45 Länder – eine Schule: „Als rein digitale Schule ist die Digitalisierung das Fundament unserer Arbeit.”

Interview mit Sascha Berner, Mitgründer und Schulleiter der Wilhelm von Humboldt Online Schule

Die Wilhelm von Humboldt Online Schule mit Sitz in Costa Rica ist eine digitale Schule, die Grundschule und Gymnasium umfasst. Mit mehr als 300 Schüler*innen weltweit bietet die Privatschule insbesondere deutschsprachigen Familien im Ausland eine flexible Möglichkeit, eine anerkannte deutsche Schulbildung zu erhalten – und das ausschließlich via Online-Unterricht. Die Schule richtet sich an Familien, die aufgrund beruflicher oder persönlicher Umstände eine mobile Bildungsform benötigen, sei es auf Reisen, im Ausland oder in Regionen ohne Zugang zu einer deutschen Schule.

Sascha Berner, Mitgründer und Schulleiter der Wilhelm von Humboldt Online Schule

Herr Berner, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns Ihre Online-Schule näher vorzustellen. Es ist besonders spannend zu erfahren, wie Sie digitale Inhalte – allen voran die sofatutor-Plattform – an Ihrer Schule einsetzen. Zuerst einmal würde mich aber interessieren, was genau Ihre Schule auszeichnet und wie man sich die Schülerschaft an Ihrer Schule vorstellen kann?

Die Wilhelm von Humboldt Online Schule ist eine rein digitale Schule mit Sitz in Costa Rica, die Grundschule und Gymnasium umfasst. In dieser Form sind wir unter den deutschen Schulen einzigartig. Wir unterrichten etwas mehr als 300 Schülerinnen – vorwiegend deutschsprachige Kinder im Ausland. Viele von ihnen stammen aus Familien, die aus beruflichen oder privaten Gründen ins Ausland gezogen sind und ihren Kindern weiterhin einen deutschen Schulabschluss ermöglichen möchten, aber keine deutsche Schule vor Ort haben. Für viele ist es eine Erleichterung, in einer gewohnten Sprache unterrichtet zu werden, besonders wenn ein Umzug erst kürzlich erfolgt ist und nicht sicher ist, wie lange die Familie im jeweiligen Land bleibt. Unsere Schülerinnen leben auf der ganzen Welt, vor allem in Europa und im amerikanischen Raum, und einige Familien sind sogar auf Segelbooten oder in Wohnmobilen unterwegs. Lehrkräfte und auch Schüler*innen kommen aus schätzungsweise 45 Ländern.

Das klingt nach einer tollen Möglichkeit, verschiedene Lebenskonzepte mit einer guten Schulbildung zu vereinbaren. Können Sie uns etwas über die Entstehungsgeschichte Ihrer Schule erzählen?

Ich habe selbst in Deutschland als Lehrer gearbeitet und war auch Schulleiter – und das mit Herz und Leidenschaft! Mein Partner und ich hatten dann jedoch den großen Traum, nach Costa Rica auszuwandern, bis wir es dann im Februar 2019 endgültig gewagt haben. Die Idee mit der Online-Schule kam uns ein gutes Jahr später, nämlich im Frühjahr 2020. Wir haben uns gefragt: „Was machen eigentlich Familien, die, ähnlich wie wir, z.B. um ihren Traum zu verwirklichen oder aus beruflichen Gründen ins Ausland gehen möchten oder müssen, jedoch keine passende Schule für ihre Kinder vor Ort vorfinden?“ Damit war klar: Wir möchten eine Schule gründen, die es Familien ermöglicht, auch in einer globalisierten Welt zusammenbleiben zu können, ohne dass die schulische Ausbildung darunter leidet. In vielen Ländern gibt es bereits etablierte Online-Schulen, und wir wollten eine solche Möglichkeit auch für deutsche Kinder schaffen. Die Gründung war allerdings nicht einfach: Es gab anfangs keine offizielle Struktur oder Regelung für eine deutsche Online-Schule, sodass wir lange nach passenden Ansprechpartnern suchen mussten. Inzwischen arbeiten wir mit verschiedenen Ämtern und Ministerien zusammen, um unseren Schüler*innen eine fundierte und anerkannte Ausbildung zu ermöglichen – und das von Costa Rica aus.

Wie ist die Verwaltung Ihrer Schule organisiert?

Mein Partner, Lars und ich teilen uns die Aufgaben der Schulleitung: Er ist vor allem für die Außenkommunikation, Erstgespräche mit Eltern sowie administrative Belange zuständig. Ich kümmere mich schwerpunktmäßig um die pädagogische Leitung und den Unterrichtsalltag.

Und wie kann man sich eine typische Unterrichtswoche an Ihrer Schule vorstellen?

Unser Unterricht beginnt immer um 14 Uhr deutscher Zeit, sodass unsere Schüler*innen aus unterschiedlichen Zeitzonen innerhalb einer komfortablen Uhrzeit teilnehmen können. Das bedeutet, dass einige Schüler morgens unterrichtet werden, während es für andere bereits Nachmittag ist. Der Unterricht findet ähnlich wie an einer klassischen Schule nach einem festen Stundenplan statt. Somit ist der Schulalltag zwar strukturiert, aber flexibel genug, um auf die Bedürfnisse der einzelnen Lernenden einzugehen. On top spielen natürlich Gruppenarbeiten, digitale Tools und interaktive Lernformate eine große Rolle.

