Monika Heusinger: Vom Lehren in der Postkreidezeit

Als Französisch- und Spanischlehrerin lässt Monika Heusinger ihre Schülerinnen und Schüler in fremde Sprachwelten abtauchen. Sie findet, Tablets können motivieren und den Unterricht voranbringen.

So klappt's mit dem Lernen – jetzt im Video anschauen!

Lehrerinnen und Lehrer, die mehr über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von mobilen Geräten erfahren wollten, trafen sich 2017 auf der mobilen Schule in Oldenburg zum Erfahrungsaustausch. In Workshops und Keynotes berichteten Pädagoginnen und Pädagogen von ihren besten Lehrerfahrungen. Auf unserer EduCouch sprachen wir mit vier Teilgeberinnen und Teilgebern über ihre Ansätze zum digitalen Lehren und Lernen: Monika Heusinger, André Hermes, Anselm Sellen und Richard Heinen.

Hinweis der Redaktion

2020: Wir kondolieren den Angehörigen und dem Freundeskreis von Frau Heusinger-Lahn. Aus Respekt vor ihrer Arbeit und ihrem Engagement möchten wir dieses Interview mit ihr aus dem Jahr 2017 weiterhin öffentlich zugänglich halten. / Die Redaktion

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Monika Heusinger ist Studiendirektorin für die Fächer Spanisch und Französisch am Otto Hahn Gymnasium in Saarbrücken, Fachleiterin für das Fach Spanisch am Staatlichen Studienseminar des Saarlandes für die Sekundarstufen I und II an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen sowie teilabgeordnete Dozentin für Fachdidaktik Spanisch an der Universität des Saarlandes. Auf ihrem Blog „Lernen in der Postkreidezeit“ hält sie die besten Projektbeispiele aus dem individualisierten Fremdsprachenunterricht fest.

Monika, wie gestaltet sich das „Lehren in der Postkreidezeit“ in deinem Berufsalltag?

Monika Heusinger: „Bei uns ist es so, dass wir schuleigene Tablets haben. Diese können je nach Bedarf ausgeliehen werden. Als Lehrerinnen und Lehrer überlegen wir dann, wie die digitalen Medien und Tablets die Lernprozesse unterstützen und fördern können. Wir setzen sie dort ein, wo es didaktisch sinnvoll ist. Also, wo es eine Begründung gibt, z. B. dass es wirklich motivierend ist und Lernprozesse optimal gefördert werden.“

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Gibt es besondere Kriterien, an die du dich in der Gestaltung des Unterrichts mit digitalen Medien hältst?

Monika Heusinger: „Absolut gar nicht. Gerade in der Methodenvielfalt und der Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten liegt das Potenzial. Manchmal ist es sehr motivierend am Anfang ein kurzes Spiel zu machen, um die bisher erarbeiteten Inhalte zu wiederholen. Das begeistert und bringt Dynamik in die Stunde! Manchmal machen wir auch ein ganzes Projekt mit Tablets. Ab und zu auch mal eine Lernerfolgskontrolle am Schluss. Das ist ganz unterschiedlich. Für mich ist es auch wichtig, um diese Vielfältigkeit zu erhalten. Wenn es immer dasselbe Ritual ist oder nur zu bestimmten Momenten eingesetzt wird, wirkt es schnell monoton, langweilig und ist nicht mehr effektiv.“

Du hast dich irgendwann dazu entschlossen, mobile Endgeräte und Softwares im Fremdsprachenunterricht einzusetzen. Was war deine erste Idee, um das durchzuführen?

Monika Heusinger: „Ohje, das ist schon ganz lange her! Als ich selbst noch studierte, hatten wir ein Selbstlernlabor an der Uni. Ich war dort wissenschaftliche Mitarbeiterin und gab Tutorien, wie man damals damit arbeiten konnte. Natürlich habe ich dann meinen Unterricht auch so gestaltet. Das war damals noch im PC-Raum. Man musste also mit allen Schülerinnen und Schülern den Raum wechseln, warten, bis alle Geräte hochgefahren waren und hatte nicht die Möglichkeit, die Inhalte kollaborativ zu nutzen. Jetzt sind wir ja noch weiter mit Web 2.0 und darüber hinaus. Damals war die Recherche nur darauf reduziert, dass man Zugang zu Dokumenten hatte, mit denen man aber noch nicht sehr viel interagieren konnte. Das hat sich stetig weiterentwickelt. Mit dem Fortschritt der Technik wurden neue Möglichkeiten für den Unterricht geschaffen, um uns voranzubringen.“

Gibt es ein Beispiel, woran du zeigen kannst, wo die Reise bereits hingegangen ist?

