FIRST® LEGO® League: Wenn Schülerinnen und Schüler zu Experten werden
Daniel Marburger betreibt seit 15 Jahren eine Robotik-AG am Inda-Gymnasium in Aachen. Der Physiklehrer und seine Schülerinnen und Schüler sind so erfolgreich, dass sie regelmäßig bei LEGO-Turnieren gewinnen und auch „Jugend forscht“ schon von sich überzeugen konnten.
Herr Marburger, seit wann beschäftigen Sie sich als Lehrkraft mit dem Thema „Robotik“?
Daniel Marburger: „Als Lehramtsstudierender habe ich vor 15 Jahren am Inda-Gymnasium in Aachen eine Robotik-AG aufgebaut. Diese AG hat mich über das Referendariat hinaus bis heute als feste Lehrkraft begleitet und ist immer größer geworden. Heute nehmen um die 40 Schülerinnen und Schüler an der AG teil.“
Wie ging es dann für die AG weiter?
Daniel Marburger: „Ursprünglich war die AG Teil der Nachmittagsbetreuung an unserem Gymnasium. Ich war Tutor und hatte eine Handvoll Schülerinnen und Schüler, die sich etwas ausprobierten. Über die Zeit konnten wir uns immer mehr Material zulegen und waren auch immer erfolgreicher in den regionalen und internationalen Wettbewerben, an denen wir teilnahmen. Das sorgte für immer mehr Interesse in der gesamten Schülerschaft.
Mittlerweile richten wir sogar selbst regionale Turniere und Semifinale für die FIRST® LEGO® League in Deutschland aus und waren im vorletzten Jahr auch Gastgeber der Europameisterschaft.“
Gibt es eigene Projekträume für Ihre Robotik-AG an der Schule?
Daniel Marburger: „Ja, wir haben einen ehemaligen Kunstraum umgebaut und mit alten offiziellen Wettbewerbstischen der FIRST LEGO League ausgerüstet. Diese können wir nutzen, um uns jährlich auf die neuen Aufgaben vorzubereiten. Dafür können wir theoretisch bis zu 16 Tische aufbauen.“
Wie oft findet die Robotik-AG an Ihrem Gymnasium statt?
Daniel Marburger: „Ich treffe mich regulär jede Woche für mindestens drei Stunden mit den Schülerinnen und Schülern. Ansonsten funktioniert der AG-Raum als ‚offene Tür‘, sodass die Schülerinnen und Schüler jederzeit in den Freistunden oder Pausen an ihren Projekten weiterarbeiten können.“
Wie organisieren Sie die Projektarbeit intern?
Daniel Marburger: „Ich gebe an einer Pinnwand die Arbeitsaufträge für die Schülergruppen vor. Das Vorgehen habe ich mir vor Jahren von einem befreundeten SAP-Software-Entwickler abgeschaut. Wir verwenden dabei ein Ampel-System mit roten, gelben und grünen Post-its. Je nachdem, wo sich eine Schülergruppe aktuell mit der Arbeit befindet, verschiebt sie ihren Marker auf diese Farbe.
Das läuft dann so ab: Meine Schülergruppen bearbeiten zuerst die Leitfragen, die die FIRST LEGO League vorab herausgibt. Wenn die Schülerinnen und Schüler die Leitfragen das erste Mal durchlesen, setzen sie ihren Gruppenmarker auf die Stelle des roten Post-its. Wenn schon erste Ideen zur Umsetzung entstanden sind, die Gruppe also bereits gestartet ist, wandert der Marker auf das gelbe Post-it. Und wenn die Aufgabe erfüllt ist und präsentiert werden kann, rutscht die Gruppe weiter zum grünen Post-it.
Das Ganze wird an einem Zeitstrahl abgebildet, damit die Schülerinnen und Schüler wissen, bis wann sie was erledigt haben sollten. Trotzdem sind die letzten zwei Wochen vor Projektabgabe unsere heiße Phase. Dann sind die Gruppen in jeder Freistunde im AG-Raum oder bleiben sogar bis 20 Uhr dort, bis der Hausmeister die Schule abschließt.“
Kann man auch als junger Schüler bzw. junge Schülerin am Wettbewerb teilnehmen?
Daniel Marburger: „Theoretisch können Kinder ab neun Jahren an der First LEGO League teilnehmen. Aus meiner Erfahrung sind die Fünftklässlerinnen und Fünfttklässler aber eher noch überfordert mit den Aufgaben. Ich mache es daher meistens so, dass ich ihnen in der AG lieber ganz strukturierte und geführte Aufgaben gebe, mit denen sie erst mal die Grundprinzipien des Programmierens kennenlernen können. Wenn sich die jungen Kinder aber gut in ein Profi-Team integriert haben und mitkommen, können sie natürlich auch am Wettbewerb teilnehmen.“
Nehmen Sie mit den Schülerinnen und Schülern der AG auch an anderen Wettbewerben teil?
Daniel Marburger: „Wenn die Projekte innovativ und nachhaltig sind, melde ich diese auch bei ‚Jugend forscht‘ an. Damit haben wir in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Ich hatte z. B. zwei Schülerinnen, die als Hochwasserschutz ein Wabenkammersystem aus Kunststoff entwickelt haben. Das war physikalisch durchgerechnet und hielt auch bei Flutungstests mit der Freiwilligen Feuerwehr stand. Damit haben sie die regionalen ‚Jugend forscht‘-Wettbewerbe gewonnen.“
Welche Angebote gibt es außerdem an Ihrer Schule?
