Noten und Zeugnisse: Vom Druck, der sich auf Eltern übertragen kann
Zwei Herzen pochen in der Brust von Dreifachmutter Lisa von Stadt Land Mama. Das eine sagt: „Lass die Kinder in der Schule mal machen, das wird schon werden.“ Das andere zweifelt: „Wenn es nicht klappt? Ist es nicht auch das Versagen von uns Eltern?“ Wie viel oder wenig Einmischung richtig ist, hat ihr die Erfahrung gezeigt.
Wie groß das Thema Schule in unserem Leben als Eltern mal werden würde – das hätte ich mir im Traum nie ausgemalt. Und komischerweise hat mich auch niemand vorgewarnt! Ich dachte, mit den durchwachten Nächten in der Babyzeit hätten wir im Grunde die herausforderndste Phase der Elternschaft geschafft. Heute weiß ich: Das war eine Fehleinschätzung.
Natürlich dankt es uns unser Körper, dass wir in den Nächten nun wieder durchschlafen können, die geistige Anstrengung aber ist enorm. Denn wie können wir unsere Kinder eigentlich richtig durch die Schulzeit begleiten? Welcher Weg ist der richtige? Wie viel Einmischung ist notwendig, wie viel zu viel? Ich wünsche mir oft eine Stimme im Ohr, die mir aus dem Off zuflüstert, wie ich das mit der Unterstützung angehen soll – und wie nicht.
Wie wichtig sind Noten und Klassenarbeiten?
„Ich lasse sie jetzt einfach ins offene Messer laufen“, hörte ich neulich eine Freundin beim Kaffee erzählen. Ihre Tochter geht in die fünfte Klasse, ist also auf einer neuen Schule und sieht noch nicht ein, wie wichtig Klassenarbeiten sind. Wie soll sie das auch sehen? Der große Leistungsdruck kommt doch in den meisten Fällen nun mal erst auf der weiterführenden Schule. Zwei Klausuren pro Woche plus Tests, an unserer Grundschule jedenfalls gab es das jedenfalls noch nicht. Ins Messer laufen lassen?
Sollen wir, wenn unser Kind am Nachmittag keine Lust aufs Vokabellernen hat, einfach sagen: „Okay, du wirst schon sehen, wohin das führt!“ und sie einfach eine Fünf schreiben lassen? Natürlich habe auch ich schon mal darüber nachgedacht. Wenn ich mal wieder angeblafft wurde, für meinen Vorschlag, doch vor dem Test noch mal eben in die Erdkunde-Unterlagen zu schauen. Aber ich könnte das nicht durchziehen. Ins Messer laufen lassen. Es sind doch Kinder!
Begleitung und Unterstützung statt Druck-Ausübung
Ich glaube, gerade, wenn ein Schulwechsel stattgefunden hat, ist es unsere Aufgabe als Eltern, unsere Kinder zu begleiten. Nicht, dass das hier falsch rüberkommt. Damit meine ich kein übermotiviertes Lernen für jedes Fach, Nachhilfe, wo sie nicht nötig ist und durchgelernte Wochenenden. Ich finde, Kinder haben Freizeit verdient. Sie sollten am Wochenende auch mal alle Fünfe gerade sein lassen können. Ich verlange von keinem einzigen Kind dieser Welt, auch nur im Entferntesten ein Einser-Kandidat bzw. eine -Kandidatin werden zu müssen.
Nein, mit Begleitung meine ich viel eher: Wir sollten unseren Kindern signalisieren, dass wir zur Stelle sind, wenn sie unsere Hilfe brauchen. Dass wir für sie da sind, wenn es Probleme gibt. Dass wir sie trösten, wenn es mal nicht so gut läuft. Ich lasse meine Kinder nicht ins offene Messer laufen. Ich versuche, Lern-Verweigerungs-Anfälle einfach nicht persönlich zu nehmen. Die Kinder arbeiten hier nicht gegen mich, versuche ich mich dann zu beruhigen. Sie arbeiten hier vielmehr gegen die Überforderung, die sie in diesem Moment empfinden. Mit dieser Einstellung jedenfalls klappt es bei uns ganz gut.
Wie viel oder wenig schulische Unterstützung brauchen Kinder?
Trotzdem schwirrt natürlich immer die Frage im Kopf: Müsste ich sie mehr unterstützen? Ihnen mehr helfen? Sie mehr zum Lernen motivieren? Wären sie dann bessere Schülerinnen und Schüler und kämen lockerer durch ihren Alltag? Denn da ist auch immer dieser Gedanke: Sie können das schaffen in dieser Schule. Die Fähigkeiten sind da. Nur das mit dem Abrufen klappt halt oft nicht. Da steht dann die Faulheit im Weg. Bin ich dann schuld, wenn sie es nicht packen?
Oder müsste ich vielleicht sogar weniger helfen? Sie ihre Hausaufgaben ganz allein machen lassen, damit sie mehr Eigenverantwortung lernen? Können sie nicht erst dann richtig stolz auf ihre Leistungen sein, wenn sie es aus ihrer eigenen Motivation heraus gepackt haben? Herrje! Ein Drahtseilakt, ein ständiges Abwägen. Am Ende ist es vermutlich eine Mischung aus allem. Am Anfang brauchen sie noch mehr Anleitung als später. Trotzdem sollte die Basis für die Fähigkeit zum selbstbestimmten Lernen auf jeden Fall angelegt werden.
Eltern als Partner, nicht als zusätzliche Ersatz-Lehrer
Unsere Kinder wissen, dass wir ihnen gern helfen, wenn sie es brauchen. Sie wissen aber auch, dass sie eine Eigenverantwortung haben, dass wir ihnen etwas zutrauen. Wenn sie meinen, sie hätten genug für die Schule getan, dann nehme ich sie darin ernst. Ich versuche, mich als partner-in-crime zu positionieren: „Wenn du was brauchst, sag Bescheid und ich bin da.“ Ich versuche mich aber nicht als Hilfslehrerin, um jedes kleinste Detail in ihren Schularbeiten zu kontrollieren oder auszubessern.
Das klingt natürlich einfacher, als es ist. Wenn ich sage, dass Eselsohren in Heften nicht schön aussehen, dann kann daraus schon einmal eine Grundsatzdiskussion entstehen. Ich baue da aber auf die Zeit und die Erfahrung. Jetzt, in der fünften Klasse, kann ich das noch sagen. Später können sie selbst entscheiden, wie sehr sie ihre Hefte pflegen wollen. Jetzt ist die Zeit, ihnen die Grundlagen zu vermitteln. Ihnen zu erklären, was wichtig ist und worum es geht. Aber schon bald werden sie selbst wissen, dass ein Vokabeltest nun einmal besser ausfällt, wenn man vorher gelernt hat.
Traut euren Kindern etwas zu!
Ich glaube, da braucht es Geduld und Vertrauen. Und es braucht das Signal, dass immer jemand da ist, wenn Hilfe gebraucht wird. Fernab von unseren Ansprüchen als Eltern. Es ist nicht an uns, Notendruck auf die Kinder auszuüben oder die Nacht vor der Klausur nervös wach zu liegen, als müssten wir sie selbst bestehen. Es liegt an uns, unseren Kindern Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu vermitteln. Denn am Ende lernen sie nicht für eine Zahl auf einem Stück Papier namens Zeugnis – sondern fürs Leben. Das müssen wir uns nur immer mal wieder vor Augen führen.
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Titelbild: © Ralf Geithe/shutterstock.com
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