Personalisiertes Lernen: Das kleine Hausaufgaben-Einmaleins
Hausaufgaben können individuell auf die Bedürfnisse der Lernenden zugeschnitten werden – ohne Mehraufwand für die Lehrenden. Tipps und Ideen.
Während die eine Schülerin zu Hause leicht durch die Hausaufgaben in Mathe gelangt, fallen die gleichen Aufgaben ihrem Mitschüler unfassbar schwer. Er verbringt die dreifache Zeit damit, bittet seine Eltern um Hilfe, gibt am Ende entnervt auf und ist sich immer noch nicht sicher, ob er das Matheproblem überhaupt verstanden hat. Dieser Frust verstärkt langfristig eine Abneigung gegen das Fach, die nicht sein muss. Dieses bekannte Vorabendszenario nahm die US-Bildungsplattform Edutopia zum Anlass, einige Tipps für personalisierte Hausaufgaben zusammenzustellen – ohne dass es mehr Aufwand für Lehrkräfte bedeutet.
Probleme bei den Einheitshausaufgaben
Ähnlich wie beim Unterricht ohne Differenzierung sind Hausaufgaben, die von allen Schülerinnen und Schülern gleich gut gelöst werden sollen, eine unrealistische Schulpraxis. Im Unterricht kann die Lehrkraft noch unterstützend eingreifen, um Schwierigkeiten auszugleichen. Zu Hause ist höchstens noch ein verzweifelter Elternteil dabei, wenn der Schüler oder die Schülerin sich mit dem komplizierten Stoff auseinandersetzt. Um die Funktion von Hausaufgaben zur Wissenssicherung und -vertiefung zu garantieren und sogar positiv zu besetzen, sollten sie differenziert eingesetzt werden. Dass jedoch kein Lehrer oder keine Lehrerin die Zeit hat, für jedes Kind eine eigene Hausaufgabe zu entwerfen, ist klar. Daher macht Edutopia einige Vorschläge für personalisierte Hausaufgaben, die nicht gleichbedeutend mit mehr Aufwand sind:
Hausaufgaben sollten sich auf das Üben und Wiederholen erlernter Praktiken aus dem Unterricht konzentrieren. (Außer natürlich, wenn die Flipped-Classroom-Methode angewandt wird.) Die Schülerinnen und Schüler sollten in der Lage sein, ihre Aufgaben zu Hause selbstständig bearbeiten zu können. Die Hausaufgaben sollten kompetenzbasiert, einfach und kurz gehalten sein. Große oder komplexe Projekte gehören in den Unterricht, um von Lehrkräften adäquat begleitet zu werden.
Die Hausaufgabenkontrolle sollte nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Vor allem bei individualisierten Hausaufgaben ergibt es wenig Sinn, alle Aufgaben im Unterricht durchzugehen. Stattdessen schlägt Edutopia vor, dass sich die Schülerinnen und Schüler eine gelöste Teilaufgabe aussuchen, die sich der Lehrer oder die Lehrerin genauer anguckt, um Verständnisfragen zu klären. Oder sie gehen die Lösungen in Zweiergruppen mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern durch.
Hausaufgaben sollten nach aufgewendeter Zeit nicht nach Menge aufgegeben werden. Das bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler nicht dieselbe Anzahl an Aufgaben lösen sollten, sondern sich für eine vorgegebene Zeit mit dem Thema beschäftigen könnten. So sollten z. B. nicht zehn Multiplikationsaufgaben aufgegeben werden, sondern jeder Schüler und jede Schülerin sollte sich zu Hause 15 Minuten lang mit dem Üben von schriftlichen Multiplikationen auseinandersetzen.
Verschiedene Hausaufgaben zur Wahl stellen
Eine weitere Möglichkeit ist es, den Schülerinnen und Schülern die Wahl bei den Hausaufgaben zu lassen. Dazu müssen die Lernenden zunächst Strategien an die Hand bekommen, wie sie eine gute und anspruchsvolle Auswahl selbstständig treffen können: Ein Brainstorm kann Ideen zum richtigen Auswählen hervorbringen. Dazu können Lehrerinnen und Lehrer Poster mit jeweils einem Oberthema (z. B. „Was ist eine gute Hausaufgabe?“, „Wie wiederhole ich neuen Stoff zu Hause am besten?“, „Was muss ich beim Hausaufgabenmachen beachten?“, „Wie helfen mir Hausaufgaben dabei, besser zu werden?“) im Klassenzimmer aufhängen. Die Schülerinnen und Schüler füllen sie aus, indem sie von Poster zu Poster wandern und für jedes Oberthema eine Idee aufschreiben.
Auch das Auswählen einer passenden Aufgabe für das Wiederholen zu Hause sollte im Unterricht geübt werden. Die Kinder und Jugendlichen könnten verschiedene Aufgaben aus den Schulbüchern zur Auswahl bekommen oder mit anderen Materialien arbeiten, die die Lehrkraft zur Verfügung hat. Das Rad muss nicht neu erfunden werden, es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass für jeden Lernstand eine Wahlmöglichkeit dabei ist. Auch die Erstellung und Bearbeitung eigener Fragestellungen durch die Lernenden sind möglich. Schließlich kann überlegt werden, ob Hausaufgaben generell optional bis zur nächsten Stunde vergeben werden.
Am Beispiel Fremdsprachenunterricht zeigt Edutopia, wie das aussehen kann:
Anstelle von …
„Löst alle Aufgaben des Arbeitsblatts und übersetzt diese zehn typischen Sätze in einer Unterhaltung.“
kann die Aufgabe lauten …
„Erstellt zu Hause für 15 Minuten einige Sätze, die in einer Unterhaltung vorkommen können. Sucht euch dazu aus eurem Heft die Sätze oder Vokabeln heraus, die ihr am dringendsten wiederholen müsst. Ergänzt schließlich die deutsche Übersetzung.“
Durch eine andere Perspektive auf das Thema Hausaufgaben haben Lehrende die Chance, die Kontrolle an ihre Lernenden abzugeben und ihnen so zu vermitteln, wie sie für sich selbst relevante Lernentscheidungen treffen können und die Verantwortung für diese Entscheidungen übernehmen.
Haben Sie bereits Erfahrungen mit personalisierten Hausaufgaben gemacht, die Sie teilen möchten? Schreiben Sie uns einen Kommentar unter diesen Beitrag.
Titelbild: © KDdesignphoto/shutterstock
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