Wertschätzende Sprache: Wie Eltern (nicht) mit ihrem Kind reden sollten

Im Familienalltag sind Konflikte und Missverständnisse vorprogrammiert. Schließlich hat jedes Familienmitglied seine ganz eigenen Bedürfnisse. Umso wichtiger ist es, wertschätzend und gewaltfrei miteinander zu kommunizieren.

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Die vier Ebenen der Kommunikation

Bei einem Dialog zwischen zwei Menschen gibt es einen Sender (der bzw. die Sprechende) und einen Empfänger (der bzw. die Zuhörende). Ob die Botschaft, die man als Sprechende/r schickt, bei dem bzw. der Zuhörenden so ankommt, wie sie gemeint ist, hängt von vielen Faktoren ab. So kann z. B. die Beziehung der beiden, die Laune, das Selbstbild oder die Vorerfahrung eine Rolle spielen.

Und dann gibt es noch die Theorie vom Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun. Er meint, dass eine Kommunikation auf vier Ebenen stattfinden bzw. interpretiert werden kann:

  • die Sachebene (eine Feststellung, eine Information),
  • die Selbstoffenbarung (eine Selbstaussage, eine Information über den bzw. die Sprechende),
  • die Beziehungsebene (eine Offenbarung oder Aussage über die Beziehung der sich Unterhaltenden)
  • der Appell (eine Bitte, eine Forderung)

Und was passiert, wenn ein Elternteil z. B. einen Appell senden will, aber das Kind diesen auf der Sachebene versteht oder verstehen will? Dann kommt es zu einer Misskommunikation.

Unmissverständliche Botschaften senden

Wie sieht das konkret aus? Eine Mutter möchte z. B., dass ihr Kind das Bad putzt. Das heißt, sie möchte einen Appell senden. Was sagt sie also? „Das Bad müsste mal wieder geputzt werden!“ Was passiert? Das Kind hat gar keine Lust, das Bad zu putzen und ignoriert die implizite Botschaft, also den versteckten Appell. Es hört die Botschaft absichtlich oder unabsichtlich auf der Sachebene, also als eine Feststellung. Schließlich hat seine Mutter ja nur gesagt, dass das Bad geputzt werden müsste. Wer genau das tun soll, hat sie ja nicht gesagt. Um also Konflikte zu vermeiden, sollten alle Familienmitglieder Botschaften ganz klar adressieren. Etwa so: „Könntest du heute das Bad putzen?“ Oder so: „Du würdest mir sehr helfen, wenn du heute das Bad putzen würdest.“

Meinungen als Ich-Botschaft formulieren

Möchten Familienmitglieder, Meinungen, Wünsche oder Kritik äußern, sollten sie Ich- statt Du-Botschaften senden. Das beugt vor, dass sich der bzw. die Angesprochene angegriffen fühlt oder gar durch eine unbedachte Aussage verletzt wird. Wie kann eine solche Botschaft aussehen? Aussagen wie „Du hast mich heute Morgen einfach ignoriert und mir nicht richtig zugehört“ können schnell als Angriff aufgefasst werden. Stattdessen sollte der bzw. die Sprechende hier von dem eigenen Standpunkt ausgehen, um die Situation aufzuklären: „Ich hatte heute Morgen das Gefühl, dass du mir aus dem Weg gegangen bist. Hab ich damit recht?“ Nun hat der bzw. die Angesprochene eine Chance, seinen bzw. ihre Perspektive auf die Situation zu schildern.

Verallgemeinernde Wörter meiden

Gleichzeitig sollten Wörter aus der alltäglichen Kommunikation verbannt werden, die eine Situation verallgemeinern. Sie sind Unruhestifter. Benutzt der bzw. die Sprechende in der Botschaft Wörter wie „wir“ oder „man“, wird nicht klar, wer genau angesprochen wird. Missverständnis sind vorprogrammiert. In Wörtern wie „nie“, „immer“, „ständig“ und „dauernd“ verbirgt sich hingegen richtiges Verletzungspotenzial. Denn was macht ein Aussage wie „Nie hörst du mir zu!“ oder „Immer muss ich hinter dir herräumen!“? Sie verurteilen den bzw. die Angesprochene pauschal. Dieser bzw. diese hat keine Chance, sich zu verteidigen oder gar die Situation zu ändern. Denn die Aussagen beziehen sich so formuliert auf Situationen in der Vergangenheit. Und diese ist nun mal unveränderlich.

Beobachten, fühlen und bitten

Die sogenannten gewaltfreie Kommunikation nach dem Psychologen Marshall B. Rosenberg besteht somit aus vier Schritten:

Schritt 1: Situation wertfrei beobachten

Bevor überhaupt eine Situation angesprochen wird, soll sie genau und ohne Bewertung beobachtet werden.
Beispiel: „Ich sehe, dass das Bad geputzt werden muss.“

Schritt 2: In sich hineinfühlen

Im nächsten Schritt soll der Beobachter bzw. die Beobachterin in sich hineinfühlen und schauen, was die konkrete Situation in ihm bzw. ihr auslöst.
Beispiel: „Ich merke, dass mich das nervös und auch ein bisschen wütend macht.“

Schritt 3: Bedürfnis hinterfragen

Nun kann das Bedürfnis, das aus dieser Situation bzw. aus dem ausgelösten Gefühl heraus entstanden ist, hinterfragt werden.
Beispiel: „Ich wünsche mir, dass einmal jemand anderes das Bad putzt.“

Schritt 4: Bitte formulieren

Und erst im vierten und letzten Schritt wird eine Bitte kommuniziert. Diese wird als Ich-Botschaft und ohne Verallgemeinerung formuliert.
Beispiel: „Du würdest mir sehr helfen, wenn du heute das Bad putzen würdest.“

Fazit: Um eine wertschätzende und gewaltfreie Kommunikation im Familienalltag zu sichern, sollten alle Familienmitglieder Situationen zunächst wertfrei beobachten, nicht verallgemeinern und Ich-Botschaften senden.

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Titelbild: © Alena Ozerova/shutterstock.com

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