Die neuen PISA-Ergebnisse und warum ein anderer Blick nötiger wäre
PISA ist bekannt als weltweit größter Schulleistungstest. Am 3. Dezember wurden die PISA-Ergebnisse des Tests 2012 vorgestellt. Konnte sich Deutschland verbessern oder liegen wir weiterhin im Mittelmaß?
Der Durchschnitt ist bezwungen
Nach dem Schock, den die Studie 2000 hinterlassen hat, in dem das deutsche Ergebnis nicht mal an das Mittelmaß heran ragte, ist das Wort PISA nicht gerade Musik in unseren Ohren. Und wenn, dann klingt sie eher mystisch bedrohlich. Doch diesmal brauchen wir keine erneute Schockstarre befürchten – der große PISA-Berg, der seinen mahnenden Schatten über unser Bildungssystem warf, scheint überwunden. Wir sind quasi übern’ Berg – denn wir liegen erstmals in allen Bereichen über dem Durchschnitt. Ein Trend zeichnete sich in den vergangenen Jahren bereits ab, nicht zuletzt, weil es die Kultusminister nach dem PISA-Schock endlich geschafft haben, Schulreformen auf den Weg zu bringen, u.a. einheitliche Bildungsstandards für alle 16 Bundesländer (auch wenn das zunächst besser klingt als es später vermutlich aussehen wird).
Shanghai erzielte in allen drei der abgeprüften Bereiche die besten Ergebnisse. Umgemünzt bedeutet dies, einen mehrjährigen Lernvorsprung gegenüber dem Durchschnitt. In der Spitzengruppe ebenfalls vertreten sind u.a. Hongkong, Korea, Singapur, Japan, Lichtenstein, die Niederlande und die Schweiz.
Mathe, Naturwissenschaften und Lesen
In Mathematik erzielten deutsche Schülerinnen und Schüler insgesamt 514 Punkte, 20 Punkte mehr als der Durchschnitt. Verglichen mit 2003 ist das Ergebnis damit um elf Punkte verbessert worden. Hingegen gar nicht gut hat sich die Leistung der Mädchen gegenüber den Jungen entwickelt, welche sich in Mathematik weniger zutrauen. Dieser Abstand ist sogar noch größer geworden als 2003.
Im Bereich Naturwissenschaften wurden Ergebnisse erzielt, die mit jenen von Irland, Australien, Kanada, Vietnam, Liechtenstein, Macau (China), Polen und den Niederlanden gleich auf sind. Die oft in der Kritik stehende Lesekompetenz entwickelt sich stabil und schlägt mit einem Ergebnis von 508 Punkten zu Buche, 12 mehr als der Durchschnitt.
Alles in allem also eine solide Steigerung. Doch es gibt weiterhin ein großes Gefälle im Land, denn…
…die Herkunft entscheidet immer noch mit
Die Unterschiede in Deutschland zwischen den Schülerinnen und Schülern sind zu 17% auf deren sozio-ökonomischen Status zurückzuführen. Ein Wert, der leider immer noch über dem Länderdurchschnitt liegt. Dennoch sind es aber ganze neun Prozent weniger als 2003. Kinder aus Armen- oder Migrantenfamilien haben sich in der aktuellen Studie stärker verbessert im Vergleich zu den anderen. War Deutschland 2002 noch Vorreiter darin, unter den finanzstarken Ländern das ungerechteste zu sein, zeichnet sich hier langsam eine Kehrtwende ab. Dennoch ist zu bemerken, dass trotz des positiven Trends, jedem dritten Jugendlichen aus Migrantenfamilien die Grundkompetenzen in Mathematik fehlen, was einen doppelt so hohen Anteil ausmacht, wie bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund.
Was bringt uns PISA wirklich?
So, nun haben wir uns also wieder verbessert – großes Aufatmen, der Schock von 2000 ist (vorerst) aus Mark und Bein verflogen und das Bildungsrückgrad Deutschlands kann sich so langsam wieder aufrichten. Doch dieses Gefühl soll uns eine Studie vermitteln, in der die Gewinner ihre Kinder von sieben bis 22 Uhr in die Schule schicken, nachts Hausaufgaben machen lassen und am Wochenwende Nachhilfe aufdrücken, daraus ein Milliarden-Geschäft ziehen und der Freiheit, Kindheit und Freizeit ihrer Sprösslinge mit einer vehementen Ignoranz begegnen, aufgepeppt mit einer Extraportion Leistungsdrill?
