iPad Klasse: modernes und multimediales Lehren und Lernen
Das Lehren und Lernen mit digitalen Medien gewinnt an deutschen Schulen immer mehr Bedeutung. Am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Fulda ist man sich dieser Bedeutung nicht nur bewusst, sondern setzt sie gezielt um. Im Schuljahr 2012/13 startete dort das E-Learning 2.0 Pilotprojekt, im Rahmen dessen eine achte Klasse komplett mit iPads ausgestattet wurde. Mittlerweile ist man dabei, die dritte iPad-Klasse zu bilden und entsprechend auszurüsten, damit dem neuen Konzept des mobilen Lernens nach dem „one-to-one” Prinzip entsprechend und zeitgemäß begegnet werden kann. Um uns ein Bild davon machen zu können, haben wir mit dem Englisch- und Deutsch- und Informatiklehrer Dieter Umlauf gesprochen, der seinen Unterricht am Fuldaer Gymnasium multimedial führt und uns verraten hat, wie der Unterricht mit iPad und Co. so aussieht.
Die Schule, an der Sie als Lehrer tätig sind, ist neuen Medien gegenüber sehr offen. Was ist hierbei das Konzept und welche Ziele verfolgen Sie damit?
Dieter Umlauf: „Das Konzept, das wir verfolgen, ist ein modernes, konnektivistisches Unterrichten mit modernen Medien gemäß den Prinzipien des „blended learning” (integriertes Lernen). Wir machen dabei aber keine Palastrevolution und werfen alles über den Haufen, wie und womit wir bisher gearbeitet haben, sondern machen Bewährtes mit Hilfe der digitalen Medien besser.”
Sie unterrichten mit Videos und produzieren diese auch selbst mit den Schülerinnen und Schülern. Wie kann man sich das vorstellen?
Dieter Umlauf: „Grammatikunterricht beispielsweise ist ja relativ langweilig und ich habe bei solch einer Unterrichtseinheit z. B. den Schülern die Aufgabe gegeben, dass sie ein Videotutorial erstellen sollen, in dem sie die if-Sätze erklären sollen. D. h., ein Schüler wird vor der Tafel gefilmt und es wird dann eine Keynote Präsentation entworfen, die zusätzlich noch animiert wird, sodass man anhand dessen auch wirklich sieht, nach welchen Gesetzmäßigkeiten die if-Sätze gebildet werden, welche verschiedenen Typen es gibt, welche Zeitformen miteinander korrelieren usw.. Dadurch, dass die Schüler angehalten werden, den Stoff umzusetzen, zu durchdenken und medial zu präsentieren, ist eine viel größere Nachhaltigkeit gegeben, als wenn sie das im Buch Stehende einfach auswendig lernen.”
Sie arbeiten im Unterricht mit Tablets bzw. iPads – wie nehmen die Schülerinnen und Schüler das an?
Dieter Umlauf: „Die Tablets werden sehr gut von den Schülern angenommen. Wir richten mittlerweile die dritte iPad-Klasse ein und die Elternnachfrage ist nach wie vor sehr hoch. Wir haben dazu auch ein allgemeines pädagogisches und didaktisches Konzept. Darüber hinaus ist die Fachschaft Mathematik unter der Leitung von OStr Elmar Kramm gerade dabei, eine Didaktik für das Fach Mathematik und für die Naturwissenschaften zu entwerfen. Wir bieten professionelle Fortbildungen externer Anbieter an der Schule an, wie z. B. das Hands-on-Seminar zur Erstellung digitaler Kurseinheiten mit iTunes. Weiterhin richten wir im Mai einen Medientag aus, zu dem wir die Schulen des Schulamtsbezirks Fulda einladen (alle Informationen hierzu sind nachzulesen unter www.ipad-fvs.de). Von daher denke ich, dass wir gut dabei sind, das Ganze auch breit aufzustellen.“
Wie werden die Tablets finanziert?
Dieter Umlauf: „Die Tablets werden durch die Eltern finanziert. Wir kaufen die Geräte nicht beim Discounter, wo es zwar billiger ist, wir aber keinen entsprechenden und für uns notwendigen Service geboten bekommen. Deshalb kaufen wir bei einem apple-zertifizierten Händler alle Geräte ein, die dann auch entsprechend versichert sind und bei Schäden jeglicher Art innerhalb eines Tages durch ein Ersatzgerät oder Reparatur ausgetauscht werden. Die Elternfinanzierung wird gestützt durch einen sozialen Ausgleichsfond, daneben sorgen der Förderverein sowie die Elternspende der Freiherr-vom-Stein-Schule dafür, dass auch den Schülern Geräte zur Verfügung stehen, die sich das nicht leisten können, aber gern die iPad-Klasse besuchen möchten.”
Was ist der Unterschied gegenüber „herkömmlichen” eher nicht digitalem Unterricht?
