„Heimwegtelefon‟ – so kommst du sicher nach Hause

Kennst du das mulmige Gefühl nachts auf dem Nachhauseweg? Gerade warst du noch von Freundinnen und Freunden umgeben, ihr hattet Spaß und habt viel gelacht. Jetzt ist der Heimweg alleine umso stiller und umheimlicher. Du weißt, dass du keine Angst haben musst, trotzdem lässt dir jedes Rascheln einen kalten Schauer den Rücken herunterlaufen. In solchen Momenten beruhigt es, mit Freundinnen, Freunden oder den Eltern zu telefonieren, bis man die Haustür hinter sich geschlossen hat. Doch was ist, wenn die Eltern schon schlafen, wenn keiner der Freundinnen und Freunde ans Telefon geht? Für diesen Fall gibt es das Heimwegtelefon – Freiwillige sitzen hier an der Leitung und begleiten dich sicher nach Hause. Wir haben mit Frances Berger gesprochen, die zusammen mit Anabell Schuchhardt das Heimwegtelefon gegründet hat.

So klappt's mit dem Lernen – jetzt im Video anschauen!

Wie entstand die Idee zu dem Projekt?

Frances Berger: „Die Idee kam uns in den Niederlanden, als wir dort gemeinsam gearbeitet haben. Wir standen am Kaffeeautomaten, als Anabells Handy geklingelt hat. Es hat aber niemand angerufen, sie kam nur auf einen Taste, die einen „gefälschten” Anruf auslöst. Damit wird möglichen Angreifern signalisiert, dass ein Dritter schnell Hilfe holen könnte. Wir rufen beide immer unsere Eltern oder Freunde an, wenn wir auf dem Heimweg sind. Die sind dann aber meistens schon im Tiefschlaf. In Schweden gibt es bereits ein Heimwegtelefon, das direkt von der Polizei betrieben wird. Wir fanden es schade, dass es so etwas bei uns nicht gibt. Anstatt uns zu wundern, warum niemand so eine Hotline anbietet, haben wir uns gedacht, wir machen das jetzt einfach selbst.“

Wie funktioniert das Heimwegtelefon?

Frances Berger: „Jeder, der sich nachts auf der Straße unwohl fühlt, kann uns unter der Nummer 030 / 120 74 182 erreichen. Es kostet so viel, wie jeder andere Anruf ins deutsche Festnetz auch. Wir plaudern dann ein bisschen und fragen jede Minute, wo die Anruferin oder der Anrufer sich gerade befindet. In Schweden fragt die Polizei alle 30 Sekunden nach dem Standort. Wir wollten das ebenfalls so machen, haben aber festgestellt, dass 30 Sekunden echt schnell vergehen und sich die Person kaum bewegt hat. Deswegen fragen wir jetzt jede Minute „Wo bist du denn gerade?”. So können wir, sollte doch mal etwas passieren, sofort die Polizei alarmieren und durchgeben, wo sich die Person gerade befindet.“

Was versprecht ihr euch vom Heimwegtelefon?

Frances Berger: „Wir wollen die Mädels, Jungs, Frauen und Männer, die uns anrufen, einfach ablenken und dafür sorgen, dass sie sich sicherer und wohler fühlen. Außerdem ist es eine größere Hemmschwelle für Angreifer, wenn man telefoniert, da Zeugen am anderen Ende der Leitung sitzen. Im schlimmsten Fall können wir sofort die Polizei verständigen.“

Seit wann ist das Heimwegtelefon erreichbar?

Frances Berger: „Seit dem 20. Dezember 2013 sitzen wir am Telefon. Wir wollten eigentlich noch ganz viel vorbereiten, z. B. einen Telefonleitfaden entwickeln. Aber wir hatten so viel Aufmerksamkeit, dass wir uns gesagt haben, wir fangen jetzt einfach mal an. Wir sind noch nicht so super-professionell. Wir sind einfach zwei Freundinnen, die erreichbar sein wollen, für Leute, die auf dem Nachhauseweg ein mulmiges Gefühl haben.“

Wie war bisher die Resonanz auf eurer Projekt?

