Neues Schulfach „Beruf und Wirtschaft“ ‒ wie sinnvoll ist das?
Einige Jugendliche sind der Meinung, sie lernen in der Schule nicht fürs Leben. Nun will Baden-Württemberg das Pflichtfach „Beruf und Wirtschaft‟ einführen. Ist das eine gute Idee?
„Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ‘ne Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen.‟ Mit diesem Tweet stößt eine Schülerin aus Köln eine Bildungsdebatte an. Wie gut bereitet die Schule unsere Kinder und Jugendlichen auf das Leben vor? Ist der Unterrichtsstoff alltagstauglich? Oder fehlen bestimmte Themen?
Der Tweet wurde fast 16 000 Mal geteilt und fand Zustimmung unter allen Altersklassen. Vor allem viele Studierende und junge Erwachsene pflichteten der Schülerin bei. „Bin 22, habe immer noch keine Ahnung von sowas”, twitterte der User Mario-WL und Twitterer Gordin stimmt zu: „Ich bin 26 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich hab ‘nen Bachelor of Science.”
Schulfach „Beruf und Wirtschaft‟
Damit sich das jugendliche Nichtwissen über Rechte, Pflichten und Verantwortungen, die das Erwachsenenleben bereithält, bald weniger wird, will Baden-Württemberg Medienberichten zufolge nun das Pflichtfach „Beruf und Wirtschaft” einführen. Die Idee dazu ist nicht neu. Schon im Mai 2013 forderte der baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid ein solches Fach. Jetzt folgen Taten. Ab dem Schuljahr 2016/17 sollen alle Kinder und Jugendlichen an allgemeinbildenden Schulen im Unterricht über Beruf und Wirtschaft lernen. Das Fach soll „Kindern helfen, zu mündigen Wirtschaftsbürgern zu werden”, sagte Schmid der Süddeutschen Zeitung.
Mit diesem Schritt nimmt das Bundesland, das alles außer Hochdeutsch kann, eine Vorreiterrolle ein. Denn obwohl in allen Ländern in der Mittel- und Oberstufe ähnliche Inhalte in verschiedenen Fächern behandelt werden, ist ein Pflichtfach zum Thema „Beruf und Wirtschaft” Novum.
Das Lernen lernen
Doch ist ein solches Fach notwendig? Kritiker argumentieren, dass die Schule nicht dafür da sei, einen auf alle Fragen des Lebens vorzubereiten. Was die Schule einem beibringe, sei das Lernen zu lernen. Alltägliche Dinge wie Steuern, Versicherungen und Miete könnten sich die Schülerinnen und Schüler dann selbst aneignen.
Ein weiterer Kritikpunkt an dem Pflichtfach „Beruf und Wirtschaft” kommt von Gewerkschaften und Elternvertretern. Denn neben Lehrkräften würden auch Vertreter aus der Praxis die Kinder und Jugendlichen unterrichten. Sie befürchten, dass Unternehmen ihre Interessen einseitig in Klassen bringen könnten.
Wie das Fach genau aussehen soll, ist bis jetzt jedoch noch unklar.
Wie sehen Sie das?
Was meinen Sie zu dem Thema? Brauchen unsere Schülerinnen und Schüler ein Fach zum Thema Beruf und Wirtschaft? Oder liegt die Verantwortung, sich zu informieren, in der Schülerhand bzw. im Elternhaus? Wenn so ein Fach eingeführt werden würde, welche Inhalte sollten darin behandelt werden? Schreiben Sie uns Ihre Meinung im Kommentarfeld!
Titelbild: ©Ollyy/Shutterstock
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Längst überfällig, wenn verhindert werden soll, dass junge Menschen völlig ahnungslos in die gut getarnten Fallen der Geldwirtschaft tappen, weil ihnen Glauben gemacht wird, dass alles zu ihrem Besten geschähe. Ich persönlich kenne aus eigenem Erleben mehrere Fälle, in denen Banken diese Unwissenheit schamlos zu ihrem Vorteil genutzt haben (einer jungen Azubi wurde zur Anlage von VWL (waren es 13,- DM?) ein Bausparvertrag über 60.000 DM verkauft und die Zuteilung nach 7 Jahren versprochen. Nach 2 Jahren zeigte ihr Auszug noch immer eine negative Zahl). Ähnliche Beispiel ließen sich gewiss zuhauf zusammentragen. Das Argument der Gegener würde ich dann eher für andere Inhalte gelten lassen. Was nützt es einem jungen Menschen, wenn er die Reaktionsschritte des Calvin-Zyklus auswendig hinzuschreiben vermag, jedoch nicht versteht, das Leben Energie benötigt und diese Ressource weitestgehend begrenzt ist und das Hauen und Stechen um diese täglich weltweit stattfindet und natürlich das Leben und die Zukunft jedes Einzelnen beieinflusst.
Interressant interessnat. im Saarland haben wir bereits ein Fach
BERUF UND WIRTSCHAFT
Für die Schüler der Gemeinschaftsschulen!
In drei Bereichen
Berufsorientierung Lebenskonzept und Wirtschaft
werden hier Schüler im Rahmen von Vorhaben dazu angeleitet
Dinge selbst zu unternehmen und das Leben selbst zu erfahren.
Für mich eine gute Idee, denn Bildung wird immer weniger von googelbarem Wissen sondern immer mehr von „Erfahren“ geprägt.
Ich habe etwas geschafft,
Ich verfolge meine Ziele.
Ich weiß wie man etwas angeht.
Das sind meiner Meinung nach Bildungsziele die man in der Schule vermitteln sollte
(Vielleicht auch noch wie kann ein Twitter Beitrag („für was brauche ich das- Gedichtinterpretation) in alle deutschen Medien lanciert werden, obwohl diesen Satz wohl jeder Lehrer immer wieder gehört hat.
Und wie schafft Baden Württemberg zu so einem Rummel für ein Fach, dass es in der Tat auch in anderen Ländern bereits gibt? )
also ich bringe meinen Schülern bei, wie man Überweisungen tätigt, welche Versicherungen es gibt und so weiter! Wirtschaft und Verwaltung ist ein tolles Fach in RLP
Ich spreche mich ausdrücklich für dieses Unterrichtsfach und eine Durchforstung der Lehrpläne nach „ÜBERFLÜSSIGEM“ aus. wenn ich beispielsweise an meine eigene Schulzeit denke und mich danach frage, wann ich das letzte mal eine SINUSKURVE im Leben brauchte, dann ist das nur ein Beispiel für zu viel überflüssiges vermitteltes Wissen, das erst dann vermittelt werden muss wenn es tatsächlich notwendig ist.
Viel besser wäre es, in der Schule wert auf die Grundrechenarten und das richtige Schreiben zu legen. Ansonsten nützt der andere Unterricht auch nichts.
Und dann gehören für mich die Eltern an die 1. Stelle , wenn es darum geht ein Kind „lebensfähig“ zu machen. Meine Erfahrung in den letzten 25 Jahren ist, dass diese sich immer mehr zurücklehnen und meinen die Schule macht das schon.
In NRW und Niedersachsen gibt es so ein Fach (Arbeitslehre Wirtschaft bzw. Arbeit/Wirtschaft) sowie umfassende berufsorientierende und -vorbereitende Maßnahmen und seit vielen, vielen Jahren – zumindest an Haupt-, Real- und Gesamtschulen.
Mag sein, dass Gymnasien da bundesweit Nachholbedarf haben. Insgesamt wird dieses Thema m.E. unnötig aufgebauscht.
Das ist eine perfekte Idee. Überfällig und längst notwendig in ganz Deutschland.