Die papierfreie Lehrertasche ‒ wie funktioniert’s?

Immer mehr Lehrerinnen und Lehrer setzen auf die papierfreie Lehrertasche. Wie man mit möglichst wenig Gepäck in die Schule kommt, verrät uns Lehrer Felix Schaumburg, der sich seit über fünf Jahren mit der papierfreien Lehrertasche beschäftigt und über den technischen Wandel an Schulen bloggt.

So klappt's mit dem Lernen – jetzt im Video anschauen!

Wie sind Sie auf die Idee einer papierfreien Lehrertasche gekommen?

Felix Schaumburg: „Lehrer haben wahnsinnig viel Material von zu Hause in die Schule und wieder zurück zu schleppen. Die Tasche ist voll mit je einem Buch pro Kurs, kopierten Arbeitsblättern im Klassensatz, Stiften und Kreide. In den ersten Jahren hatte ich eine richtig dicke Tasche, die ‚The Belly‛ hieß, der Bauch also, und so sah sie auch aus. Da passte alles rein und ich habe mich fast totgeschleppt. Irgendwann habe ich mir gedacht: ‚Das kann doch nicht sein! Das muss doch alles digital gehen!‛

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Papierfreie Lehrertasche oldschool

Lehrertasche mit Papier ©BrAt82_Shutterstock.com

Also habe ich mich einfach mal einen Monat lang dazu gezwungen, alles papierfrei zu machen. Ich habe weder ein Buch noch ein Arbeitsblatt von zu Hause in die Schule getragen. Ich wollte es einfach mal ausprobieren. Das war am Anfang gar nicht so einfach, denn man hat sich so an das Papier gewöhnt. Man schreibt mal schnell ein Post-it für seinen Kollegen und ist gewöhnt, Notizen mit Papier und Stift zu machen. Aber wenn man einmal über die Umstellungsphase hinaus ist, klappt es sehr gut.‟

Was ist in Ihrer Tasche?

Felix Schaumburg: „Ich habe in der Regel meinen Computer, mein Tablet und Smartphone dabei und mache meine Notizen, Arbeitsblätter und Notengebung digital. Die Arbeitsblätter für die Schülerinnen und Schüler drucke ich im Lehrerzimmer am Rechner aus.

Ab und zu sind auch ein Block und ein paar Kopien mit in der Tasche. Und die Klausuren muss ich ja eh mit nach Hause nehmen. Ich trage also schon mal Papier hin und her.”

Sind die Rucksäcke der Schülerinnen und Schüler ebenfalls papierfrei?

Felix Schaumburg: „Nein, leider nicht. Da fehlt es schlicht an der technischen Ausstattung. Wir bräuchten dann für jeden Schüler und jede Schülerin ein Tablet. Im Moment kann ich nur Anregungen machen. In der Oberstufe stelle ich meine Unterrichtsnotizen online, damit sich die Schülerinnen und Schüler das mal zu Hause anschauen können. Ab und zu erstellen wir einen Wiki-Inhalt der Unterrichtsstunden, damit sie die Tools kennenlernen. Aber so lange die Schule keine Endgeräte für die ganze Klasse bereitstellt oder die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Tablets mitbringen, beschränkt sich die digitale Vorbereitung auf meine Arbeit.”

Haben Ihre Kolleginnen und Kollegen bei der digitalen Umrüstung mitgemacht?

Felix Schaumburg: „Ja, mittlerweile ist das Lehrerzimmer fast komplett papierfrei. Wir haben überall W-Lan und alle Lehrkräfte sind mit Laptops ausgestattet. Daneben wurde eine Datenbank erstellt, in der alle Unterrichtsmaterialien abgespeichert sind und auf die jeder zugreifen kann. Zudem drucken wir alles von unseren Rechnern aus, da wir keinen Kopierer im Lehrerzimmer haben, d. h., es bringt nichts, Arbeitsmaterialien von daheim in die Schule zu nehmen und dann dort zu kopieren. Der Drucker ist sozusagen die Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt.”

Was ist der große Vorteil einer papierfreien Lehrertasche?

Felix Schaumburg: „Es ist alles verfügbar, egal wo man ist. Ich bin nicht nur auf den Unterricht vorbereitet, sondern ich kann auch auf unvorbereitete Situationen gut reagieren. Denn auf meinem Tablet habe ich Zugriff auf alle meine Daten.”

Was ist der Nachteil?

„Nachteile gibt es eigentlich keine. Die größte Herausforderung ist, dass man seine Gewohnheiten überdenkt. Wenn man das einmal angegangen ist, wird vieles einfacher.

Es gilt selbstverständlich, dass nicht alles, was möglich ist, auch gemacht werden muss. Das Ausschalten eines Gerätes ist ebenso wichtig, wie irgendwann das Licht beim Schreibtisch auszumachen und den Stift beiseite zu legen.“

Wie sieht es mit Schulbüchern aus? Tragen Sie diese noch in Ihrer Lehrertasche?


Papierfreie Lehrertasche Tablet

Tablet für papierfreie Tasche ©ouh_desire/Shutterstock

Felix Schaumburg: „Wir bekommen in der Regel ein Rezensionsexemplar. Ich habe mir privat noch jeweils ein Exemplar gekauft und das dann eingescannt. Dann habe ich die Bücher immer dabei, ohne dass ich sie hin- und hertragen muss.”

Welche Apps verwenden Sie, um Ihre Lehrertasche papierfrei zu halten?

Felix Schaumburg:Evernote ist für mich extrem wichtig. Es macht nicht nur die Unterrichtsvorbereitung sondern auch die Organisation viel einfacher. Man hat alles an einem Platz und kann seine Dateien mit Ordnern gut strukturieren.

GoodReader ist ebenfalls wichtig. Damit kann man PDFs lesen und darin Notizen machen. TeacherTool verwende ich für die Notengebung. Mit Scanner Pro scanne ich Arbeitsblätter und Notizen ein oder halte Tafelbilder fest. Timer on Fire nutze ich ebenfalls oft. Damit kann man einen Countdown starten, wenn die Klasse z. B. fünf Minuten Zeit für eine Aufgabe hat.

Für die Kommunikation innerhalb des Kollegiums nutzen wir E-Mail, EtherPad und StatusNet. Für mich persönlich verwende ich OmniFocus, um meinen Tagesablauf zu strukturieren. Ansonsten benutze ich noch die gängigen Office-Programme auf dem iPad.

Welche Apps sich am besten eignen, ist aber eine sehr individuelle Geschichte. Man muss es einfach mal ausprobieren.”

Was würden Sie Kollegen und Kolleginnen raten, die eine papierfreie Lehrertasche umsetzen möchten?

Felix Schaumburg: „Am besten fängt man damit an, seine Arbeitsblätter, die man ja eh am Computer gestaltet, auf Dropbox oder bei einem anderen Dienst zu speichern. Dann kann man in der Schule darauf zugreifen und sie ausdrucken. Anschließend digitalisiert man seinen Unterricht peu à peu: die Unterrichtsvorbereitung, die Notizen für die Notengebung, usw.

Konsequenter und erfolgreicher ist es wahrscheinlich, wenn man versucht, für zwei Wochen alles digital zu bewerkstelligen. Erst einmal wird man daran scheitern, aber nach dem zweiten, dritten Anlauf klappt es dann. Man muss es einfach ausprobieren und offen für digitale Tools sein. Und am besten klappt es, wenn man mit Neugierde und Spaß daran geht!”

Titelbild: ©Tom Wang/Shutterstock