Wenn Hobbys auf der Strecke bleiben und es trotzdem Spaß macht

Markus Reisch ist Diplom-Biologe, sein Herz hängt aber an der Bildung. Nach mehrjähriger Erfahrung im Erwachsenenbildungs- und Grundschulbereich absolviert er im zweiten Jahr ein berufsbegleitendes Referendariat für die gymnasiale Oberstufe am Galileo Gymnasium in Berlin.

So klappt's mit dem Lernen – jetzt im Video anschauen!

Steckbrief

Name: Markus Reisch
Schule:
Galileo Gymnasium
Fächer: Biologie / Chemie
Erste Stunde Montag oder sechste Stunde Freitag?
Montag erste Stunde! Ich bin ein Frühaufsteher und möchte guten Unterricht machen, was Freitagnachmittag nicht immer einfach ist.
G8 oder G9?
G9! Aber nur dann, wenn das zusätzliche Jahr auch für eine gute Privatentwicklung genutzt wird.
Ihre liebste Anekdote?
Ein Schüler hat sich das dritte Mal dabei erwischen lassen, wie er mir den gleichen Computervirus auf den Rechner spielen wollte. Seitdem ist er mein Virensschutzbeauftragter.

Können Sie sich zum Einstieg selbst vorstellen und als Lehrer kurz beschreiben?

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Markus Reisch: „Ich unterrichte Biologie und Chemie, bediene aber auch andere Fächer und bin seit der Gründung der Schule dabei. Derzeit befinde ich mich noch im berufsbegleitenden Referendariat – also Quereinsteiger. ‚Original’ bin ich Diplom-Biologe, arbeite aber schon seit zehn Jahren im Bildungsbereich. Ich war in der Erwachsenenbildung tätig und auch viele Jahre in der Grundschule, bis ich dann auf das Gymnasium gewechselt bin. Neben dem Galileo Gymnasium lehre ich auch an der Königin-Luise-Stiftung die Mittel- und Oberstufe.

Ich habe selbst Kinder im Grundschulalter und bemühe mich, viel Zeit für meine Familie zu haben, was nicht so einfach ist, da der Lehrerjob einen sehr fordert. Da bleibt auch anderes auf der Strecke – z. B. würde ich gerne mehr Volleyball spielen und reisen.”

Wie sieht Ihr Lehreralltag aus?

Markus Reisch: „Ich starte um sieben und arbeite bis 16 Uhr an der Schule. Zuhause setze ich mich nochmal von 21 bis 23 Uhr an die Vor- und Nachbereitung. Und am Wochenende sind es dann nochmal je fünf Stunden, was bei mir einfach daran liegt, dass ich an zwei Schulen tätig bin und nebenbei eine berufsbegleitende Lehrerausbildung absolviere. Ich habe dreimal in der Woche Seminar, unterrichte 19 Stunden wöchentlich und bereite nebenbei noch Prüfungen vor.

Als Lehrer am Galileo Gymnasium ist man auch an einer Schule tätig, die durchaus einen hohen Anspruch hat. Der Unterricht ist verkürzt, man muss sehr komprimiert arbeiten und vor dem Hintergrund der Offenen Arbeitszeiten (Freiarbeitszeit) immer überlegen, was man auslagert, wiederholt usw. Hinzu kommt das binnendifferenzierte Arbeiten, das zusätzlich großer Vorbereitung bedarf. Aber man erntet auch viel und es macht einfach Spaß, wenn man sieht, das Dinge sich zusammenfügen.”

Referendariat – sind das schöne Jahre oder sagen Sie eher – nie wieder? Und was raten Sie anderen Referendaren mit weniger Berufserfahrung?

Markus Reisch: „Das Beste was man lernt, ist, dass man sich auch mal zurücknehmen muss und nicht nur zentriert arbeiten kann, denn sonst stirbt man nach fünf Jahren an einem Herzinfarkt. Denn ja, es ist echt anstrengend! In Berlin ist das Referendariat auch auf 18 Monate verkürzt worden und viele kritisieren, dass es eine Billigausbildung sei, dabei ist es so unfassbar komprimiert. Und raten kann ich jedem nur, seine Beziehung zum Lebenspartner zu retten. Das A und O ist, nicht nur an die Arbeit zu denken und dabei den Partner irgendwann nicht mehr zu sehen. Zu viele Referendare, die eine Beziehung und Kinder haben, scheitern und stehen nach dem Referendariat allein da.”

Ihre Schule legt großen Wert auf IT-Nutzung im Unterricht. Jede Schülerin und jeder Schüler besitzt ein Netbook und Sie arbeiten mit Lernplattformen wie moodle. Wie ist Ihre persönliche Einstellung dazu und wie erhalten neue Medien Einzug in Ihren Unterricht?

Markus Reisch: „Vorrangig verwende ich die Netbooks für die einfache Informationssuche, Verwertung, Darstellung und ähnliches. Daneben gibt es Formate wie sofatutor, die wir auch einsetzen. Primär fungieren die Netbooks für mich aber als Verwaltungsmaschinen. Die Verwendung steigert sich dann natürlich mit jeder höheren Klassenstufe. In Klasse zehn wird es dann ganz klar nicht nur zur Recherche sondern auch dafür eingesetzt, Grafiken zu erstellen und Berechnungen zu machen. Meine Meinung dazu ist immer eine vorsichtige: Reglementierte Nutzung ja, aber man muss sich wie bei allem fragen: ‚Was machen die Schüler damit‛. Intelligente Köpfe finden für alles eine Mehrfachnutzung und man muss am Ende einfach darauf achten, dass so ein Netbook keine Lernbehinderung darstellt.

