder dem Kindergarten.
  11. Eltern sollten nicht davor zurückschrecken, sich Hilfe bei Lehrkräften und Therapeutinnen bzw. Therapeuten zu holen. Liegt die Angst außerhalb des elterlichen Handlungsspielraumes, benötigen diese in der Regel externe Unterstützung.
  12. Schaffen Sie schöne Momente außerhalb des Schulalltags und zeigen Sie Ihrem Kind, dass Schule wichtig, aber nicht alles im Leben.

Drucken Sie unsere kostenlosen Tipps aus, um sie immer im Blick zu haben und Ihr Kind bestmöglich bei der Überwindung seiner Schulangst unterstützen zu können. Geben Sie einfach Ihre E-Mail-Adresse ein und schon startet der Download.

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Hilfe bei Schulangst: Buchtipps

Betroffene Eltern wünschen sich in der Regel Hilfe. Neben dem Kontakt zu den Lehrkräften und eventuell zu einer Therapeutin bzw. einem Therapeuten, kann das Lesen von Fachliteratur helfen. Wir haben deshalb eine Auswahl an aktuellen und thematisch relevanten Büchern aufgelistet.

Schulangst und Schulphobie: Wege zum Verständnis und zur Bewältigung. Hilfen für Eltern und Lehrer

von Hans Hopf

Schulangst und Schulphobie

 

© Brandes & Apsel

„Schulangst ist weitverbreitet und eine reale Angst, etwa vor Prüfungen, vor Beschämung, Verletzung oder Bestrafung. Mobbing und Bullying sind Ausdruck dieser Atmosphäre im sozialen Raum Schule. Aber auch Prüfungs- und Versagensängste plagen das moderne Kind. Ganz anders das Kind mit einer Schulphobie: Es hat Angst, die Schule zu besuchen, obwohl kein objektiver Grund dafür zu erkennen ist. Es leidet meist an Trennungsangst, die mit vielen seelischen und körperlichen Symptomen verbunden ist.“

Verlag: Brandes & Apsel

Ich will nicht in die Schule! Ängste verstehen und in Motivaiton verwandeln

von Philip Streit

Buchcover von Ich will nicht in die Schule

 

© Beltz

„Den meisten Büchern über Schulangst und Schulverweigerung ist eigen, dass sie die Angst besiegen, vertreiben oder überwinden wollen, damit endlich positives Erleben möglich ist. Einige gehen auf die Angst zu, um sie dann zu eliminieren. Ich gehe in diesem Buch einen anderen Weg. Nicht zuletzt ermutigt durch den Neurobiologen Gerald Hüther, möchte ich eine neue Sichtweise auf dieses Gefühl vermitteln: Ohne Angst geht gar nichts. Sie ist unser Lebenselixier und zentraler Ausgangspunkt von Entwicklung. Sie stellt Energie zum Handeln bereit. Diese Energie kann in einer Aufwärtsspirale des Erfolgs aufgehen, dann beflügelt Angst. Es kann aber auch zu einer Abwärtsspirale kommen, wenn Angst blockiert und lähmt.“

Verlag: Beltz

Keine Angst vor der Schule: Was Eltern tun können

von Bernhard Schön (Herausgeber), Udo Baer (Autor), Waltraut Barnowski-Geiser (Autor)

Schulangst

 

© Beltz kinder kinder

„Leistungsdruck und Versagensängste, Unsicherheit und soziale Konflikte in der Klasse und auf dem Schulhof – Schulangst ist inzwischen weit verbreitet. Schon in der Grundschule reagieren viele Kinder mit wachsender Angst auf den zunehmenden Stress. Kurz und verständlich werden die verschiedenen Gesichter, die Schulangst annehmen kann, beschrieben und ebenso ihre Quellen. Mit zehn konkreten Hinweisen, wie Eltern ihrem Kind helfen können, seine Schulangst zu überwinden, bietet das Buch praktische Hilfestellung. Und die Autoren geben den Eltern gleich zu Anfang wichtige Hinweise, was man tun muss, damit es gar nicht erst zur Schulangst ihres Kindes kommt. Gesichter der Schulangst • Chronisches Unbehagen und schlechte Laune • Krankheit, vor allem montags und vor Klassenarbeiten • Niemand kommt zum Geburtstag, keine Freunde in der Klasse • Verstummen Quellen der Schulangst • Überforderung beim Übergang zu neuen Schulen • Überforderung durch allgemeinen Druck • Einsamkeit (durch Wegzug der Freunde, Schulwechsel, Mobbing) • Konkrete Ängste (vor älteren Schülern) • Beschämung und Scham Hilfe gegen Schulangst • Konkret schauen und ernst nehmen • Druck vermindern • Lernfreie Zonen • Gemeinsam gegen Beschämung angehen • Schuldgefühle ansprechen • Sicherheiten schaffen, Stärken ausbauen • Wenn keine Worte helfen: Musik, Tanz, künstlerische Gestaltung“

Verlag: Beltz kinder kinder

Titelbild: © altanaka/shutterstock.com

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