Über das Leben mit einem schwulen Papa

Anna-Lena war 13, als sie erfuhr, dass ihr Vater schwul ist. Das ist nun zehn Jahre her. Wie ist es, einen schwulen Papa zu haben?

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Mama – Papa – Kind

Wir waren die typische kleine Familie: Mama – Papa – Kind. Wir wohnten zuerst in einem Dorf, dann in einer kleineren Stadt. 13 Jahre lang wuchs ich in dieser Konstellation auf. Ich hatte eine sehr schöne Kindheit. Dann riefen mich eines Abends meine Eltern ins Wohnzimmer und sagten, dass sie sich trennen werden. Weil Papa gemerkt hat, dass er schwul ist. Da hatten meine Eltern schon fast zwölf Monate voller Ängste, Zweifel, Neuorientierung und Entscheidungsfindung hinter sich.

Etwas Endgültiges

Die Nachricht traf mich wie ein Schlag. Dabei stand für mich immer die Tatsache, dass meine Eltern sich trennen werden, im Mittelpunkt. Ich hatte nie geglaubt, dass sie einmal auseinandergehen. Da war das Schwulsein meines Vaters doch irgendwie eine logische Begründung. Das hatte etwas Endgültiges und ich musste mich nicht noch mit Unklarheiten, Unsicherheit oder Hoffnung auf ein Doch-wieder-Zusammenkommen meiner Eltern herumschlagen.

Neues Familienleben

Natürlich hat sich unser Familienleben nach dem Outing und der Trennung sehr verändert: Als mein Papa auszog, lebte ich zusammen mit meiner Mama in unserem Haus. Wir stritten in dieser Zeit sehr häufig. Ich war in der Pubertät und wollte meine Ruhe, meine Mama jemanden zum Reden. Deshalb entschied ich mich, zu meinem Papa zu ziehen und Mama an den Wochenenden zu besuchen. Seit dieser Entscheidung hat sich unser Mutter-Tochter-Verhältnis wieder entspannt und wir haben zueinandergefunden.

Das Schwulsein meines Vaters

Ich habe anfangs nur meiner besten Freundin vom Schwulsein meines Vaters erzählt. Mein weiteres Umfeld wusste zunächst nur von der Trennung meiner Eltern. Doch durch ihre positive Reaktion habe ich recht schnell Mut gefasst, auch meinen anderen Freunden davon zu erzählen. Ich habe dabei nie Anfeindungen oder Diskriminierungen erlebt. Nur manchmal, wenn ich Freunde eingeladen hatte, habe ich gemeinsame Fotos von Papa und seinem Freund versteckt. Nicht, weil ich mich geschämt habe, sondern weil ich einfach einen Abend verbringen wollte, an dem die Homosexualität meines Papas nicht thematisiert wurde.

Ich bin nicht allein – Ihr seid nicht allein!

Sehr geholfen hat mir damals der Kontakt zu der Tochter des Freundes meines Vaters. Ich war froh, mich mit ihr austauschen zu können und zu wissen, dass ich mit dieser Situation nicht alleine war und bin. Deshalb habe ich angefangen, über das Leben mit einem schwulen Papa zu bloggen. So konnte ich Kinder, Väter und auch Ehefrauen erreichen und ihnen sagen: „Ihr seid nicht allein!“
Die Notwendigkeit des Blogs zeigt, dass die gleichgeschlechtliche Liebe noch nicht die Anerkennung und Akzeptanz in Deutschland hat, die sie eigentlich verdient. Erst kürzlich hat die Entscheidung Irlands für die „Homo-Ehe“ und das Urteil des Supreme Courts in den USA in Deutschland die Debatte um die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren neu entfacht. Dass dies überhaupt diskutiert werden muss, finde ich schade. Alle Menschen, die sich gegen die gleichgeschlechtliche Liebe stellen, will ich daher fragen:

Wer entscheidet in der Liebe über richtig und falsch?

Wer entscheidet in der Liebe über richtig und falsch? Diese Entscheidung trifft doch keine Regierung und auch keine Religion, sondern jeder für sich selbst. Deshalb ist es nicht relevant, ob es eine „Mehrheit“ für die Homo-Ehe in Deutschland gibt oder nicht. Die Liebe meines Vaters zu seinem Freund ist nicht weniger wert, als seine frühere Liebe zu meiner Mutter. Die Möglichkeit sich ein Versprechen zueinander mit all den Rechten und Pflichten der Ehe geben zu können, muss jedem freistehen.

Zehn Jahre sind nun seit der Trennung meiner Eltern vergangen. Eine lange Zeit, die einerseits quälend langsam und andererseits rasend schnell vergangen ist. Ja, wir hätten eine kleine ‚heile‘ Familie bleiben können, hätte mein Vater mit 38 Jahren nicht den Mut besessen, sich zu outen. Und ja, mein Vater hätte früher merken können, dass er gar nicht auf Frauen steht. Als ich ihn einmal damit konfrontierte, antwortet er nur: „Dann hätte es dich ja nicht gegeben!“

Über die Autorin

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Anna-Lena

Anna-Lena ist 23 und wohnt in Frankfurt am Main. Vor zehn Jahren trennten sich ihre Eltern, weil ihr Vater merkte, dass er schwul ist. Über das Leben mit einem schwulen Papa bloggt sie auf papaistschwul.com.

Titelbild: © fastfun23/shutterstock.com

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