“Für binnendifferenzierten Unterricht sind digitale Unterrichtsinhalte Gold wert”
Interview mit Lehrkraft Ugur Yasar, Neues Gymnasium Rüsselsheim in Hessen.
Das Neue Gymnasium Rüsselsheim in Hessen unterrichtet 1.100 Schüler*innen in den Klassenstufen 5-13. Dabei legt die Schule besondere Schwerpunkte auf die Bereiche digitale Bildung, MINT, Inklusion und individuelle Begabtenförderung und wurde für seine innovativen pädagogischen und didaktischen Konzepte mehrfach ausgezeichnet.
Herr Yasar, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mit uns darüber zu sprechen, wie Sie digitale Inhalte und die sofatutor Plattform im Konkreten an Ihrer Schule nutzen. Sie sind Mathelehrer an einem Gymnasium in Hessen. Digitalisierung ist ja generell ein großes Thema an vielen Schulen. Wie steht Ihre Schule insgesamt da?
Ja, das stimmt. Digitalisierung ist ein Thema, das uns täglich im Schulalltag über den Weg läuft. Ich würde generell sagen, dass unsere Schule gut aufgestellt ist. Unsere Ausstattung ist modern – wir haben Tablet-Klassen in der Oberstufe und ein Buchungssystem, mit dem mehrere Klassen gleichzeitig Geräte nutzen können. Außerdem gibt es bei uns digitale Unterrichtstage im Jahr, an denen die Lehrkräfte bewusst digitale Methoden in den Fokus rücken. Trotzdem bleibt es eine Herausforderung, alle Kolleg*innen für diese Möglichkeiten zu begeistern. Einige setzen weiterhin auf traditionelle Materialien, was auch in Ordnung ist. Digitalisierung ist ein Prozess, und nicht jeder macht die Schritte im gleichen Tempo.
Sie setzen an Ihrer Schule verschiedene digitale Lernplattformen, unter anderem auch sofatutor, ein. Wie sieht das in der Praxis aus?
Lassen Sie mich ein Beispiel geben: In vielen Stunden lassen die Lehrkräfte oft an ihren Tablets selbstständig mit digitalen Materialien arbeiten. Besonders in diesen Settings merkt man, wie flexibel sich solche Tools einsetzen lassen. Es gibt nicht mehr ein Arbeitsblatt für alle, sondern die Lehrkräfte können online schnell und mit weniger Aufwand verschiedenen Schwerpunkte setzen – je nachdem welche*r Schüler*in, welchen Lernstand hat.
Natürlich hängt die Nutzung auch stark von der Offenheit der Lehrkräfte ab – einige Kolleg*innen probieren gerne neue Dinge aus, während manche lieber auf altbewährte Methoden setzen. Aktuell nutzen etwa 20–30 % der Lehrkräfte sofatutor aktiv.
Was denken Sie: Wie und warum funktionieren sofatutor und andere digitale Materialien in unteren und mittleren Klassen?
Die Inhalte für diese Altersstufen sind oft sehr anschaulich und kindgerecht gestaltet. Kinder lernen oft einfacher, wenn verschiedene Sinne angesprochen werden, sie also hören, sehen und begreifen können. Zudem sind Erklärungen und Aufgaben so gehalten, dass auch Kinder mit Lernschwierigkeiten mitkommen. Es geht nicht darum, den Unterricht zu ersetzen, sondern zusätzliche Hilfen anzubieten. Besonders im Bereich der Binnendifferenzierung – also der individuellen Förderung innerhalb einer Klasse – sind digitale Lösungen wie sofatutor Gold wert.
Gibt es Momente, in denen Sie merken: „Genau deshalb brauchen wir digitale Tools für den Unterricht“?
Absolut. Ein gutes Beispiel ist die Vorbereitung auf Klassenarbeiten. Wenn sich Schüler*innen unsicher fühlen, können sie darüber zusätzliche Übungen machen. Hier sehe ich, wie digitale Tools den Kindern mehr Struktur und Selbstvertrauen geben. Es gibt auch Momente, in denen ich merke, dass manche Inhalte durch Videos oder interaktive Übungen einfach besser verstanden werden als durch die klassische Lehrmethode. Vor allem die Eltern bestätigen uns immer wieder, wie sehr diese Möglichkeiten geschätzt werden.
Die Kinder haben eine höhere Lernmotivation, wenn sie mit sofatutor arbeiten. Besonders diejenigen, die gezielt üben möchten, profitieren messbar.
Quelle: Wirksamkeitsstudie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FIBS) durchgeführt gemeinsam mit dem renommierten Jugendforscher und Senior Expert FIBS Prof. Dr. Klaus Hurrelmann sowie Trimion applied social research. Hierfür wurden zwischen November und Dezember 2023 insgesamt über 6.600 Personen (1.890 Lehrkräfte, 1.345 Schüler*innen und 3.406 Eltern) zur Nutzung und Wirkung von sofatutor befragt.
Nun ist ja die Finanzierung solcher Angebote oft ein Diskussionsthema. Wie lösen Sie das an Ihrer Schule?
Das ist tatsächlich eine Herausforderung, die wir mit einer Mischung aus Fördergeldern und Elternbeiträgen angehen. Förderprogramme wie „Löwenstark“ helfen uns, gerade die Kinder zu unterstützen, die zusätzliche Förderung benötigen. Das Programm ist jedoch zuletzt ausgelaufen. Seit 2024 finanzieren es die Eltern nun selbstständig.
Der Unterricht hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Was beobachten Sie in Bezug auf die Lernbedürfnisse Ihrer Schüler*innen?
Die Lernbedürfnisse sind definitiv vielfältiger geworden. Viele Kinder brauchen klarere, einfachere Erklärungen. Gleichzeitig fehlt es manchen an grundlegenden Kompetenzen – gerade in Mathematik oder beim Verstehen von Texten. Mit digitalen
Inhalten können wir gezielt an diesen Schwächen arbeiten und gleichzeitig Stärken fördern. Die Herausforderung liegt aber darin, den Unterricht so zu gestalten, dass alle Kinder mitkommen, auch wenn die Unterschiede in einer Klasse groß sind.
Was würden Sie anderen Schulen raten, die den Einsatz digitaler Tools ausbauen möchten?
Ich beobachte häufig, dass Kolleg*innen, die für ein bestimmtes digitales Angebot brennen, das auch in die Fach- und Schulkonferenzen einbringen. Das ist ein guter Anfang. Der wichtigste Tipp ist, klein anzufangen und alle Beteiligten mit ins Boot zu holen – von den Lehrkräften über die Eltern bis zu den Schüler*innen. Es braucht Geduld und eine klare Kommunikation, damit niemand überfordert wird. Natürlich muss auch die technische Ausstattung stimmen und Lehrkräfte sollten die Zeit bekommen, sich in die neuen Möglichkeiten einzuarbeiten. Und vielleicht am wichtigsten: Man darf sich nicht scheuen, einfach mal etwas auszuprobieren.
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