Glücklichsein lernen und das „Schulfach Glück“ lehren

Die Frage „Sind Sie glücklich?“ können die meisten Menschen nicht auf Anhieb beantworten. Sie zieht viele Fragen nach sich: Was ist Glück eigentlich? Ist Glück für jeden Menschen das Gleiche? Und wie misst man Glücklichsein überhaupt?
Oberstudiendirektor Ernst Fritz-Schubert hat sich dem Thema angenommen und das „Schulfach Glück“ 2007 an seiner Schule eingeführt. Mittlerweile können die Schülerinnen und Schüler von rund 100 Schulen in Deutschland und Österreich das Glücklichsein lernen und Lehrkräfte sich seit 2009 als Glückstrainer für dieses Schulfach weiterbilden.
Wir haben uns mit GlücksStifter Dominik Dallwitz-Wegner über diese einjährige Weiterbildung unterhalten.

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Die Schulen seien immer mehr in die Lage versetzt, Glück, Zufriedenheit und Persönlichkeitsentwicklung tatsächlich in den Alltag der Schülerinnen und Schüler zu bringen, so Dominik Dallwitz-Wegner: Das sei eine der größten Herausforderungen überhaupt. Die Fachorientierung müsse mehr und mehr konzentriert werden, um Platz für den Menschen, seine Persönlichkeitsentwicklung und das Miteinander zu schaffen, Leistungsdruck abzubauen und dem Konkurrenzkampf entgegenzuwirken. Denn das Leben sei mehr als eine akademische Veranstaltung, wie es Oberstudiendirektor Ernst Fritz-Schubert, der Begründer des „Schulfachs Glück”, einmal in einem Interview mit der FAZ formulierte.

Was ist Glück?

„Glück ist aus psychologischer Perspektive ganz simpel ein Gefühl“, antwortete GlücksStifter Dominik Dallwitz-Wegner auf unsere Frage, was Glück eigentlich sei. Er ist der Meinung, dass die vielen Glücksdefinitionen, denen wir im Alltag begegnen, die Menschen in die Irre führen.

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Dem Glück werden Bedingungen zugeschrieben wie „Glück ist, wenn wir mit Freunden lachen“ oder es wird durch Vergleiche definiert wie: „Glück ist Mitgefühl und Liebe“. Im ersten Fall umfasst die Definition nicht die gesamte Einheit des Glücks und im zweiten werden nur noch mehr Fragen aufgeworfen: Was ist Mitgefühl und was ist Liebe?

Das Glück setzt sich nach Dallwitz-Wegner aus zwei Bereichen zusammen: dem Glücksmoment und der Lebenszufriedenheit. Der Glücksmoment kann durch ein Lachen, über einen Witz oder einfach nur durch das Essen von Schokolade ausgelöst werden. Hingegen ist die Lebenszufriedenheit weniger emotional und hängt mit der Lebenseinstellung des einzelnen Menschen zusammen: Wie empfinde ich Freiheit? Welche Werte habe ich und wie möchte ich diese leben?

Beide Bereiche zusammengefasst ergeben eine Glücksdefinition: „Wenn man ein ausgefülltes Leben mit vielen Glücksmomenten führt, dann führt man ein glückliches und gelingendes Leben“, so Dominik Dallwitz-Wegner.

Glücklichsein ist erlernbar

Da Glück ein bloßes Gefühl ist, kann es nicht einfach produziert werden. Das heißt, es müssen Bedingungen gefunden und dann erfüllt werden, unter denen wir glücklich sind. „Solche Bedingungen sind beispielsweise stabile, soziale Beziehungen, das Empfinden von Emotionen, die Verwirklichung von Zielen, Engagement und Optimismus für das Leben“, erklärt uns der GlücksStifter.

Diese Teilfähigkeiten können erlernt werden – nicht aber wie binomische Formeln oder die Phasen der Mitose. Denn das Erlernen der Teilbereiche des Glück ist keine Kopfsache. Somit reicht es nicht aus, stapelweise Bücher über das Glück zu lesen. Es sind viele praktische Übungen nötig, die im Miteinander ausgeübt werden.

Die Ausbildung zum Glückstrainer

Immer wieder betont Ernst Fritz-Schubert in verschiedenen Interviews, dass Schülerinnen und Schüler, die sich in der Gemeinschaft geborgen und wertgeschätzt fühlen, produktiver und kreativer sind als jene, die sich in ihrer Umgebung unwohl fühlen. Ziel des „Schulfachs Glück” ist es somit, die Schülerinnen und Schüler Selbstvertrauen und Geborgenheit erfahren zu lassen.