Ich sage immer, der Wert ist deine Freizeit. Ob die Arbeit mit dem Computer oder einem Buch bewältigt wird, sei dahingestellt, verspielt man mit letzterem aber seine Zeit, geht das auf Kosten der Freizeit. Das hat auch viel mit Verantwortung zu tun, was bedingt, dass auch die Eltern mit einbezogen werden müssen. Nicht zuletzt auch aus dem Grund, dass die Laptops hier keine Schul- sondern Privatgeräte sind und das Stichwort ‚digitale Demenz‛ einfach ein großes Problem ist. Solange man aber sinnvoll reglementiert und Grenzen setzt, was natürlich auch viel Flexibilität abverlangt, kann die Nutzung durchaus sinnvoll sein.”

Schülerstimmen

  • Er kann sehr gut erklären.
  • Bei ihm muss man auch selbst denken.
  • Er unterrichtet uns mit viel Motivation.
  • Er hilft uns aus der Patsche.
  • Er hat einen guten Einfluss auf Schüler.
  • Sein Unterricht ist abwechslungsreich.
  • Er ist seit der Gründung der Schule dabei.
  • Er setzt sich für uns ein.
  • Er weiß, wie wir Schüler die Dinge sehen.

Eines der Konzepte des Galileo Gymnasiums ist regelmäßiges und offenes Feedback zwischen allen Beteiligten. Wie setzen Sie diesen Anspruch in Ihrem Unterricht um?

Markus Reisch: „Die einfachste Art ist immer zu fragen und ich bin stets der Meinung: ‚Der Ton macht die Musik‛. Daneben haben wir einmal in der Woche für zwei Stunden die sogenannte ‚Schulstunde‛, in der man sich offen austauschen kann und die Schüler einfach mal sprechen lässt. Dadurch lernen sie auch viel besser, sich und ihr Umfeld zu reflektieren, was unabdingbar ist.
Ein anderes Mittel, das ich gerne einsetze, ist das ISQ (Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg e.V.), eine Auswertungplattform vom Senat, in der ich mir jährlich herraussuche, was mich und die Schüler als Bewertungskriterien interessiert. Der dritte Rückfluss gestaltet sich über Mentoren. Jeder Mentor ist gleichzeitig Lehrer und betreut vier bis acht Schüler.

Somit kann er stets die aktuelle Lage und Fördermöglichkeiten für seine Schützlinge im Auge behalten.
Weiterhin haben Schüler und Eltern meine Handynummer. Gibt es ein Problem, kann man mich jederzeit anrufen.”

Die Schule setzt auch auf die Umsetzung „lebensnaher” Aufgaben sowie auf das Konzepts „Lernen als Weltenbürger”. Wie kann man sich das speziell in Ihren Unterricht vorstellen?

Markus Reisch: „Man ist in der Pubertät und fragt sich: Kann ich jetzt weiter Gummitiere essen oder nicht? Natürlich nicht, wegen der Haut. Durch den Aspekt Hautunreinheiten ist man auf einer Schülerebene beim Biologiethema Gesundheit. Denn ob ich einen Pickel bekomme, ist wichtig für den Schüler und durch die Hintertür erfährt der Schüler dann noch vieles über schlechte Ernährungsgewohnheiten und deren Auswirkungen. Solche Ansätze kann man natürlich nicht ständig wählen und es ist auch nicht so einfach, sich am Schüler zu orientieren, dafür sind sie zu unterschiedlich. Ich nenne es immer ‚das Einfügen von Leuchttürmen von Informationen‛ und daran hangeln sich Schüler entlang. Daneben versucht man, Themen auszudehnen.
Wir erfinden da auch nichts Neues, denn das meiste ist im Rahmenlehrplan verankert. Es geht nur um die richtige Umsetzung.

Vor dem Hintergrund des Konzepts ‚Lernen als Weltenbürger‛ sind wir bemüht, dass z. B. Leute von studentischen Austauschorganisationen von ihren Erlebnissen berichten. In Geografie hatten wir unlängst eine Russin zu Gast. Mit dieser Verknüpfung ist man versucht, bestimmte Fragen global aufzustellen, wie z. B. in Chemie mit Giftstoffen. Dieser Ansatz unterliegt aber auch einer altersdifferenzierten Betrachtung, denn das Interesse daran hört schnell auf!
Sprich, Leute reinholen, Themen breiter aufstellen und reisen, wie z. B. unsere Reise New York zu der UNO-Schule. Am Ende steht aber immer auch die Frage, welchen Lernwert das Ganze hat. Daher ist dieser Aspekt ebenso zu regulieren wie überfrachtetes Methodenlehren.”

Was ist Ihr Anspruch an die Schüler von heute? Was erwarten Sie und wie versuchen Sie, dies zu erreichen?

Markus Reisch: „Ich erwarte Zuverlässigkeit, Beteiligung und eine gewisse Ausdauerbereitschaft. Auch wenn es eng wird, muss man dranbleiben, weiterlernen, nachfragen, sich auch einer unangenehmen Anforderungen stellen. Unser Job als Lehrer ist es, die Sache dann angenehm enden zu lassen. Oder klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass es nicht vollbracht ist, aber immer den Weg nach vorne weisen. Man kann das alles mit Hilfestellungen versüßen, am Ende muss der Schüler aber den Weg selbst gehen.”

Weitere Informationen zum Galileo Gymnasium:

Schulhomepage

Lernen auf dem Mars: Das Galileo Gymnasium Berlin



Titelbild: ©sofatutor