Wenn der Wurm drin ist: Das Phänomen des Ohrwurms

Cheri, cheri Lady – Going through emotion – lalalalaalalala damdadamdadam (…) Na, schon infiziert? Wir haben mit Prof. Eckart Altenmüller gesprochen ‒ einer der wenigen Experten in Deutschland, der sich dem Thema Ohrwurm widmet.

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Einfach so ist er da, ohne Anmeldung, getarnt als harmlose Melodie, steht er auf der Matte unserer Hirnwindungen und lässt uns alberne Lieder summen. Überall auf der Welt schleicht er sich in die Köpfe unschuldiger Menschen und entpuppt sich als wahres Folterinstrument. Unter „Ohrkaugummi”, „Klebelied” und „Ohrbohrer” steht er weltweit auf den Fahndungslisten. Bei uns ist der Übeltäter als Ohrwurm bekannt. Achtung: hochgradige Ansteckungsgefahr!

Prof. Altenmüller, Sie sind Neurophysiologe und Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin an der Hochschule Hannover. Wie lautet die wissenschaftliche Bezeichnung für das Ohrwurm-Phänomen und können Sie kurz erklären, was genau ein Ohrwurm ist und was dabei in unserem Kopf passiert?

Prof. Altenmüller: „Es sind unerwünschte auditive Gedächtnisinhalte, die dadurch definiert sind, dass wir, ohne dass wir es wirklich wollen, ein bestimmtes Melodiesegment oder eine Melodie immer wieder innerlich hören. Und der Prozess, der dazu im Gehirn abläuft, ist das Abspeichern der Melodie in den Schläfen- bzw. Temporallappen. Daraus resultiert ein inneres Hören, was gleichzeitig dazu führt, dass wir die bestimmte Melodie innerlich vor uns singen. Dieses Singen führt dann wieder zum inneren Hören und das innere Hören wieder zum inneren Singen. Diesen so entstandenen Ohrwurm werden wir dann in einer Art Endlosschleife praktisch nicht mehr los.”

Welche Melodien wandern besonders leicht in die Langzeitschleife? Gibt es den idealen Ohrwurm?

Prof. Altenmüller: „Der ideale Ohrwurm ist eine Melodie, die einfach, rhythmisch einprägsam und gut singbar ist. Dazu ein schöner Text, der emotional stark ansprechend ist und eventuell noch in Verbindung mit emotional aufgeladenen Bildern steht. So z. B. im Hintergrund eines Filmes, der sehr eindrucksvoll und für die Melodie relevant ist.

Man kann in dem Zusammenhang Ohrwürmer auch relativ gut erzeugen, indem sie durch bestimmte emotionale Erlebnisse unterstützt werden, wie eben bei Filmmusik, die dann zu einem Ohrwurm wird, wenn man sie oft genug spielt.”

Gibt es Situationen, in denen man besonders anfällig für einen Ohrwurm ist?

Prof. Altenmüller: „Das sind vor allem Momente, in denen wir uns in Entspannung befinden und die Kontrolle über uns selbst mal nicht so gut ist. In Momenten der Abspannung, am Abend, wenn man müde ist etc.. Und dann plötzlich ist eine Melodie da, die durchaus trivial sein kann und sich als Ohrwurm einsetzt.”

Sind Musiker anfälliger für Ohrwürmer und spielt die eigene Persönlichkeit vielleicht auch eine Rolle? Sprich: Wer ist das größte Opfer des Ohrwurms?

Prof. Altenmüller: „Richtig ist, dass nicht alle Leute gleichermaßen ohrwurmanfällig sind. Und in der Tat haben bestimmte Persönlichkeiten häufiger Ohrwürmer, vor allem Menschen, die sich insgesamt stärker zur Musik hingezogen fühlen und sich häufig mit Musik auseinandersetzen. Somit treten Ohrwürmer auch häufiger bei Musikern auf.”

Gab es Ohrwürmer eigentlich schon immer oder macht die Technik und Weiterentwicklung alles „schlimmer”?

Prof. Altenmüller: „Das ist eine wirklich interessante Frage, die aber leider noch nicht gut untersucht ist. Aber ich nehme an, dass es auch früher bereits Ohrwürmer gab, zumindest seit es Musikinstrumente gibt und damit ja eigentlich schon seit der Steinzeit. Und ich vermute auch, dass die ständige Gegenwart und das mehrfache Hören bestimmter Musik schon die Häufigkeit von Ohrwürmern erhöht.”

Warum eigentlich Musik? Warum können wir nicht Ohrwürmer von Mathe- oder Chemieformeln haben?

Prof. Altenmüller: „Musik ist zum einen sehr stark an positive Emotionen gebunden. Das ist bei Mathe- oder Chemieformeln nicht der Fall. Und wir haben bestimmte Hirnstrukturen, die nur für das Abspeichern von Musik zuständig sind – auch solche gibt es nicht für Formeln. Und Musik führt bei uns automatisch zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und damit auch zu einer vertieften Einspeicherung im Gedächtnis.”

Foto: ©sofatutor.com

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