Kinderfreie Zonen? Nein, danke!

Eltern-Kind-Cafés und Kleinkinderabteile sind modern. Ebenso wie kinderfreie Zonen. Kann man diese schlecht finden?, fragt sich Bloggerin Patricia.

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Eine Kaffeerösterei möchte keine Kinderwagen und keine stillende Mütter im Laden haben. Ein Hotel wird kinderfrei. Einige Airlines bieten gegen Aufpreis einen Platz in einer kinderfreien Zone an und ein Campingplatz in Brandenburg wirbt mit Vogelgezwitscher statt mit Kindergeschrei am Morgen. So what?

Kinderfrei versus kinderfeindlich

Wenn ich mich über diese Thema aufrege, wird mir häufig entgegnet:
„Ist das so schlimm? Es gibt doch auch extra auf Kinder zugeschnittene Angebote“ und „Wenn meine Frau und ich mal kinderfrei haben, genießen wir es sehr, solche Angebote zu nutzen“ und „Nur weil ich einen Ort haben möchte, an dem ich meine Ruhe habe, bin ich doch nicht gleich kinderfeindlich.“

Aber haben Sie schon einmal „kinderfreie Hotels“ gegoogelt? Das Suchergebnis sieht so aus:

Kinderfreie Zone


Frauenfreie Zonen?

Stellen Sie sich vor, das Wort „Kinder“ würde durch „Frauen“ ersetzt. Das sähe dann so aus:

Kinderfreie Zone

Und? Ein ungutes Gefühl. Das Wort könnte man natürlich nun noch durch viele andere Wort ersetzen: „Behinderte Menschen“ oder „People of Color“. Jetzt wird es richtig unangenehm, oder? Im Kopf höre ich schon die Ersten protestieren: „Aber das ist doch was ganz anderes!“ Ist es das? Und wenn ja, warum?

Keine Extra-Orte!

Zurück zu den Frauen: Es gibt auch Frauenfitness-Studios, Frauen-Saunatage, Frauentage im Schwimmbad, Frauen-Zugabteile. Will ich die auch abschaffen? Ganz ehrlich: ja.
Die Antwort mag verwundern. Ich möchte sie gerne erklären. Extra-Räume für Frauen entstehen, weil es ein Problem mit rücksichtslosen Männern gibt. Männer, die Frauen anbaggern, angaffen, womöglich belästigen, die ihre Körper bewerten und mit doofen Sprüchen zuballern. Frauen-Räume sind zum Schutz der Frauen gedacht. Sie werden erfunden und eingesetzt, um Frauen vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Das ist sehr bitter. Und das eigentliche Problem schafft man damit nicht aus dem Weg, sondern schafft „Sicherheitszonen“.

Versteckten Probleme

Wenn also Extra-Räume – für egal wen – eröffnet werden, wird das eigentliche Problem nicht bearbeitet. Aber welchem Problem wird mit kinderfreien Zonen aus dem Weg gegangen?

Das erste Problem sind die Menschen, die Kinder nicht mögen: Sie mögen kein lautes Baby- oder Kleinkindweinen. Sie mögen Kinder nicht, weil sie laut sind, weil sie überhaupt Geräusche machen, weil sie sich bewegen, weil sie zappeln oder sich auf einen Sitz stellen.
Das sind die Art Mensch, die in öffentlichen Räumen genervt sind, wenn sie nicht ihre Ruhe haben. Das ist wirklich absurd.
Diese Menschen klagen gegen Kinderspielplätze, Schulen und Kindergärten in ihrer Nachbarschaft. Das sind die Menschen, die im Ruheabteil des Zuges die Kinder hassen, nicht aber die Kegelklubs mit Sektchen, Fussballfans oder Lauttelefonierer.

Das zweite Problem sind die Eltern, die nicht verstehen, dass man in einem öffentlichen Raum aufeinander Rücksicht nehmen muss. Die ihre Kinder auf Tischen, Sitzbänken und auf dem Boden klettern und liegen lassen. Die ihren Kindern nicht erklären, dass man auch leiser sprechen kann und denen sowieso egal ist, was die Kinder tun. Die gibt es. Das weiß ich.

Not all parents …

Jetzt kommt der Clou: Diese Menschen machen nur einen ganz kleinen Teil der Gesamtbevölkerung aus. Weil man aber keine Lösung für die intoleranten, überempfindlichen Menschen und die Laissez-faire-Eltern findet, werden alle anderen Familien mit Kindern zunehmend von bestimmten Orten ausgeschlossen. Damit wird die Intoleranz gefördert. Sonst nichts. Das Problem bleibt. Ich habe auch keine Lösung. Aber ich möchte keine Separation. Ich möchte ein gutes Zusammenleben. Und gegenseitiges Verständnis.

Eine Frage der Dosis

Auch hier gilt der Spruch: Die Dosis macht das Gift. Immer laute Nachbarn, die jeden Abend bis ein Uhr nachts Party machen? Lästig! Die will ich nicht. Nachbarn, die ein- bis zweimal im Jahr eine Party machen. Nervt mich unter Umständen auch, kann ich aber ertragen. Sollte ich ertragen.
Spielplatz vor der Tür? Ja, der ist laut. Aber ab 18 Uhr ist da Ruhe.
Was ich sagen will: Auch ich möchte manchmal meine Ruhe. Aber dann kann ich nicht in einen öffentlichen Park gehen und alle hassen, die laut sind. Könnte ich es mir aussuchen: Ich würde gerne auf kinderfreie Orte verzichten, so wie ich gerne auf intolerante und rücksichtslose Menschen verzichten könnte. Ich glaube, dass man gute 80-Prozent-Lösungen finden könnte, wenn man die Anstrengungen in eine andere Denkrichtung verlagert. Da fällt mir eine bekannte Möbelkette ein: Dort steht im Restaurant nicht „Geschirr stehen lassen verboten!“, sondern „Danke, dass Du Dein Geschirr abräumst.“ Und in den allermeisten Fällen ist der Tisch frei.

Wie wäre es wenn man Kinder in Restaurants, Hotels und Freizeiteinrichtungen nicht verbietet, sondern überlegt, wie man sie integrieren kann? Wäre es nicht schöner, wenn man mit Kindern überall hingehen könnte und nicht auf ein „Wir müssen leider draußen bleiben“-Schild stoßen würde? In meinen Kopf ist an dieser Stelle ein klares Ja.

Nachtrag. Vor meinem Büro schimpft monoton ein Spatz. Seit Tagen. In Dauerschleife. Ich habe deswegen „Vögel vertreiben“ gegoogelt und bin auf folgenden Foreneintrag gestoßen:

Kinderfreie Zone

Jetzt fühle ich mich ertappt.


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Über die Autorin

Gastautorin Patricia

Patricia

Patricia Cammarata (40) lebt mit ihren Kindern in Berlin. Die gelernte Diplom-Psychologin ist hauptberuflich IT-Projektleiterin. Sie bloggt seit über zehn Jahren unter dasnuf.de zu Themen wie Mutter-Sein, Familie, Gesellschaft und Technik und ist damit bekannt geworden. Das liegt nicht zuletzt an ihrem unvergleichlichen Ton, der süffisant und spitz, oft sehr lustig, aber dabei im Kern immer warm­herzig ist. Im August 2015 ist ihr Buch Sehr gerne, Mama, Du Arschbombe erschienen. Bild: © Christine Fiedler


Titelbild: © Suzanne Tucker/shutterstock.com

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