Freundschaftsanfrage auf Facebook – annehmen oder ablehnen?
Es wird heiß diskutiert: Sollen Lehrer und Schüler auf Facebook befreundet sein? Offizielle Richtlinien und Regelungen gibt es nur vereinzelt und sind von Bundesland zu Bundesland verschieden. Rheinland-Pfalz verbietet jeden Kontakt in sozialen Netzwerken, Brandenburg setzt auf Eigenverantwortung der Pädagogen. Wie geht man als Lehrer mit digitalen Freundschaftsanfragen von Schülern also um? Nimmt man sie an? Möchte man seine privaten Daten überhaupt mit seinen Schülern teilen? Und was sagen die Kultusministerien dazu?
Verfechter von sozialen Netzwerken im Unterricht heben hervor, wie gut Facebook sich eigne, um schnell und einfach Informationen mit Schülern zu teilen. „Die meisten Schüler sind viel häufiger bei Facebook als im Moodle [eine Lernplattform, Anm. d. R.]. Deshalb erreiche ich sie dort viel besser“, erzählte uns Lehrer Martin Kurz. Facebook wird verwendet, um Hausaufgaben zu posten, Nachfragen zu ermöglichen, Schüler an Bücher zu erinnern, die sie am nächsten Tag mitbringen müssen. Facebook eignet sich auch, um Schüler für den richtigen Umgang mit sozialen Netzwerken zu sensibilisieren. Realschullehrer Jan-Martin Klinge, z. B., kommentiert peinliche Fotos von seinen Schülern mit dem Satz: „Bist du sicher, dass du willst, dass dein Lehrer das sieht?“ Die Fotos verschwänden dann meist ganz schnell und Schüler lernen so, sich richtig nach außen darzustellen oder zumindest die Privatsphäreeinstellungen von Facebook zu nutzen, erklärte er Spiegel Online.
Gegner von Schüler-Lehrer-Freundschaften auf Facebook sehen ein Problem mit dem Datenschutz. Alle Daten, die auf Facebook gepostet werden, landen auf amerikanischen Servern und können für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Dies sei mit den Landesdatenschutzgesetzen nicht zu vereinbaren. Des Weiteren befürchten Kritiker, dass Schüler, die nicht auf Facebook sind, von der Klassengemeinschaft ausgeschlossen werden oder Informationen verpassen könnten. „Über den Zugang zu Facebook besteht die Gefahr einer Zwei-Klassen-Gesellschaft – diejenigen, die Mitglied sind und die anderen, die außen vor bleiben, weil sie zu jung sind oder die Eltern es nicht erlauben“, sagte Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Philologenverbands, dem Spiegel. Es müssten also alle Informationen und Neuigkeiten auf Facebook und gleichzeitig über andere Kanäle (Newsletter, Elternbrief, etc.) verbreitet werden.
Privat bleibt privat
Egal ob Befürworter oder Gegner, die meisten sind sich einig, dass Pädagogen Privates vom Beruflichen auf Facebook trennen sollten. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Sie weiterhin Urlaubsfotos und Statusmeldungen mit Freunden teilen können, ohne dass Ihre Schüler sie sehen:
- Ein Profil, mehrere Listen: Facebook erlaubt es, verschiedene Listen für „Freunde“ anzulegen. Sie können Ihre Schüler in eine Liste verschieben und dann beim Veröffentlichen von Beiträgen auswählen, mit welchen Personen oder Listen Sie den Beitrag teilen bzw. nicht teilen möchten. So haben Sie die Kontrolle, welche Informationen Ihre Schüler über Sie sehen können. Ihre Urlaubsfotos wären dann z. B. für alle Ihre Freunde außer Personen in der Liste „Klasse 9a“ zu sehen. Vorteil von dieser Methode ist, dass Sie nur ein Profil und einen Administrationsaufwand haben. Der Nachteil ist, dass Sie jedes Mal darauf achten müssen, wen Sie für den Post freischalten.