Daniel Marburger: „Aktuell gibt es für unsere Schülerinnen und Schüler der Klassen Acht und Neun eine Junior Ingenieur-Akademie als Wahlunterricht. Diese wird im Verbund des Landes mit unserer Schule und der Telekom-Stiftung angeboten. Im Rahmen dieses Unterrichts steht auch Robotik für ein Semester auf dem Stundenplan.
Außerdem bieten wir als erstes Gymnasium in unserer Region einen Technikunterricht als Grundkurs in der Oberstufe an. Hier arbeiten wir ebenfalls mit den Robotern von LEGO Education, um größere Problemstellungen zu bearbeiten. Unter anderem arbeiten wir dafür mit der Industrie des Raums Aachen zusammen.“
Steckbrief
Name: Daniel Marburger
Schule: Inda-Gymnasium, Aachen
Fächer: Mathematik, Physik und Technik
Die Schülerinnen und Schüler von heute … sind die Lehrerinnen und Lehrer von morgen.
Die Schule von morgen … ist übermorgen schon wieder Schnee von gestern.
Ich werde nie vergessen, wie … mein Sohn bei der Geburt aussah.
Welche Lernlösungen verwenden Sie für welche Schülergruppen?
Daniel Marburger: „Wir verwenden die LEGO® Education EV3-Sets als Einstieg, um den Schülerinnen und Schülern alles Wichtige über die gängigsten Sensoren beizubringen. Damit lernen sie z. B. das EVA-Prinzip (Eingabe – Verarbeitung – Ausgabe) kennen. So legen wir die Grundlage für die späteren Lerneinheiten im Technik-Unterricht, bis hoch zur Elektrotechnik für die oberen Jahrgänge.
Mit den Windenergie-Sets von LEGO Education betreiben wir Analysen für Windkraftanlagen. Dabei klären wir Fragen, wie: Wie sind sie aufgebaut? Wie müssen die Propeller gestellt sein? Wie kann man eigene Propeller entwickeln? Wie kann man die Leistung dann messen? Die Sets kombinieren wir im Physikunterricht mit anderen Messgeräten.
Und auch das Solarenergie-Set kombinieren wir mit einem EV3-Set so, dass die Schülerinnen und Schüler ein Solarpanel so programmieren, dass es sich nach der Sonne ausrichtet.“
Was eignet sich Ihrer Meinung nach besonders gut für den Einstieg in die Arbeit mit LEGO Education, auch aus Sicht einer Lehrkraft?
Daniel Marburger: „Am besten fängt man kleinschrittig mit einem vorgegebenen Roboterbausatz an. Das kann von LEGO Education selbst sein oder von Akademien, die mit LEGO Education zusammenarbeiten. Viele Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrkräfte, haben am Anfang Probleme damit, nur mithilfe einer Kiste voller LEGO-Steine einen fahrbaren Roboter zu bauen. Da hilft es, schrittweise in die verschiedenen Funktionen einzusteigen, um die verschiedenen Motoren, Sensoren usw. kennenzulernen. Als Motivation können Lehrkräfte dann kleinere Wettbewerbe unter den Kindern ausloben. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.
Sie sind mittlerweile sehr versiert darin, Schülerinnen und Schüler zur selbstständigen Arbeit zu führen. Können Sie die wichtigsten Prinzipien für das Erarbeiten komplexer, unbekannter Fragestellungen nennen?
Es ist mir wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, teamfähig zu handeln. Wenn sie z. B. als großes Ziel die Wettbewerbsteilnahme haben, achte ich darauf, gemeinsam mit ihnen kleinschrittige Teilziele bis dorthin zu erarbeiten. Dadurch verhindert man, dass die Kinder überfordert sind.
Als Nächstes will ich vermitteln, dass es in Ordnung ist, wenn nicht jede und jeder perfekt programmieren kann. In der Gruppenarbeit gibt es viele Rollen, z. B. den Zeitwächter oder den Dokumentierenden. Jedes Kind soll mit seinen Stärken und individuellen Interessen etwas zum Erfolg des Projekts beitragen.“
Glauben Sie, dass man LEGO Education auch für eine Regelklassenstärke einsetzen kann?
Daniel Marburger: „Ja, aber man bräuchte im Unterricht mit einer normalen Klassenstärke mehr Material, als wir haben. Für die AG können wir die Aufgabenstellungen z. B. an den Wettbewerbsaufgaben der FIRST LEGO League ableiten. Dann sucht sich jede Gruppe einen Roboter aus, auf den sie sich spezialisieren wollen und innerhalb der Gruppe übernimmt jedes Kind eine Expertenrolle.
Wohingegen ich im Unterricht ja erreichen möchte, dass jedes Kind das EVA-Prinzip beherrscht und auf einen Roboter anwenden kann. Das heißt in der Konsequenz, dass ich bei 30 Schülerinnen und Schülern, die zu zweit arbeiten, 15 Roboter, 15 Education-Sets und 15 Laptops brauche. Das ist natürlich auch eine Kostenfrage.
Man kann zwar am ZDI in NRW über einige Wochen entsprechende Sets ausleihen, aber langfristig müssten sich die Schulen eigene Sets anschaffen. Außerdem sind die Lernniveaus und -geschwindigkeiten der Kinder je nach Alter und Schulform ganz unterschiedlich. Meine Erfahrung aus Weiterbildungen, die ich für Lehrkräfte im Aachener Raum gegeben habe, zeigt, dass man dann als Lehrerin bzw. Lehrer teilweise sehr viel stärker führen muss. Bei mir persönlich ist es allerdings so, dass ich sehr technisch begabte und motivierte Schülerinnen und Schüler an der Schule habe. Sie sind sehr kreativ, wollen ihre Projekte verbessern oder suchen sich selbst Aufgaben. Das ist sehr angenehm für uns Lehrkräfte.“
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