1000-Wort-Challenge: spannend für den Unterricht?

Wie läuft Unterricht ab, wenn die Lehrkraft nur 1000 Worte zur Verfügung hat? Die 1000-Wort-Challenge soll die Schülerpartizipation steigern und klare Arbeitsaufträge schaffen.

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Der alltägliche Sprachgebrauch

Laut einer Untersuchung der University of Arizona sprechen Menschen pro Tag durchschnittlich 16.000 Wörter. Dabei gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Geschlechtern. Lehrkräfte unterliegen besonderen Voraussetzungen, da sie fast täglich vor Menschen sprechen, erklären und anleiten müssen.

Bereits 1960 sollten Lehrkräfte in einer Interaktionanalyse des deutschen Psychologen Reinhard Tausch das Verhältnis ihres Sprechanteils zu dem der Schülerinnen und Schüler einschätzen. Bei einer 40-minütigen Unterrichtsstunde schätzten Lehrkräfte, dass sie im Durchschnitt 258 Wörter sprechen. Den Schülerinnen und Schülern räumten sie sogar 386 Wörter ein. Tatsächlich waren es 3123 zu 2179 Wörter. Damit sprachen die Lehrkräfte nicht nur mehr als die Schülerinnen und Schüler. Die Selbstwahrnehmung lag um mehr als das Zehnfache über dem tatsächlichen Wert. Hochgerechnet auf einen normalen Arbeitstag dürfte damit auch die Anzahl der Wörter bei Lehrkräften um einiges über dem Otto-Normal-Durchschnitt liegen. Die Frage ist: Hilft es den Schülerinnen und Schülern – aber auch den Lehrkräften – wenn sie jeden Tag mit so vielen Impulsen konfrontiert werden? In die Zählung der Wörter fließt dabei nicht nur der Frontalvortrag der Lehrkraft oder die Erläuterung von Arbeitsaufträgen ein. Auch Ermahnungen sind ein täglicher Bestandteil des Wortpensums von Lehrerinnen und Lehrern.

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1000-Wort-Challenge: Unterricht neu denken

Um den Unterricht weg vom Frontalvortrag mit Ermahnungen hin zum schülerzentrierten Arbeiten zu lenken, schlägt Chris DeRemer die 1000-Wort-Challenge vor. Der US-Lehrer rief im März 2019 per Twitter und via eSchool News dazu auf. Neun Minuten dauere es laut DeRemer, um 1000 Wörter auszusprechen. Bleiben noch 36 weitere Minuten pro Unterrichtsstunde, die mit Inhalten gefüllt werden können – mit Schülervorträgen, Diskussionen, Projektarbeiten oder erschließendem Arbeiten. Mithilfe von nur 1000 Wörtern soll es Lernenden gelingen, ein tieferes Verständnis des Stoffes zu erreichen. Gleichzeitig soll die Menge an ablenkenden Impulsen für die Schülerinnen und Schüler verringert werden.

Weniger Wörter – mehr Planung

Vorgabe der Challenge ist es, dass sich Lehrkräfte im Frontalunterricht sowie in der Unterweisung auf 1000 Wörter pro Unterrichtseinheit beschränken. Vom Wortlimit ausgenommen sind Einzelgespräche oder Absprachen in Kleingruppen, um Verständnisprobleme zu lösen.

Damit sind jedoch gleichzeitig ein hohes Maß an Planung sowie klar formulierte Aufgabenstellungen erforderlich. Letztere sollten so gestaltet sein, dass die Schülerinnen und Schülern ins selbstständige Erschließen und Präsentieren von Ergebnissen kommen.

Durch die Begrenzung auf 1000 Wörter pro Unterrichtsstunde will DeRemer erreichen, dass Lehrkräfte nicht nur die Unterrichtsplanung stärker in Richtung Schülerpartizipation lenken, sondern auch regulierendes Verhalten, wie Hinweisen auf Störungen, anders umsetzen, z. B. über Klassenzimmerregeln. Er glaubt dabei an die Kraft des gemeinschaftlichen Verantwortungsgefühls der Lernenden: Wer gemeinsam Regeln für das Miteinander im Klassenzimmer aufstellt, will diese auch umsetzen.

Fokus auf das Wesentliche

Um eine klar strukturierte Aufgabenstellung ohne viele Worte umsetzen zu können, müssen die Schülerinnen und Schülern drei Punkte vorab wissen:

  1. Was ist das Lernziel der Stunde?
  2. Wie laute die konkrete Aufgabenstellung?
  3. Wie sieht die Agenda für die Stunde aus?

DeRemer schlägt vor, dass die Lehrkraft den Einstieg in die Stunde gestaltet. Dabei werden die oben genannten Fragen mündlich geklärt. Zusätzlich sollte der Arbeitsauftrag auch schriftlich ausformuliert werden. So können die Schülerinnen und Schüler jederzeit darauf zurückgreifen und sich gegenseitig überprüfen. Dabei übernehmen die Lernenden gleichermaßen die Rolle der Überprüfenden und Feedbackgebenden für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. In Kleingruppen können sie Gedanken und Arbeitsergebnisse teilen.

Regeln für das Klassenzimmer und Werkzeug zum selbstständigen Arbeiten

Gleichzeitig sollten die Kinder und Jugendlichen darauf achten, dass sich das Klima im Klassenzimmer produktiv auf ihr Arbeitsverhalten auswirkt. Auch dabei kann die Lehrkraft Worte sparen. Gemeinsam erarbeitete Klassenzimmerregeln, die gut sichtbar aushängen, klären die Verhaltensweisen. Daneben sollten Bastelutensilien und Tools, die sich die Schülerinnen und Schüler selbstständig herausnehmen bzw. anwenden können, zur Verfügung stehen.

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Titelbild: © kikovic/shutterstock.com