Forderungen für die LehrerInnenausbildung: Was muss passieren? – 3 Experten antworten
Das Bundesbildungsministerium startet eine Qualitätsoffensive für die Ausbildung der Lehrkräfte. Ausbildende und angehende Lehrkräfte fordern schon lange verbesserte Bedingungen. Wir haben nachgefragt, was sich am dringendsten ändern müsste.
Es antworteten: Björn Nölte aus Koordinatorensicht an der Schule, Myrle Dziak-Mahler aus Uni-Perspektive und Thomas Rachel auf Institutionsebene aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Björn Nölte – Der Oberstufenkoordinator
„Ich wünsche mir ein fortlaufend qualifiziertes Ausbildungspersonal unter dem Leitbild des ‚reflektierten Praktikers‘: Abgeordnete Lehrkräfte betreuen in einer Brückenfunktion die Praxissemester, Mentorinnen und Mentoren an der Schule werden gezielt fortgebildet, alle Fachleiterinnen und Fachleiter sind z. B. auch in Erwachsenen- und Prüfungsdidaktik fit, die Referendarinnen und Referendare erhalten parallel zur Ausbildung unentgeltliche Coaching-Angebote.
Das Referendariat sollte nicht gekürzt, sondern eher gestärkt werden. Das Prüfungswesen sollte modernisiert werden, z. B. als e-Portfolio, um Reflexion, Fehlerkultur und Entwicklungsbereitschaft voranzutreiben, anstatt Prüfungen als defizitorientierte Hürden einzusetzen. Im Studium sollten man vermehrt über (Self-)Assessments die Eignung testen können.“
Björn Nölte ist Oberstufenkoordinator an der Voltaireschule Potsdam, ehemals Hauptseminarleiter am Studienseminar Potsdam sowie in der Ausbildung von Lehramtskandidaten.
Myrle Dziak-Mahler – Die Wissenschaftlerin
„Unsere Gesellschaft verändert sich rasant und damit ändert sich auch die Art und Weise, wie Schülerinnen und Schüler lernen. Darauf müssen sich die Schulen einstellen. In Zukunft wird es vor allem und stärker als jemals zuvor darum gehen, Schülerinnen und Schülern Haltungen und Herangehensweisen zu vermitteln. Wissensvermittlung wird in den Hintergrund treten. Das heißt: Wir müssen Schule neu, von der Zukunft her denken. Das beginnt in der Ausbildung der angehenden Lehrerinnen und Lehrer. Als Universität müssen wir unsere Studierenden befähigen, den Schülerinnen und Schülern zu Urteilsfähigkeit und einem kritischen Umgang mit Informationen und Meinungen zu verhelfen. Denn im 21. Jahrhundert entscheidet die Fähigkeit, neue Einsichten zu gewinnen und Zusammenhänge herzustellen darüber, ob ich meinen Beruf und mein Leben erfolgreich meistere.“
Myrle Dziak-Mahler leitet das Zentrum für LehrerInnenbildung der Uni Köln. Neben der beruflichen Praxis an Schulen und Lehrveranstaltungen engagiert sie sich als Business Coach.
Thomas Rachel – Der Politiker
„Qualitätsvoller Unterricht gelingt dort, wo gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer junge Menschen für Unterrichtsinhalte begeistern können. Wir brauchen mehr Wertschätzung, Anerkennung und bestmögliche Unterstützung für Lehrkräfte. In diesem Sinne haben Bund und Länder die Qualitätsoffensive Lehrerbildung ins Leben gerufen. Sichtbarkeit und Qualität konnten wir so in Lehre und Forschung steigern. An weiteren Verbesserungen arbeiten wir. In den kommenden Jahren wollen wir besonders im Bereich der digitalen Bildung und in der Stärkung des beruflichen Lehramtes vorankommen. Denn es bleibt dabei: Schule soll junge Menschen auf das Leben vorbereiten. Dazu gehört ergänzend zu den klassischen Kompetenzen auch die Orientierung in der digitalen Welt. Hierbei wollen wir Lehrkräfte besser unterstützen.“
Thomas Rachel ist seit 2005 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Er setzt sich bereits seit 20 Jahren mit Bildungsfragen auf Bundestagsebene auseinander. Im Bildungsministerium konzentriert er sich auf die Hochschulen und das Wissenschaftssystem.
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Vielen Dank an Herrn Nölte für die in aller Kürze auf den sehr gut Punkt gebrachten Empfehlungen!
Wir sollten jede Möglichkeit nutzen, die Ausbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen als ein Gesamtkonzept anzugehen. Gerade im Seiteneinstieg wird aber Ausbildungsdauer und -anspruch immer weiter zurück gefahren. Notwendig ist eine kontinuierliche Weiterbegleitung, gerne auch mit der Expertise der Seminare.