Mütter unter Druck – wenn alles perfekt sein muss

So manche pragmatische Frau mutiert mit der Geburt des ersten Kindes zum Perfektionismusmonster. Dann gelten Mottos wie „Viel hilft viel“ und „Alles Selbstgemachte ist besser“. Warum? Das ist mir schleierhaft.

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Alles selber nähen, alles selber basteln, alles selber machen – aber perfekt muss es bitte auch sein. Würden es die Mütter aus Leidenschaft machen, könnte ich es noch verstehen. Die meisten tun sich diesen Stress jedoch aus Pflichtgefühl an. Warum?

Nur das eigene Mehl für den Brei

In meiner Elternzeit suchte ich die Gesellschaft anderer Frauen. So schloss ich mich einer Stillgruppe an. In diesem Kreis beobachtete ich faszinierende Dinge: Ausnahmelos alle Mütter schroteten das Getreide für die ersten Babybreis selber.
Stundenlang diskutierten sie, welche Getreidemühlen sie verwenden, wo diese gekauft wurden, welches Getreide sie benutzen, wo sie das Getreide kaufen und wie es eingelegt wurde. Immer wieder dieselben Fragen: Sollte der Brei mit verdünnter Kuhmilch, mit PRE-Milch oder gar nur mit Wasser gekocht werden? Wie muss das Getreide genau zubereitet werden? Wie fein muss es gemahlen werden und wie lange gekocht? Welche Getreidequalität ist geeignet? Biogetreide oder soll das Getreide keimfähig sein?

Ich war fassungslos. Ich habe mein Kind einfach zehn Monate lang gestillt und ihm dann ungesalzenes Gemüse, Nudeln oder Reis von unseren Erwachsenenportionen abgeteilt.

Bin ich eine Rabenmutter?

In ähnliche Situationen gerate ich als Mutter immer und immer wieder: Andere Mütter geben sich nicht nur mehr Mühe beim Backen, Basteln und Haushalt. Nein, sie finden auch zusätzliche Dinge, auf die ich im Traum nie gekommen wäre:

Da stehe ich mit meinem mit Puderzucker bestreuten Kastenkuchen am Kindergartenbuffet und schaue auf die Torte in Form einer Lokomotive. Vorher habe ich ein paar Fensterkleber an unsere Scheiben gemacht, um den Frühling willkommen zu heißen. Da erzählt mir eine Mutter, wie sie mit ihren Kindern Körbchen aus Weiden selbst geflochten hat.

Lieferdienst und Kuchen aus dem Kühlregal

Am Anfang habe ich versucht mitzuhalten. Hab gegoogelt, Materialien bestellt, Bücher mit entsprechenden Anleitungen gewälzt. Doch dann wurde ich immer müder. Vielleicht bin ich auch besonders untalentiert oder besonders faul – aber mich verließ die Motivation ziemlich bald.

Jetzt mit mehreren Kindern und wieder berufstätig als IT-Projektleiterin, käme ich im Traum nicht darauf, all diese Dinge (v. a. die zusätzlichen) zu tun. Ich lasse alles weg, was mich stresst. Statt des Kastenkuchens hole ich etwas Schönes zum Auftauen aus dem Kühlregal des Supermarkts. Wobei … das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Ich gehe meistens gar nicht erst einkaufen, sondern setze mich abends an meinen Rechner und bemühe den Lieferdienst. Das kostet rund fünf Euro extra, aber die Vorteile machen für mich einfach alles wett. Denn ich habe kein Auto und wohne im fünften Stock ohne Aufzug. Wenn ich mit den Kindern gemeinsam den Monatseinkauf mache, dauert das mindestens zwei Stunden. Bestelle ich jedoch online, kommt ein junger Mann die Treppen hochgehüpft, bringt die Einkäufe und bekommt ein wenig Trinkgeld. Ich räume alles weg und zehn Minuten später ist das Thema erledigt.

Willkommen, Unperfektion!

Es gibt viele andere Wege, sich das Leben mit Kindern ein bisschen zu erleichtern. Manche kosten Geld, andere sind kostenlos (Stichwort: Das ungeputzte Bad). Ich glaube, am Ende ist es eher eine Einstellungsssache, ob man mit Unperfektion und Kompromissen leben kann oder ob man sich (dem gesellschaftlichen) Druck beugt und alles auf höchstem Niveau selbst macht.

Für mich ist die Lösung oft: Weniger selbstmachen und die Kinder je nach Alter stärker beteiligen. Unser gemeinsames Ziel heißt immer: Mehr Zeit füreinander und diese Zeit entspannter verbringen.
Es gibt nicht eine Lösung, die für alle funktioniert – aber man kann sich in regelmäßigen Abständen kritisch fragen, warum und für wen man das alles tut.

Möchten Sie das wirklich tun?

Es gibt auch ganz sicher nicht die eine Lösung, die für alle passt. Denn eine alleinerziehende Mutter, die keinen Unterhalt vom Vater bekommt, hat ganz andere Probleme als das verheiratete Paar mit Doppeleinkommen, bei dem der Vater 50 Prozent aller Aufgaben übernimmt. Das sehe ich durchaus. Ich glaube dennoch, dass es immer Wege gibt, sich Dinge zu erleichtern. Dazu gehört z. B. auch, dass ich als Mutter nicht die anderen Mütter bewerte: Wer Getreide mahlen möchte, kann das gerne tun. Wer Spaß beim Basteln hat, natürlich auch. Wer jeden Tag selbst kochen möchte, bitte gerne! Wer Kleidung selbst nähen kann, dem ist meine Bewunderung sicher.

Jetzt kommt aber das erwartete Aber: Aber ich wünsche mir stressfreie Familien. Deswegen hoffe ich, dass sich alle regelmäßig die Frage stellen, ob das, was sie tun, wirklich das ist, was sie wollen oder ob es etwas ist, von dem sie glauben, dass es erwartet wird.

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Über die Autorin

Gastautorin Patricia

Patricia

Patricia Cammarata (40) lebt mit ihren Kindern in Berlin. Die gelernte Diplom-Psychologin ist hauptberuflich IT-Projektleiterin. Sie bloggt seit über zehn Jahren unter dasnuf.de zu Themen wie Mutter-Sein, Familie, Gesellschaft und Technik und ist damit bekannt geworden. Das liegt nicht zuletzt an ihrem unvergleichlichen Ton, der süffisant und spitz, oft sehr lustig, aber dabei im Kern immer warm­herzig ist. Im August 2015 ist ihr Buch Sehr gerne, Mama, Du Arschbombe erschienen. Bild: © Christine Fiedler




Titelbild: © Krezodent/shutterstock.com

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