Schüchtern von Geburt an?

Kann es wirklich sein, dass man schüchtern zur Welt kommt und nichts dagegen machen kann?

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Ab wann ist man schüchtern und wann einfach introvertiert (also in sich gekehrt oder verschlossen)? Gerade während der Schulzeit wird man oft schief angeguckt oder ignoriert – besonders, wenn man sich wenig sagt. Manche halten einen vielleicht sogar für dumm oder arrogant. Dabei sind schüchterne Menschen nicht freiwillig so.

Angst vor Ablehnung

Schüchterne Menschen sind oft selbstkritisch. Sie sorgen sich um ihr Auftreten gegenüber anderen und befürchten abgelehnt zu werden. Deshalb halten sie sich lieber im Hintergrund und beobachten das Geschehen. Machen sie dann tatsächlich eine schlechte Erfahrung oder werden abgewiesen, geht ihnen das sehr nahe. Schüchternheit ist ein Charakterzug, der schwer abzuschütteln ist.

Psychologe Carl E. Schwartz glaubt, dass dieser Charakterzug sogar angeboren sein könnte. Bei verschiedenen Untersuchungen stellte er fest, dass diejenigen, die schon als Kleinkinder zurückhaltend waren, auch als junge Erwachsene noch schüchtern sind. Schon als Babys reagieren manche unterschiedlich auf Fremde. Einige weinen los, andere sind neugierig und offen. In „schüchternen Gehirnen“ war zu erkennen, dass andere Bereiche aktiviert werden, wenn sie Gesichter fremder Menschen sehen, als bei anderen, die weniger ängstlich sind.

Es ist nicht 100%ig sicher, ob Schüchternheit tatsächlich angeboren ist. Aber eines weiß man: Schüchterne Menschen haben es schwer die Schüchternheit loszuwerden. Neben den Genen können auch die Verhaltensweisen der Eltern auf den Nachwuchs abfärben. Das liegt einfach daran, dass wir uns alle an unseren Eltern orientieren.

Introvertiert oder schüchtern?

Ist das nicht das Gleiche? Nicht ganz. Schüchterne Menschen würden gern mehr mit anderen unternehmen und dazugehören. Introvertierte dagegen ziehen sich freiwillig zurück, wenn es ihnen zu viel wird. Introvertierte hören gern zu und überlegen länger als andere, bevor sie etwas zum Gespräch beisteuern. Das liegt nicht daran, dass sie dümmer sind. Sie wollen nur vermeiden, etwas Halbherziges zu sagen und durchdenken alles genau. Wohingegen Extrovertierte oft sprechen, bevor sie denken.

Beide sind gern von anderen umgeben, doch Introvertierte brauchen mehr Zeit für sich. Sie sind ab und an gern allein, denken nach und verarbeiten ihre Erlebnisse. Wer dagegen schüchtern ist, dem ist Kontakt zu anderen in den meisten Fällen unangenehm und anstrengend. Oft haben sie dann ein dumpfes Gefühl im Magen oder laufen rot an. Die andauernde Angst abgelehnt zu werden, bestimmt ihr Verhalten.

Was kann man gegen Schüchternheit tun?

Wie kann man seine Schüchternheit bloß überwinden? Wer schüchtern veranlagt ist, muss vor allem eines tun: Immer wieder aufs Neue seine Angst überwinden. Das hört sich natürlich einfach an, aber für schüchterne Menschen ist das eine wahre Anstrengung. Sich selbst mehr zuzutrauen und an sich zu glauben, ist ganz wichtig. Es sind nicht immer alle Augen mit kritischem Blick auf einen gerichtet, wie viele glauben.

Erfolge sind Erfolge und sollten auch als solche respektiert werden. Die gute Note kam nicht durch die Gnade des Lehrers oder gar durch Glück zustande, sondern durch die eigene Leistung. Kurz gesagt: Seid stolz auf eure Erfolge und versucht nicht so sehr darüber nachzugrübeln, was andere über euch denken könnten.

Wie gehe ich am besten mit Schüchternen oder Introvertierten um?

Wenn man jemanden nur oberflächlich kennenlernt, der zurückhaltend ist, kann schnell ein negativer Eindruck entstehen. Heute muss alles schnell gehen und Kommunikation ist sehr wichtig. Wer also lieber erst einmal den Mund hält und überlegt, was er sagen soll, der wird schnell übergangen oder als wenig engagiert abgestempelt. Das ist oftmals unfair und nicht gerechtfertigt, denn Schüchterne und Introvertierte sind nicht weniger bemüht oder intelligent als andere.

Das kennt ihr ja sicher aus der Schule, denn mündliche Mitarbeit spielt da eine große Rolle. Während viele direkt die Hand heben und losquatschen, überlegen andere lieber länger und dann ist die Chance sich zu melden auch schon vorbei. Schüchterne und introvertierte Klassenkameradinnen und -kameraden bekommen also meist auch schlechtere Noten für ihre Mitarbeit. Aufgrund dieser Erfahrungen sollte man auf keinen Fall versuchen, eine oder einen von ihnen in einen Extrovertierten umzumodeln.

Wenn Introvertierte oder Schüchterne erst einmal sprechen, sollte man sie nicht unterbrechen. Das ist unhöflich und gehört sich auch bei anderen nicht. Wenn man sie etwas fragt, sollte man auch nicht auf eine sofortige Rückmeldung bestehen, denn sie möchten oft lieber erst einmal über die Frage nachdenken und dann eine wohl überlegte Antwort geben. Und das schadet ja generell nicht.

 

Titelbild: ©iStock.com/miflippo

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