Ewige Schulferien – ein Leben nach der Arbeit

Die Zeit „danach“ – Frau mit Klasse, die noch ziemlich neu im Lehrerberuf ist, hat einen Blick in die ferne Zukunft geworfen.

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Vierzig Arbeitsjahre

Plötzlich ist es soweit – nach sechseinhalb Jahren Studium und Referendariat bin ich endgültig im Arbeitsleben angekommen. Die nächsten vierzig Jahre sind gesetzt: jeden Morgen gegen sechs Uhr aufstehen, in die Schule gehen und jungen Menschen etwas beibringen. Da kann schon einmal die Frage aufkommen: Soll es das jetzt gewesen sein?

Die Antwort auf die Frage

… kenne ich nicht. Viele wünschen sich genau das: anzukommen, sesshaft zu werden. Ich bin ein Mensch, der ständig auf der Suche nach Neuem ist, liebe spannende und neue Wege und interessante Persönlichkeiten, die mir auf dem Weg begegnen. So auch die Möglichkeit, als Ausgleich zum Lehrerberuf meine Gedanken zu Papier zu bringen und mit anderen zu teilen. Mal sehen, was das (Arbeits-)Leben noch bringt. Ich bin gespannt. Aber was kommt eigentlich danach?

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Lehrerin für immer und ewig?

Natürlich wird man, nach Ende des Arbeitslebens, nicht von einem auf den anderen Tag aufhören können, Lehrerin oder Lehrer zu sein. Das merke ich schon jetzt, im Jahr 2019. Viele zugeschriebene Charakterzüge dieser Berufsgruppe erkenne ich in mir wieder. Das wird sich eher weiter manifestieren. Man würde gerne Kinder auf der Straße belehren, regt sich über Rechtschreibfehler auf, bringt gerne typische Lehrersprüche. Das passiert vielen und zum Glück ist es meistens auch sympathisch. Heute und auch noch in knapp vierzig Jahren.

Ein Blick in das Jahr 2055

Heute in ca. vierzig Jahren ist es dann soweit: Die Pension bzw. Rente steht vor der Tür. Vermutlich werden die Jahre genauso schnell vergehen, wie die letzten elf. Als ich selbst Abitur gemacht und mein Zeugnis ausgehändigt bekommen habe. Die Welt stand mir offen. Nun verteile ich selbst Zeugnisse. Aber irgendwann wird es soweit sein: „Frau mit Klasse, du hast es geschafft! Deine Arbeitszeit ist vorbei. Wir wünschen dir noch wunderbare Jahre.“ Ich fahre nach Hause und weiß: Ich werde nicht mehr in die Schule zurückkehren. Junge, engagierte Kolleginnen und Kollegen werden meinen Job übernehmen, das Zahnrad dreht sich einfach weiter, auch ohne mich. Die ersten Ferien werden großartig: Ich sitze auf meiner Terrasse, genehmige mir ein Glas Wein und atme tief durch. Doch nach ihrem Ende kehre ich nicht zurück in den Alltag wie die anderen. Ich habe weiterhin frei. Schulferien für den Rest meines Lebens. Ein komisches Gefühl, es wird eine Weile dauern. Doch dann wird mir klar: Die Welt steht mir offen, ich kann einfach alles tun.

Wünsche und Träume für die Zukunft

Nun stehe ich im Fokus. Keine administrativen Aufgaben mehr. Keine Eltern, die spätabends Mails schicken. Keine Schülerinnen und Schüler, die wegen eines vergessenen Turnbeutels weinen. Keine Unterrichtsvorbereitungen, keine Berge an Korrekturen. Nur ich und meine Bedürfnisse. Vielleicht wird mir ja schnell langweilig und ich kümmere mich weiterhin ehrenamtlich um junge Menschen. Aus jetziger Sicht weiß ich aber: Mir wird nie langweilig. Dafür birgt das Leben zu viele Möglichkeiten und Türen, die ich gerne öffnen würde. Gerade lese ich ein tolles Buch. „Das große Los“ von Meike Winnemuth. Diese wunderbare Frau hat bei Günther Jauch eine halbe Million Euro gewonnen. Sie war über 50, als sie sich entschloss, auf Weltreise zu gehen. Die Lektüre ist großartig, ich erkenne mich an so vielen Stellen wieder. Sie sagt, wenn das alte Leben nichts mehr tauge, habe man jederzeit das Recht auf ein anderes. Ist der Abschluss des Arbeitslebens nicht so ein neues Leben? Eine neue Chance? Ich bin mir sicher. Mit über sechzig Jahren bin ich natürlich schon deutlich älter. Ich möchte dann endlich zur Ruhe kommen. Doch dies wird mich hoffentlich nicht davon abhalten, mir weiterhin die Welt anzusehen. Zu reisen. Mich mit Freundinnen und Freunden zu treffen und zu lachen, bis die Bäuche wehtun. Bücher zu lesen.

Wenn ich überlege, was ich bisher schon alles erlebt habe, sollte ich wahrscheinlich ein eigenes Buch schreiben. Laut meinem Freundeskreis habe ich immer eine Geschichte zu erzählen. Vielleicht mache ich das also. Oder wer weiß, vielleicht habe ich bis dahin schon mehrere Bücher verfasst. Stellt euch mich vor, kaffeetrinkend an meinem Schreibtisch sitzend, mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Möglicherweise vertreibe ich mir die Zeit in meinem bunt blühenden Garten. Vielleicht verwandelt sich mein schwarzer Daumen ja doch noch in einen grünen. Ich liebe Blumen und Pflanzen. Und Mittagschlaf, ja, den liebe ich auch. Nachdem ich dann ausgeschlafen habe, gehe ich zu einem Sprachkurs. Schon jetzt würde ich gern Spanisch und Italienisch lernen. Dabei streichele ich meine Katzen, ich habe mit Sicherheit mehr als eine. Aber egal, was ich tun werde: Ich möchte auf ein absolut lebenswertes Leben zurückblicken können.

Zurück in die Gegenwart – in das Jahr 2019

Vor dem Älterwerden und Zurruhekommen sollte man keine Angst haben. Solange man liebe Menschen um sich hat, die mit einem altern, ist alles gut. Mit Familie, Freundinnen und Freunden kann man nach Ablauf des Arbeitslebens immer noch zusammensitzen und tollen Unsinn machen. Auch heute schon besteht mein Leben nicht nur aus Arbeit. Ich versuche, auch unter der Woche viel mitzunehmen und meine Zeit zu genießen. Denn worauf warten? Auf die erwähnte Pension oder Rente? Sie wird eh kommen. Ich möchte das Leben stets genießen und auch noch einige Stationen durchlaufen, beruflich und privat. Denn wie sagt man so schön? Liegen denn die besten Zeiten nicht vor uns? Ich bin sehr gespannt.

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Titelbild: © Ollyy/shutterstock.com