Dieter Umlauf: „Der wesentliche Vorteil eines Konzepts mit modernen Medien ist der, dass die Inhalte immer aktuell sind und dass auf allen Kanälen gelernt wird. Es gibt ja verschiedene Lerntypen und hier kann jeder Schüler sich seiner Lernbegabung entsprechend einbringen bzw. den Lernkanal ausschöpfen, der bei ihm am stärksten ausgeprägt ist.
Wir benutzen natürlich auch weiterhin Offline-Medien und machen nicht alles mit dem iPad, sondern ergänzen digitale und traditionelle analoge Medien sinnvoll miteinander. Neben dieser Kombination der Online-und Offline-Medien wird ein der Situation angemessener Mix an Methoden angewendet, gemäß denen wir unterrichten. Zum einen kann synchron unterrichtet und gelernt werden, sprich in der Klasse, zum anderen aber auch asynchron, d. h. es ist ein kollaboratives, dezentrales Lernen möglich, was es den Schülern ermöglicht, im Bus auf der Nachhausefahrt oder wo auch immer sie Zugang zum Internet haben, Inhalte abzurufen.
Und die Theorien, die dort einfließen, sind auf der einen Seite der Behaviorismus, der weiterhin von Relevanz ist, weil die Lehrkraft ja immer noch die Richtung vorgeben muss – und angibt, was zu lernen ist, was die Ziele des Unterrichts sind, aber es wird eben auch konstruktivistischen und konnektivistischen Theorien Rechnung getragen. Und das ist eben der Vorteil dieses Konzepts des „blended learnings”: Ein Mix aus Methoden, Theorien und Medien, der eben so einzusetzen ist, dass es für die Schüler von Vorteil ist.”
Auch in Sachen Schulbuch arbeiten Sie mit neuen Medien. Wie setzen Sie iBooks ein und was ist hieran besser als an einem herkömmlichen Schulbuch?
Dieter Umlauf: „Das Schulbuch ist linear und wird von einem Lehrer für einen anderen Lehrer geschrieben und gibt sowohl den Weg als auch das Ziel vor. Bei einem iBook wie z. B. „Der Kreis” von sofatutor kann ein Schüler die Kapitel oder die Wissenseinheiten, die er schnell aufnimmt, überblättern, er bekommt bei Problemen Erklärungen geliefert und ist nicht gezwungen, den Gedankenverlauf, den der Autor skizziert hat, linear nach zu verfolgen. Und ein weiterer Vorteil digitaler und interaktiver Schulbücher ist, dass dadurch das z. B. in dem iBook „Der Kreis” ein Lehrer entsprechende methodische Phänomene in einem Video erklärt, sich der Schüler diese in seinem individuellen Lerntempo noch mal anhören bzw. anschauen und auch zurückspulen kann.”
Wie sieht die Zukunft Ihrer Schule hinsichtlich mediengeleiteten Unterrichts aus?
Dieter Umlauf: „Ich bin ja nur ein kleines Rädchen in einem großen System und kann daher nur von meiner Vision sprechen, die da wäre, dass wir verstärkt auf mediale Inhalte und Tablets setzen und die Anschaffung und den Einsatz analoger Schulbücher Schritt für Schritt zurückfahren. Leider sind die Schulbücher eben nur für einen kurzen und begrenzten Zeitraum aktuell, veralten schnell und es ist ein irrsinniger Aufwand an monetären Mitteln notwendig, um neue Schulbuchsätze anzuschaffen, bzw. alte zu ergänzen. Hat die Schule einen neuen Satz Schulbücher, muss sie damit sechs bis zehn Jahre arbeiten, je nachdem in welcher Höhe der Schule Mittel dafür zur Verfügung stehen.
Dadurch, dass Schüler und Lehrer zu Konsumenten und Produzenten von Lernmaterialien werden, ist die Möglichkeit gegeben, mit Hilfe von Freeware Programmen wie iBooks Author ohne Programmierkenntnisse selbst aktuelle digitale Schulbücher zu erstellen.
Daneben gibt es Onlineportale mit frei zur Verfügung stehenden digitalen Unterrichtsmaterialien wie zum Beispiel unter der URL: www.zum.de, wo die Zentrale für Unterrichtsmedien ihre von Lehrern für Lehrer erstellten Materialien kostenlos zum Download bereithält, oder die tollen Lernvideos von sofatutor und weitere Angebote von Verlagen, die sich auch auf diese neue Art des Unterrichtens einstellen. Ich denke, dass das die Zukunft ist, die wir nicht verschlafen sollten!“
Link zur iPad-Schule
Link zur Schule
Bilder: ©Umlauf-FvSS
Weitere Verwandte Artikel
Kommentieren
Da ich mich als Gedächtnistrainerin mit „Lernen und Gehirn“ beschäftige, war das Buch „Digitale Demenz“ von Dr. Spitzer für mich Pflichtlektüre….
Schaun Sie bitte mal rein.