Hochsensibilität – was bedeutet das für ein Schulkind?
Bei Hochsensibilität handelt es nicht um den neuesten Psychotrend, sondern um ein ernstzunehmendes Phänomen, das sich schon im Kindesalter abzeichnen kann.
Was ist Hochsensibilität?
Das Phänomen der Hochsensibilität wurde Mitte der 90er Jahre zum ersten Mal benannt und konkret erforscht. Die US-amerikanische Psychologin Dr. Elaine N. Aron beobachtete, dass einige Personen auf Reize um ein Vielfaches stärker reagierten als ihre Mitmenschen. Zwar ist Hochsensibilität keine Krankheit, aber die Betroffenen leiden an einer psychologischen und neurophysiologischen Ausprägung, die veranlasst, dass sie Geräusche, Gerüche oder Gefühle sehr stark wahrnehmen.
Wie äußert sich Hochsensibilität?
Man schätzt, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung von Hochsensibilität betroffen sind. Jedoch gibt es keinen Katalog an typischen Merkmalen. Hinzu kommt, dass sich Hochsensibilität in ganz unterschiedlicher Ausprägung zeigen kann: Manche Betroffene kommen mit Lichtinstallationen und lauter Musik in einem Club nicht zurecht. Andere meiden Zugfahrten, weil sie die vielen Gerüche nicht ertragen. Wieder andere sind extrem empathisch, können sich gut anpassen und auf Probleme ihrer Mitmenschen eingehen. Aber sie können sich auch schlecht abgrenzen, sodass sie oft stark mitleiden. Dass das Thema zurzeit in Medizin, Psychologie und Medien behandelt wird und damit das Bewusstsein für das Phänomen steigt, ist für viele Betroffene eine Erleichterung. Denn Hochsensibilität war lange recht unbekannt, sodass Betroffene selbst nicht um ihr Problem wussten. Sie fühlten sich unnormal und „nicht richtig“.
Was ist über Hochsensibilität bekannt?
Trotzdem gibt es noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Ursachen. Auch Studien dazu, inwiefern das Gehirn Hochsensibler Reize eventuell anders verarbeitet, sind kaum vorhanden. Aron ist aber der Meinung, das einige Merkmale schon im Säuglingsalter nachweisbar sind, was auf eine genetische, physiologische Veranlagung hinweisen könne. Die Wissenschaftlerin bietet in ihrem Buch „Das hochsensible Kind“ reichhaltige Informationen und Hilfestellung für Eltern und Kind.
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Ist mein Kind hochsensibel?
Aber wie merken Eltern, dass Ihr Kind hochsensibel ist? Zwar gibt es keine eindeutigen Merkmale, aber folgende Verhaltensweisen sind oft typisch:
- Das Kind reagiert besonders empfindlich auf Lautstärke. Hierbei ist nicht nur Musik gemeint, sondern auch die Lautstärke, wenn jemand die Stimme erhebt oder etwa Geräusche einer Straße, das Summen eines Computers usw.
- Das Kind erträgt Spannungen nur schwer. Um sich wohlzufühlen, muss Harmonie herrschen.
- Wenn jemand traurig oder krank ist, hat das Kind tiefes Mitleid.
- Emotionen äußern sich beim Kind extrem: Wenn es traurig ist, ist es sehr still. Wenn es wütend ist, kann es sehr laut werden.
- Alles, was eine Risikobereitschaft erfordert, z. B. waghalsige Sportbewegungen oder rasante Karussellfahrten, lassen das Kind zurückschrecken.
- Mit Veränderungen im Alltag oder in der Umgebung kommt das Kind nur schwer zurecht. Es muss sich erst einmal daran gewöhnen.
- Das Kind ist nicht an Wettbewerb interessiert. Es möchte nicht um jeden Preis besser sein als andere. Gerechtigkeit ist ihm wichtiger.
Diese Liste gibt nur Orientierungspunkte. Selbst wenn ein Kind viele Aspekte der Liste im Charakter aufweist, ist das kein definitives Zeichen. Eltern sollte beachten, dass sie keine kurzen Momentaufnahmen zur Grundlage ihrer Beobachtungen nehmen, sondern das Verhalten des Kindes in längeren Zeiträumen untersuchen. Auch sollten sie bei einem Verdacht professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Was sollte bei einem hochsensiblen Schulkind beachtet werden?
Ein hochsensibles Kind hat einen eigenen Rhythmus, sieht Dinge auf eine besondere Art und Weise und verarbeitet Veränderungen im Alltag schwerer als andere. Wenn dies beachtet wird, dürften sich einige Probleme auflösen, z. B. beim Schuleintritt oder -wechsel. Wir haben konkrete Tipps, wie Eltern von hochsensiblen Schulkinder mit einer solchen Situation am besten umgehen:
- Eine „harte Pädagogik“ und Sätze wie „Stell dich nicht so an“ sind Wasser auf den Mühlen Hochsensibler. Sie lösen nicht das Problem und das Gefühl, alleine zu sein, wird verstärkt. Dadurch ist der innere Rückzug des Kindes vorprogrammiert. Dieses Erleben der Isolation und des Nicht-richtig-Seins prägen das Leben schon früh negativ.
- Unsichere Faktoren, z. B. beim Schuleintritt, sollten ausgeschaltet werden: So können Eltern mit ihrem Kind den zukünftigen Schulweg schon vorher so oft wie möglich ablaufen. Auch ein Besuch des Gebäudes kann Unsicherheiten bekämpfen. Eltern sollten darüber hinaus vor dem ersten Schultag mit der Klassenlehrerin bzw. dem Klassenlehrer sprechen und die besondere Situation erklären.
- Eltern sollten zwar aufmerksam und sensibel sein, aber darauf achten, aus dem bevorstehenden Schuleintritt oder -wechsel kein Horrorszenario zu machen. Vielmehr sollten sie es als selbstverständlich ansehen, dass ihr Kind etwas mehr Zeit braucht, sich an den neuen Umstand zu gewöhnen.
- Das Zuhause sollte neben all den neuen Reizen ein sicherer Hafen und Rückzugsort für das Kind sein. So sollten Eltern Wert auf Rituale legen und dem Kind vermitteln, dass Ängste und Probleme von ihnen angenommen werden.
- Perfektionismus ist unter Hochsensiblen stark ausgeprägt. Das ist kein Problem, solange dieser auf der Lust am Lernen beruht. Steckt jedoch Versagensangst dahinter, wird der Perfektionismus schnell zu einer weiteren Bürde. Eltern sollten herausfinden, was bei ihrem Kind der Motor des Perfektionismus ist und anschließend versuchen, die Ängste und den Druck zu mindern.
- Durch das Verhalten des hochsensiblen Kindes in Gruppen, wie der Schulklasse, können Konflikte entstehen. Deswegen sollten Eltern das Kind oft von den anderen Schülerinnen und Schülern erzählen lassen. Sollte es zu Mobbing o. ä. kommen, sollten sie sich mit der Lehrperson in Verbindung setzen. Wenn Eltern das Gefühl haben, dass der sensiblen Art des Kindes nicht genügend beigekommen wird, kann in letzter Konsequenz ein Schulwechsel helfen. Besonders alternative Schulmodelle, z. B. Waldorf- oder Montessori-Schulen, können für Hochsensible geeignete Möglichkeiten sein.
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Titelbild: © Peter Bernik/shutterstock.com
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