Monika Heusinger: „Was momentan sehr spannend ist, ist Augmented Reality bzw. Virtual Reality. Wir haben an der Schule auch VR-Brillen, bei uns ist es die kostengünstige Papp-Variante. Mittlerweile gibt es Apps, mit denen ich selbst Content erstellen kann. Für Virtual Reality gibt es eine ganz neue Anwendung für iPads, mit der Schülerinnen und Schüler selbst Inhalte erstellen können. Sie erstellen virtuelle Lernwelten in 3D und können dann, in meinem Fall, durch die Welt der Fremdsprachen reisen.“

Wie vernetzt bist du an deiner Schule? Gibt es Kolleginnen und Kollegen, die dich unterstützen?

Monika Heusinger: „Wir sind ein Team. Als die iPads kamen, habe ich für das Kollegium interne Schulungen angeboten. Alle Kolleginnen und Kollegen waren von Anfang an dabei. Ich biete weiterhin interne Fortbildungen an. Wir hatten pädagogische Tage, die ich dafür nutzen konnte. Die Lehrerinnen und Lehrer sind interessiert, übernehmen Vorschläge oder gehen eigene Wege und wir tauschen uns aus.“

Wie gehst du nach außen auf andere zu und sprichst mit ihnen über die Möglichkeiten? Muss man da besonders vorsichtig sein oder sind Lehrerinnen und Lehrer bereit, sich für die digitale Bildung zu öffnen?

Monika Heusinger: „Ich finde es schwierig, auf Leute zuzugehen. Dann drängt man sich auf. So kommt schnell Widerstand. Es verbreitet sich am besten, wenn andere sehen, was man macht. Am besten wartet man also ab, bis Menschen einen fragen. Dann ist wirklich Interesse da und man muss nicht so oberlehrerhaft auf andere zugehen. Das wirkt meiner Meinung nach nicht sehr kollegial, man befindet sich ja auf Augenhöhe. Vielleicht kennt der Kollege oder die Kollegin ja etwas anderes Spannendes. Es ist ja nicht so, dass ich mehr weiß! Besser ist es also, man macht es im Austausch und wartet, bis echtes Interesse da ist, als es aufzudrücken.“

Wie empfindest du das Interesse denn heutzutage?

Monika Heusinger: „Also ich finde, das Interesse ist stark gewachsen. Das habe ich neulich beim Spanisch-Lehrertag gesehen, der nicht unter einem digitalen Thema stand. Es gab ganz viele Facetten. Ich hatte einen Vortrag zum Thema ‚Digitale Möglichkeiten für interkulturelles Lernen‘. Das Interesse war sehr groß. Bei Veranstaltungen wie der mobilen Schule kann man es schwer sagen, denn die Leute kommen speziell dafür. Es gibt aber z. B. auch Anfragen anderer Schulen, ob man den pädagogischen Tag auch mal bei ihnen machen kann.“

Du bist als Lehrerin selbst sehr gut vernetzt, machst viel und würdest wahrscheinlich sogar gern noch mehr anbieten wollen. Was muss nach deiner Meinung auf Seiten der Politik noch geschehen, damit es für alle Lehrerinnen und Lehrer möglich ist, die Digitalisierung an der Schule zu schaffen?

Monika Heusinger: „Da gibt es schon noch ein paar Bereiche, bei denen wir an unsere Grenzen stoßen, einfach weil es nicht unsere Zuständigkeits- und Kompetenzbereiche sind. Ein Bereich wäre OER, also offene Bildungsressourcen. Es wäre schön, wenn dort mehr Förderung und mehr Struktur reinkäme, um die Auffindbarkeit zu erleichtern. Das ermöglicht uns, rechtssicher Materialien zu verwenden, mit anderen zu teilen, uns zu vernetzen und Materialien weiterzuentwickeln und immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Das wäre sehr wünschenswert! Fair Use wäre, ähnlich wie in den USA, im Bildungsbereich sinnvoll, sodass wir ein etwas weniger striktes Urheberrecht haben. Gerade in der Augmented Reality würde ich gern mit den Lehrbüchern erweiterte Welten schaffen können. Dafür brauche ich aber ein Trägerbild und ich darf nichts aus dem Lehrwerk einscannen. Es gäbe hier die Möglichkeit, diese Bereiche aufzuweichen. Der dritte Bereich ist die Störerhaftung. Schön wäre es, wenn wir die Möglichkeit hätten, Bring your own device in einem rechtssicheren Raum anzubieten.“






Vielen Dank für das Interview!





Titelbild: © sofatutor.com