Folglich besteht die Aufgabe der Glückstrainer darin, ihr Glück und ihre Zufriedenheit an die Schülerinnen und Schüler weiterzugeben. Das bedeutet auch, dass ein Glückstrainer an sich selbst gearbeitet haben muss, so Dominik Dallwitz-Wegner.

In der Weiterbildung geht es somit einerseits darum, den theoretischen Unterbau zu vermitteln und andererseits viele praktische Übungen kennenzulernen, um die Teilziele oder Bedingungen des Glücklichseins zu erreichen.

Die Weiterbildung und auch das „Schulfach Glück“ umfassen die sechs Module: „Freude am Leben”, „Träume und Lebensmotive”, „Leben bewegen”, „Leben kreativ gestalten”, „Abenteurer Alltag” und „Seelisches Wohlbefinden”. Die in den einzelnen Modulen ausgeübten Methoden sind eine bunte Mischung aus bestehenden Theorien wie dem logotherapeutischem Ansatz, der systemisch-konstruktivistischen Pädagogik und der positiven Psychologie.

Glück durch Körperarbeit

Hat das Glücklichsein immer auch etwas mit dem Erreichen von Zielen und dem Erfüllen von Wünschen zu tun, so konzentrieren sich die ersten Module der Weiterbildung darauf, die persönlichen Ziele und Wünsche zu formulieren und die eigenen Stärken und Ressourcen zu entdecken, mit denen diese erreicht werden können. „Besonders wichtig werden hier auch die Fragen: Sind das wirklich meine eigenen Ziele und Wünsche, die ich erreichen möchte, oder wurden diese von anderen Menschen an mich herangetragen? Und wie gehe ich mit den Wünschen von außen um?“, erklärt Dallwitz-Wegner.

Neben systematischen Fragetechniken, die zum Denken anregen, wird beim Glückstraining großen Wert auf die Arbeit mit dem eigenen Körper gelegt. Dallwitz-Wegner nennt als Beispiel den Stockkampf, eine Kampfsportart, die einerseits körperliche Fähigkeiten und andererseits einen Sinn für Gemeinschaft fordert. „Fällt ein Stock herunter, wird es von vielen als Fehler bewertet und gibt jedem oder jeder Einzelnen Aufschluss darüber, wie er oder sie mit Fehlleistungen umgeht. Der Stockkampf ist somit eine gute Möglichkeit, eine gesunde Fehlerkultur zu entwickeln und Leistungsdruck abzubauen”, so der GlücksStifter.

Glück durch Gemeinschaft

Seinen Platz in der Gemeinschaft zu finden, Geborgenheit und Wertschätzung zu erfahren, verschaffen Selbstvertrauen und eine starke Persönlichkeit. Das sind wichtige Aspekte des Glücklichseins. So geht es bei dem Glückstraining auch darum, die zwischenmenschliche Kommunikation besser verstehen zu können. Vertrauens- und Wahrnehmungsübungen aus der Erlebnis- und Theaterpädagogik sollen die Verbindung zwischen Körper und Emotionen herstellen und Fragen wie: „Wie kann ich die Emotionen anderer besser verstehen?” und „Welche Körperhaltung sagt was aus?” beantworten.

Zurück bleiben soll das Gefühl des Einklangs zwischen Körper und Umwelt (Mitmenschen und Natur). Aber auch eine optimistische Lebenseinstellung, die das Denken beinhaltet „Ich habe Stärken und Ressourcen, mit denen ich meine Ziele erreichen kann”, soll das Glückstraining nach sich ziehen, um ein seelisches Wohlbefinden zu unterstützen und Glück spürbar zu machen.

Weitere Informationen

Das Glückstraining lässt sich ganz vielfältig einsetzen. Schwerpunkt der Weiterbildung ist die Ausbildung der Lehrkraft, die das Konzept im Unterricht umsetzen möchte. Aber auch in der Erwachsenenbildung lässt sich die Methode des Glückstrainings einsetzen.

Auf der Homepage des Fritz-Schubert-Instituts und der GlücksStifter finden Sie weitere Informationen zum „Schulfach Glück” sowie zur Weiterbildung.

Titelbild: Dominik Dallwitz-Wegner ©Heiner Seemann