Frances Berger: „Sehr positiv. Wir haben jede Menge positive Rückmeldung erhalten von Leuten, die das Heimwegtelefon benutzen wollen und von Personen, die gerne mithelfen möchten. Die Medien sind begeistert von unserem Projekt. Wir haben aber auch schon kritisches Feedback erhalten. Es wurde kritisiert, dass unsere Initiative Leuten, vor allem Frauen, den Eindruck vermittelt, sie müssten nachts auf dem Nachhauseweg Angst haben. Darum geht es uns aber keinesfalls. Bei mir ist da einfach ein mulmiges Gefühl. Wir wollen keine unnötige Angst schüren oder Dinge dramatisieren. Es geht einfach darum, dass uns jeder anrufen kann, weil er das Bedürfnis hat, wie auch immer man das Gefühl dahinter nennen mag. Wir wollen dafür sorgen, dass die Anruferin oder der Anrufer sich sicher fühlt.“

Wie viele Anrufe habt ihr bis jetzt erhalten?

Frances Berger: „Am ersten Wochenende war es noch sehr verhalten. Mittlerweile sind es zwei, drei Anrufe pro Abend. Das ist nicht so viel, da unsere Nummer noch nicht so bekannt ist. Momentan sitzen wir von 22 bis 2 Uhr am Telefon. Wir machen gerade eine Testphase. Wenn wir merken, dass nach 2 Uhr Leute anrufen, dann verlängern wir die Zeiten.“

Wie waren die ersten Gespräche?

Frances Berger: „Es rufen viele an, die uns kennenlernen wollen, wissen möchten, warum wir das machen. Als das Telefon das erste Mal geklingelt hat, waren wir erstmal versteinert. Man kommt mit den Menschen aber ganz schnell ins Gespräch und quatscht wie mit Freunden – über Segeln, z. B. oder das Kochhaus – da vergeht die Zeit ganz schnell.“

Momentan macht ihr das Heimwegtelefon ehrenamtlich. Wollt ihr es mal ausbauen?

Frances Berger: „Wir wollen es nicht kommerziell machen. Wir wollen, dass es sozial bleibt. Keine Ahnung wie groß es mal wird. Irgendwann wäre es vielleicht notwendig, eine Teilzeitkraft einzustellen, die die ganz einfachen Sachen abwickelt. Anabell und ich arbeiten beide Vollzeit. Aber mal schauen, wie groß das Projekt wird.“

Was ist denn euer Antrieb, eure Freitage und Samstage für das Projekt aufzugeben?

Frances Berger: „Für mich ist es kein großes Opfer. Ich habe ein kleines Kind und meine Wochenenden finden eh meistens Zuhause statt. Die Motivation dahinter ist vor allem die viele positive Rückmeldung, die wir erhalten haben. Es haben sich auch schon ganz viele Leute gemeldet, die helfen wollen.“

Wie sieht euer nächster Schritt aus?

Frances Berger: „Leute an Bord holen. Wir bekommen gerade viel Feedback und Ideen, auf die wir selbst gar nicht gekommen wären. Wir müssen uns zum Beispiel überlegen, wie wir unsere Helferinnen und Helfer verifizieren und ausbilden. Wir wollen ein Telefonleitfaden entwickeln, an die sich die freiwilligen Telefoniererinnen und Telefonierer halten können. Momentan sammeln wir Spenden, da wir eine gemeinnützige Gesellschaft eröffnen möchten. Außerdem brauchen wir juristischen Beistand, um die AGBs zu schreiben.“

Wie sieht idealerweise die Zukunft des Heimwegtelefons aus?

Frances Berger: „Im besten Fall wissen alle, die sich unwohl auf dem Nachhauseweg fühlen, dass sie bei uns anrufen können. Wir wollen deutschlandweit erreichbar sein und idealerweise müssen wir uns keine Sorgen über die Finanzierung des Projekts machen.“

Titelbild: ©Frances-Photography

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