Bühne frei für den Elternabend!

Seit nunmehr 17 Jahren besucht Mama Henrike regelmäßig Elternabende. Das tut sie nicht ganz freiwillig. Allerdings, wer geht schon freiwillig zu Elternabenden? Außer vielleicht beim ersten Mal.

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Kaum sind die Sommerferien vorbei und die Urlaubsfotos sortiert, trudeln auch schon ganz bestimmte Einladungen ins Postfach, die nur Eltern kennen, die Kinder im schul- oder kindergartenpflichtigen Alter haben.

Die Rede ist von Einladungen zu Elternabenden. „Elternabend“, dieses Wort wirkt so unschuldig und verspricht so allerhand: ein lauschiges Stündchen mit einem Glas Wein und dem Ehemann, wenn die Kinder im Bett sind. Oder eine Veranstaltung, bei der Eltern zusammenkommen, und sich amüsiert über das Leben mit Kindern unterhalten. Aber wir Eltern wissen, ein „Elternabend“ hat nichts mit diesen Szenarien gemeinsam. Und niemals gibt es Wein!

Elternabend im Kindergarten und nirgends ein Stuhl, auf den mein Hintern passt

Auftakt im Kindergarten. Alle sitzen im Kreis, wenn man Glück hat, gibt es Stühle. Kleine zwar, aber immerhin. Ich saß schon auf Bodenmatten und trug ungünstiger Weise an diesem Tag einen engen Rock. Seitdem gehe ich nur noch in Jogginghosen zu Kitaterminen. Es wird die veränderte Gruppenstruktur zum neuen Kitajahr besprochen, dann geht es auch schon ans Eingemachte. Das Frühstück für die Kinder möge doch bitte zuckerfrei sein, Nutellabrötchen werden nicht so gern gesehen, weil dann die Kinder ohne Nutellabrötchen ihr eigenes zuckerfreies Frühstück verschmähen. Kurz erwäge ich, Brötchen mit Schokoaufstrich für alle Kinder als Vorschlag einzubringen und schweige dann aber doch lieber. Es wird angesprochen, dass die Elternarbeit ein zentraler Aspekt in der Gemeinschaft sei und wer denn bitte demnächst die Betten der Kinder abziehen könnte? Und im Garten helfen beim Herbstputz? Fenster putzen? So still wie in diesem Moment ist es eigentlich sonst nie bei Elternabenden. Dann beschwert sich eine Mutter über die Kommunikation. Sie erfahre nämlich nicht, was so los sei in der Kita und was tagsüber mit den Kindern gemacht würde. Das möchte sie schon gern wissen.

Mailverteiler, WhatsApp-Gruppe oder lieber Brieftaube?

Ich bringe mich konstruktiv ein, wie ich finde, und schlage vor, man könnte doch einen Mailverteiler einrichten, damit alle Eltern eine Monatszusammenfassung und einen weiteren Ausblick erhalten können. Das sei eine gute Idee, meinten daraufhin die Erzieherinnen und auch die informationsbedürftige Mutter. Aber, befand letztere, E-Mail sei so unsicher. Also ihre Mailadresse gebe sie nicht her! Sie hätte doch lieber gern regelmäßig einen Brief mit den Informationen. Damit ist das Thema ergebnislos vom Tisch.

Der wichtigste Punkt ist natürlich die Wahl zur Elternvertretung! Es gibt wie in jedem Jahr enthusiastische Bewerberinnen und Bewerber, von denen ich dann vermutlich das ganze kommende Jahr nichts mehr höre oder lese. Am Ende singen wir noch ein Lied (es wurden vorher Zettel mit dem Text verteilt), und ich weiß nicht, ob ich der einzige Mensch im Kitagruppenraum bin, dem dieser Teil am unangenehmsten ist. Ich habe mich im Übrigen fürs Bettenbeziehen gemeldet – als Einzige.

Wenn die Lehrkräfte aussehen wie Schülerinnen und Schüler – Elternabend in der Abiturklasse

In der Woche darauf dann der Elternabend am Gymnasium des großen Sohns.

