Was man mir vor dem Referendariat hätte sagen sollen
Referendarin Franziska ist seit mehr als einem Jahr in der Lehramtsausbildung für das zweite Staatsexamen. Neuankömmlingen verrät sie Hinweise, über die sie sich selbst zu Beginn gefreut hätte.
Als Referendarin betritt man die Schule mit einem besonderen Status. Von dem bestehenden System hat man keine Ahnung. Dennoch wird man unvermittelt ins kalte Wasser geworfen. Im schlimmsten Fall fühlt sich niemand so richtig für einen zuständig und man steht allein vor einem riesigen Berg von Aufgaben. Im Folgenden möchte ich ein paar Tipps, die mir zu Beginn der Lehramtsausbildung gut getan hätten, mit den lesenden Referendariatsbeginnern teilen.
Präsenz im Lehrerzimmer
Sehen und gesehen werden: In größeren Schulen wird dich zunächst niemand richtig für voll nehmen. Kontakt mit anderen Lehrern und Lehrerinnen zu halten, ist allerdings wirklich wichtig. Wenn du wie ich die 1,60 m-Grenze nicht geknackt hast, wirst du nicht nur von Schülerinnen und Schülern, sondern auch von deiner Kollegschaft für eine Neuntklässlerin gehalten. So passiert in meiner zweiten Woche, als mich die Hofaufsicht nicht ins Schulgebäude lassen wollte. So passiert zur Halbjahreskonferenz der Werkpädagogen und -pädagoginnen, die mich freundlich aber bestimmt darauf hinwiesen, dass diese Konferenz für Schüler und Schülerinnen nicht geöffnet sei. Und so passiert vor zwei Tagen, als mich der Kunstlehrer um halb acht Uhr morgens zurückgerufen hat mit den Worten: „Bis zehn vor acht auf dem Hof bleiben, junges Fräulein!“ Betreffender Kunstlehrer hat sich seitdem bereits zweimal für seinen Fauxpas entschuldigt.
Aber nicht nur, dass dein Gesicht allen Kollegen und Kolleginnen für solche Fälle bekannt sein sollte – im Lehrerzimmer wirst du mit den wichtigsten Infos versorgt. Zu Fristen, Terminen, Konferenzen und so weiter. Wenn ich im Lehrerzimmer nicht hin und wieder das Wort „Notenschluss“ aufgeschnappt hätte, ich schwöre, ich hätte für die ersten vier Monate vergessen, überhaupt nur eine Note zu vergeben.
Mit diesen Menschen solltest du dich gut stellen
Nachdem du bei der Lehrerschaft vorstellig geworden bist, solltest du einigen von ihnen auch vertraut werden. Klar, im Lehrberuf „kämpft“ man die meiste Zeit allein. Aber viele Kolleginnen und Kollegen halten gute Ratschläge bereit und kennen die Schülerschaft sehr genau. Im Besonderen möchte ich kleinere Kaffeefreundschaften mit dem Teil des Kollegiums empfehlen, der kurz vor der Rente steht. Die Geschichten, die hier erzählt werden, sind unglaublich spannend und die Ratschläge weise. Wenn die Berentung wirklich kurz bevor steht, hast du vielleicht Glück und kannst eine Menge Material beerben!
Die heimlichen Herrscher der Schule sind allerdings – und dabei bleibe ich – die Menschen im Sekretariat und im Hausmeisteramt. Die einen werden es besser mit dir meinen, die anderen schlechter. Unsere Sekretärin hat mir schon mit unglaublich viel Büromaterial für den Unterricht ausgeholfen und musste bei Krankheitsfällen mehr mich als die Schüler und Schülerinnen beruhigen. Der Hausmeister meiner Schule demonstriert seine Macht weitaus weniger subtil: Er hat mich geschlagene achtmal seinen gusseisernen Türklopfer (mein Ernst!) betätigen lassen, bis er sich willig zeigte, mir einen Schlüssel zu geben.
Plane deine Freizeit
Ein wichtiger Rat, den mir mein Mentor direkt zu Beginn der Ausbildung mit auf den Weg gab: Plane deine Freizeit. Das Referendariat ist unglaublich anstrengend und dauert in Berlin eineinhalb Jahre. Eine so lange Zeit solltest du weder deine Seele noch deine Freunde vernachlässigen. Letztere haben mir außerdem schon unglaublich viel geholfen: Sie haben mit mir ausgeschnitten, geklebt und gebastelt. Sie haben mir Plakate und Stifte von der eigenen Arbeit stibitzt und Materialien aus ihrem Fundus hergegeben. Sie haben 45 Minuten den Schüler oder die Schülerin für mich gemimt, um einzelne Stunden für Unterrichtsbesuche zu üben. Mit ihnen macht die Arbeit einfach viel mehr Spaß und ihre Gesellschaft kann der notwendige Ausgleich zum stressigen Job sein.
Die Freizeit lässt sich auch durch andere Hilfsmittel besser erhalten. Zahlreiche Internetseiten bieten mittlerweile wirklich hochwertiges Material, mit dem sich auch mal Unterrichtszeiten füllen lassen, an deren Vorbereitung man keine fünf Stunden sitzen konnte. Du solltest außerdem nach vorhandenen Materialien in den Schulen oder bei Referendariatskollegen und -kolleginnen fragen. Die meisten von ihnen sind sehr offen und hilfsbereit, denn sie wissen ganz genau: Ohne Kollegium, Sekretariat, Hausmeisteramt, Freunde und Leidensgenossen steht dir eine unsagbar anstrengende Zeit bevor!
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Titelbild: © Syda Productions/shutterstock.com
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Liebe Franzi,
da du ja während deines Refs scheinbar der Undercover-Schüler (oder doch Lehrer???) bist, sorgst du ja scheinbar für ordentlich Amusement und witzige (oder peinlich berührte – Auge des Betrachters) Momente.
Ich wünsche Dir aber viel Erfolg fürs Ende des Refs. Was danach kommt, ist übrigens auch sehr stressig, aber diese dämlichen Unterrichtsbesuche fallen zum Glück weg. 🙂
Gruß,
Alex (damals vom Studium).