Volle (Lehr-)Kraft voraus! Endlich echte Lehrerin!

Nach den Winterferien darf sich Franziska nun offiziell Lehrerin statt Referendarin nennen. Welche Vor- und Nachteile die volle Stelle mit sich bringt, erfährt sie bereits in der ersten Woche.

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Schwupps vorbei!

Meine erste Erkenntnis als richtige Lehrerin: Winterferien sind absolut keine Erholung. In Berlin dauerten sie nur eine Woche. Darin schaffte ich es gerade einmal, meinen Schreibtisch aufzuräumen und einen Schwung Lernerfolgskontrollen zu korrigieren. Da waren die freien Tage – schwupps – auch schon wieder vorbei. Dabei hätte ich unglaublich viel zu tun gehabt: Zwei Tage vor den ersehnten Ferien erhielt ich meinen neuen Stundenplan. Viel zu knapp für meine Begriffe, denn so konnte ich mich nicht mit anderen Lehrerinnen und Lehrern absprechen. Nun beginnt die Schule wieder und ich habe für meine neuen Kurse kaum etwas vorbereiten können.

Mehraufwand von 260 %

Da ich mit dem neuen Halbjahr mein Referendariat beende und die volle Stelle antrete, bekomme ich neue Fachkurse als unterrichtende Lehrkraft und neue Klassen als Sonderpädagogin dazu. Mein Arbeitsaufwand steigt von zehn Pflichtstunden auf 26. Im Vergleich zu meiner vorigen Arbeit muss ich nun 260 % meines Solls erfüllen. Das schreibe ich hier so fein säuberlich auf, weil ich demnächst als Sonderpädagogin auch in Mathematikstunden dabei sein muss. Ich muss mir an dieser Stelle selbst beweisen, dass ich dieses Fach überhaupt verstanden habe. Darf ich es unterrichten, wenn ich mir diese Frage stellen muss?

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Küchenvorbild

Unter den neuen Kursen befindet sich ein Teilfach, das ich zuvor nie unterrichtet habe: Ich soll die Schülerfirma der neunten Klasse übernehmen. Gemeinsam müssen wir an einem Tag der Woche das Frühstücksangebot für Lehrer- und Schülerschaft stemmen. Die große Dankbarkeit darüber, nicht auch noch für den Mittagstisch zuständig zu sein, weicht ziemlich schnell der Sorge darüber, dieser chaotischen Küchenarbeit mental nicht gewachsen zu sein. Meine Bedenken beginnen schon bei dem Punkt, dass ich selbst nie Frühstück esse, aber nun den Schülerinnen und Schülern ein Vorbild sein muss. Ich finde Butter so überflüssig wie eklig. Sie findet höchstens als Klebehalt für den Belag den Weg auf mein Brötchen. Und mein wöchentlicher Bedarf an Schokolade übersteigt das Grundbedürfnis eines erwachsenen Menschen. Wie soll ich hier mit gutem Beispiel vorangehen?

So viele Schüler …

Neue Kurse, neue Klassen – das sind auch eine Menge neue junge Menschen. Zuvor begrüßten mich auf dem Schulhof an die 40 bis 50 Schülerinnen und Schüler, je nachdem, ob ich kurz zuvor in fremden Klassen vertreten musste. Nun stehe ich in jeder Woche vor insgesamt 120 verschiedenen großen und kleinen Leuten, denen ich etwas beibringen soll. Mein Problem sind dabei weniger ihre Namen – sich diese zu merken, ist wie eine Art interaktives Memoryspiel, das dem Lehreralltag ein zusätzliches Maß an Aufregung verleiht. Vielmehr befürchte ich, all diesen Kindern nicht gerecht werden zu können. Viele sehe ich nur für zwei Stunden in der Woche – werde ich einen Blick für ihre Stärken und Probleme haben? Kann ich zu jedem von ihnen einen Draht aufbauen? Werde ich die Zeit haben, jede ihrer Stunden so vorzubereiten, dass ich ihnen und ihrem Anspruch genüge?

Als die erste Woche vorbei ist, kann ich mir viele dieser Fragen noch nicht beantworten. Klar ist für mich aber schon jetzt: Die Arbeit ist abwechslungsreicher und spannender geworden. Natürlich bringt die neue Stelle auch deutlich mehr Verantwortung und deutlich mehr Arbeit. Aber eben niemals Stillstand. Das macht sie so schön.

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Titelbild: © Jiri Novotny/shutterstock.com