Etwas finde ich verblüffend: Während in den Kitas die Erzieherinnen und Erzieher etwa im Alter der Eltern sind, habe ich auf dem Gymnasium mittlerweile den Eindruck, dass die Lehrerkräfte kaum älter als ihre Schülerinnen und Schüler sind.

Vorn stehen also drei junge, dynamische Menschen, die sich als Tutorinnen und Tutoren vorstellen und optisch den baldigen Abiturientinnen und Abiturienten ähneln, die sich in der Aula mitsamt ihren alten Eltern eingefunden haben. Gemeinsam lauschen wir, wie der Endspurt in Klasse 13 bis zum Abitur aussehen wird. Zugangskriterien und Punktesystem werden powerpointgestützt vorgestellt (das gehört hier zum guten Ton), einige Eltern schreiben fleißig mit, auch wenn die jugendlichen Tutorinnen und Tutoren versprechen, das Material würde über die Schülerschaft auch den Eltern zugängig gemacht. Ich schreibe auch mit, denn ich weiß, mein Sohn denkt an alles Mögliche, aber ganz sicher nicht daran, seiner armen, unwissenden Mutter irgendetwas aus der Schule zu erzählen. Er ist schließlich erwachsen.

Erwachsen, das ist ein gutes Stichwort, denn schon bald entbrennt in der Aula eine hitzige Diskussion, deren Ursprung sich mir nicht so ganz erschließt. Es geht darum, dass wohl in der Vergangenheit ein bestimmtes Fach nicht so gelehrt wurde, wie sich die Eltern das für ihre Kinder vorgestellt hatten. „Mein Kind hat aber gesagt …!“ –viele Sätze fangen an diesem Abend so an und ich stelle irritiert fest, dass die zumeist erwachsenen Schülerinnen und Schüler, von ihren Eltern genauso behandelt werden, wie die Vier- bis Sechsjährigen beim Kitaelternabend in der vergangenen Woche.

Demokratie beim Elternabend – Wahl der Elternvertretung

Bevor Fackeln und Mistgabeln gezückt werden können (manch Elternteil erhebt sich schon voll Rage von den unbequemen Stühlen), versprechen die Tutorinnen und Tutoren die gemeldeten Sorgen an die Schulleitung weiterzugeben und gehen zur Wahl der Elternvertretung über. Vier engagierte Väter melden sich und werden einstimmig gewählt. Ich kenne keinen einzigen der Kandidaten und hebe dennoch meinen Arm im entscheidenden Moment. Bettenabziehen und Elternarbeit sind hier kein Thema. Auch nicht der Inhalt der Brotbüchsen und zum Glück verteilt auch niemand Liedtexte.

Geschafft!

Ich mag keine Elternabende, sie hinterlassen bei mir ein seltsames Gefühl. Irgendwer meckert immer über die pädagogische Qualität, irgendwer findet stets, man sei doch mit ganz anderen Versprechungen geködert worden, damals, als man sich für die jeweilige Einrichtung entschieden habe.

Ich habe mir angewöhnt, im Nachhinein zu den Veranstalterinnen und Veranstaltern zu gehen und mich zu bedanken. Den Erzieherinnen und Erziehern in der Kita danke ich für ihr Engagement und den jugendlichen Tutorinnen und Tutoren im Gymnasium ebenso. Ich ernte jedes Mal überraschte und erfreute Reaktionen. Ich finde, trotz aller Probleme, mit denen wir uns in Kitas oder an Schulen konfrontiert sehen, sollten wir großen Respekt den Menschen entgegenbringen, denen wir die Bildung und Betreuung unserer Kinder anvertrauen – auch wenn die „Kinder“ schon Bartwuchs und Schuhgröße 44 haben.

Insgeheim stelle ich mir manchmal vor, wie die Veranstalterinnen und Veranstalter nach jedem bewältigten Elternabend eine Flasche Klosterfrau Melissengeist aus dem Lehrerpult ziehen und darauf anstoßen, dass sie jetzt ein halbes Jahr lang wieder ihre Ruhe haben.

Ich würde es verstehen!

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©Titelbild: G-Stock Studio/shutterstock.com

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