Es sollte nicht Sinn und Zweck sein, Vorbilder zu etablieren, schon garnicht, wenn sie nicht als Maßstab fungieren können und sollten. Doch was machen diese Studien dann? Pisa, Iglu, Timms, Vera, Tosca, Kess und Co. reichen nicht, denn sie liefern uns nicht den notwendigen Blick auf Details, sie erklären nichts und was das Gravierendste ist, sie ignorieren die vorherrschenden Spezifika der einzelnen Länder – doch gerade hierzulande ist dies mehr als notwendig.
Der Frust, den die Studien hinterlassen, bleibt, trotz Steigerung, nämlich wegen dieser innerdeutschen Vergleiche. Warum lesen Schülerinnen und Schüler im Süden besser als im Norden und wieso kann der Osten so gut rechnen? Das sagt uns keiner, und schon gar nicht solche Studien. Der Blick ins Detail und auf die Beteiligten fehlt. Der Unterricht der Lehrkräfte, das Lernen der Kinder und das Unterstützen der Eltern sollte mehr in den Fokus der Untersuchungen rücken und das heißt auch, den Blick nach Innen statt rund 9.000 km Luftline weiter zu richten, wo Bedingungen herrschen, die wir hier nicht verantworten können und wollen. Bayern und Sachsen, unsere Vorzeigeländer, haben auch gute Schulen und sicher nicht nur dort ‒ das zeigt uns dieses Ergebnis ja zumindest.
Titelbild: ©iStock.com/pumaknight
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Was soll man eigentlich von einer Nachhilfe-Webseite halten, die nicht einmal richtiges Deutsch beherrscht? ‚SchülerInnen‘ ist kein korrektes Deutsch, das Wort gibt es nicht, es ist allenfalls Dummdeutsch. Die Mehrzahl von ‚Schüler‘ ist ‚Schüler‘ und ein Schüler ist jemand, der eine Schule besucht – völlig unabhängig vom Geschlecht.
So werden wir wohl nie weit über das Mittelmaß hinauskommen und uns weiterhin einreden, dass Bildung nicht sooo wichtig sei.
Mit Ihrer Anmerkung, dass die Verwendung des großen I im Wortinnern (Binnen-I) nicht den orthographischen Regeln der deutschen Rechtschreibung entspricht, liegen Sie richtig. Dass alle Schüler einer Schule prinzipiell mit „Schüler“ angesprochen werden, entspricht wiederum nicht der höflichen und eindeutigen Variante der sprachlichen Gleichstellung beider Geschlechter. Hier verwenden wir, um dem in unserem Magazin Rechnung zu tragen, die Doppelnennung, sprich Schülerinnen und Schüler, was in diesem Artikel leider nicht in aller Gänze vollzogen wurde. Uns vor diesem Hintergrund ein „Dummdeutsch“ zu unterstellen, möchten wir hier unkommentiert lassen, da das wiederum nicht zum guten Ton gehört.
‚Ein Schüler‘ ist ebenso geschlechtsunspezifisch wie ‚ein Bürger‘ oder ‚ein Einwohner‘. Mit der Anrede ‚Liebe Eltern, liebe Schüler‘ sind selbstverständlich alle Eltern und Schüler gemeint und deshalb hinreichend höflich. Und bei der Durchsage, dass alle Schüler bitte die Schule verlasen sollen, weil sie in Brand steht, werden die Mädchen gewiss nicht auf ihren Stühlen sitzen bleiben.
Im Deutschen hat nun mal leider jedes Subjekt einen bestimmten Artikel. Daraus, dass es ‚der Einwohner‘, ‚der Schüler ‚ etc heißt, den Schluss zu ziehen, dass es sich um männliche Einwohner, Schüler etc handelt, ist ebenso töricht wie zu folgern, dass ‚der Gast‘, ‚der Mensch‘ biologisch männlich sein müssen. Im Englischen ist eine Frau selbstverständlich ein ‚teacher‘ oder ein ‚officer‘ und mir ist nicht bekannt, dass sich dadurch irgend eine Frau beleidigt oder benachteiligt fühlt.
DIe unsinnige künstliche Unterscheidung zwischen ‚Schüler‘ und ‚Schülerin‘ führt – konsequent angewandt auf Schüler, Lehrer, Politiker, Wissenschaftler usw. – zu umständlichen und schwer verständlichen Texten und nützt niemandem.
Der Wahn, aus dem grammatikalischen Genus auf das biologische Geschlecht zu folgern, ist für mich Dummheit und führt zu wahrhaft dummen Sätzen: O-Ton Renate Künast: „.. der Gesetzgeber und die Gesetzgeberin haben beschlossen… ‚ (Und das von einem Mitglied des Bundestags!)
Wie falsch die Aufteilung in biologische Geschlechter ist, können Sie ermessen, wenn Sie versuchen, den Satz „Petra und Julia sind die besten Schüler ihrer Klasse“ auf politisch-korrekt-Deutsch zu formulieren.