Gibt es auch Herausforderungen, die Sie bei der digitalen Schulorganisation festgestellt haben?

Die technische Umsetzung war anfangs nicht so einfach, aber mittlerweile läuft unser System stabil. Wir mussten für sämtliche Belange passende Tools finden, um den Schulalltag so optimal wie möglich abbilden zu können – von Unterricht, über Austauschmöglichkeiten, hin zu Schulbüchern und Schulveranstaltungen. Die größere Herausforderung liegt jedoch eher in der pädagogischen Begleitung: Wir müssen sicherstellen, dass die Schüler*innen trotz der digitalen Distanz motiviert bleiben und aktiv am Unterricht teilnehmen.

Lassen Sie uns darauf näher eingehen. Die Schüler*innen Ihrer Schule sitzen weder in einem physischen Klassenraum noch haben sie direkten Kontakt zu ihren Klassenkameraden. Wie gelingt es Ihnen, trotz der digitalen Distanz ein starkes Gemeinschaftsgefühl unter den Schülerinnen und Schülern aufzubauen?

Wir legen großen Wert auf eine enge Klassengemeinschaft. Neue Schüler*innen werden durch Gespräche mit Lehrkräften und Vorstellungsrunden integriert. Außerhalb der Unterrichtszeiten organisieren wir gemeinsame Aktivitäten wie Videoabende, virtuelle Events, Projektarbeiten und AGs. Zudem sind wir alle in einem Austauschforum vernetzt – vergleichbar mit der Kommunikation in Unternehmen über Slack. Dort gibt es separate Chatforen für einzelne Klassen, Fachschaften und das Lehrerinnenzimmer. Doch nicht nur Schülerinnen und Lehrkräfte sind miteinander verbunden, auch die Eltern sind aktiv in den Austausch eingebunden. Ehrlich gesagt, fühle ich mich dieser Schule und der Gemeinschaft stärker zugehörig als an den Präsenzschulen, an denen ich zuvor als Lehrkraft tätig war.

Um nochmal auf das Thema digitale Tools zurückkommen: Können Sie uns einmal einen Einblick geben, welche Rolle diese in Ihrer Schule spielt?

Als rein digitale Schule ist die Digitalisierung das Fundament unserer Arbeit. Wir nutzen kaum analoge Materialien. Unser zentrales Tool ist Microsoft Teams, in dem der gesamte Schulalltag organisiert wird. Darüber hinaus setzen wir verschiedene digitale Bildungsangebote ein, unter anderem von Verlagen und EdTech-Unternehmen wie sofatutor. Wir wollen uns hier breit aufstellen, um qualitativ hervorragenden Online-Unterricht anbieten zu können.

Wie genau nutzt Ihre Schule sofatutor?

sofatutor wird bei uns in verschiedenen Klassenstufen und Fächern eingesetzt. In der Grundschule ergänzen Lernpfade die Wochenplanarbeit. In der Mittelstufe arbeiten wir dann hauptsächlich mit einem Flipped-Classroom-Ansatz: Konkret bedeutet das, dass die Schüler*innen mithilfe der sofatutor-Videos die Grundlagen erarbeiten, sodass wir im Unterricht vertiefend darauf aufbauen können. In der 10 Klasse dient sofatutor zur gezielten Aufarbeitung individueller Lücken, während es in der Oberstufe als ergänzendes Medium zur Wiederholung und Vertiefung genutzt wird.

Welche Funktionen oder Inhalte von sofatutor finden Sie besonders hilfreich?

Besonders wertvoll ist die Kombination aus strukturierten Lernvideos, interaktiven Übungen und Arbeitsblättern. Die Kollegen nutzen die Videos nicht nur zur Wissensvermittlung, sondern auch als Beispiel für eigene Erklärungen. Zudem bieten die interaktiven Übungen den Kindern direktes Feedback, was ihnen mehr Sicherheit in den weiteren Unterrichtsphasen gibt.

Gibt es konkrete Lernerfolge, die Sie auf den Einsatz von sofatutor zurückführen können?

Es ist schwer, den Lernerfolg direkt auf ein Tool zurückzuführen, da digitales Lernen immer in einen didaktischen Kontext eingebettet ist. Wir beobachten aber, dass Schüler*innen, die aktiv mit sofatutor arbeiten, mehr Sicherheit in der Anwendung des Gelernten haben. Wir beobachten übrigens auch, dass sich viele Eltern darüber freuen, dass wir mit sofatutor an unserer Schule arbeiten. Besonders Eltern, die zuvor eine Heimbeschulung gemacht haben, sind mit dem Angebot vertraut und schätzen die Struktur, die sie schon vorher kannten.

Was würden Sie anderen Schulen raten, die digitale Tools stärker nutzen möchten?

Der wichtigste Tipp ist, klein anzufangen und die Lehrkräfte sowie Schüler*innen schrittweise an digitale Methoden heranzuführen. Es braucht Geduld, klare Kommunikation und eine gute technische Infrastruktur. Und ganz wichtig: Man muss den Mut haben, neue Ansätze einfach auszuprobieren und die Lehrkräfte bei der Wahl ihrer Unterrichtsmaterialien, die eben auch digital sein können, mehr Autonomie zusprechen.