- Zwei Profile: Um Privates und Berufliches voneinander zu trennen, würde sich das Anlegen von zwei separaten Facebook-Profilen eignen. Allerdings erlaubt Facebook das nicht. Jeder Nutzer darf nur ein Mitgliedskonto haben, um Fake-Profile zu vermeiden. Es könnten also Probleme auftauchen, wenn Facebook zur Verifizierung nach der Handynummer verlangt, da man pro Nummer nur ein Profil freischalten kann. Funktionieren kann es aber trotzdem. Lehrerin Lea Fleynberg hat ein privates Profil und ein zweites Account für ihre Schüler: „Ohne Fotos, ohne zusätzliche Informationen zu mir als Privatperson. Nur zum Kommunizieren über Organisatorisches,“ schreibt Fleynbert in Zeit Online. Den privaten Account können ihre Schüler nicht finden, geschweige denn ihr eine Freundschaft anbieten. In den Privatsphäre-Einstellungen und Werkzeuge können Sie auswählen, wer welche Inhalte sehen, wer nach Ihnen suchen (z. B. ob Sie in Suchmaschinen angezeigt werden wollen oder nicht) und wer Sie kontaktieren darf. Der Vorteil dieser Methode ist, dass Ihre privaten Informationen privat bleiben. Es besteht aber ein Risiko, dass Facebook Ihren privaten und schulischen Account irgendwann zusammenlegt.
- Seite: Eine andere Alternative wäre, eine Seite oder eine sogenannte „Fan-Page“ anzulegen. Ihre Schüler und Schülerinnen können dort auf „Gefällt mir“ klicken und erhalten dann regelmäßige Updates, wenn Sie auf der „Fan-Page“ einen Beitrag veröffentlichen. Der Vorteil einer Seite ist, dass Sie diese mit Ihrem Account leiten können, Ihre Schüler aber keinen Einblick auf Ihr privates Profil haben. Alle Schüler und auch Eltern können sich die Seite ansehen, Beiträge posten und kommentieren. Allerdings ist sie mit allen Informationen uneingeschränkt öffentlich sichtbar. Deswegen sollten sensible Daten dort nie veröffentlicht werden.
- Gruppe: Gruppen haben den Vorteil, dass man die Privatsphäre auf „geschlossen“ stellen kann. Nur Mitglieder der Gruppe können somit Beiträge veröffentlichen und lesen. Der Vorteil ist, dass die Schüler nicht mit der Lehrkraft befreundet sein müssen, um in der Gruppe gemeinsam aktiv zu sein. Lehrer Martin Kurz, z. B., lässt pro Klasse jeweils einen Schüler oder eine Schülerin eine Gruppe erstellen. Die einzige Bedingung ist, dass er Administrator wird, um gegebenenfalls unangemessene Posts zu löschen. Die Gruppen verwendet Kurz hauptsächlich zur Organisation und dem Festhalten von Lernmaterialen. „Meine letzten Worte einer üblichen Mathematik-Unterrichtsstunde [sind] meist: ‚Wer postet die Hausaufgabe in FB?‛ Ansonsten kümmere ich mich wenig um die Gruppen, die Schüler verwalten es selbst,“ schreibt Kurz auf seinem Blog Widerspiegel.
Regelungen einzelner Bundesländer
Es gibt also verschiedene Möglichkeiten, auf Facebook mit Schülern in Verbindung zu treten, je nachdem wie viele private Informationen Lehrkräfte teilen und wie viel Zeit sie dafür verwenden möchten. Allerdings wird die Kommunikation in sozialen Netzwerken zwischen Lehrern und Schülern nicht von allen Kultusministerien gern gesehen. Offizielle Richtlinien und Regelungen gibt es nur vereinzelt und sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Hier finden Sie einen Überblick:
- Rheinland-Pfalz: Seit Oktober 2013 herrscht strengstes Facebook-Verbot zwischen Lehrern und Schülern. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule sei mit dem Geschäftsmodell von Facebook – die Verwendung persönlicher Daten für kommerzielle Zwecke – nicht zu vereinbaren, begründete das Kultusministerium die Entscheidung.
- Schleswig-Holstein: Seit Ende 2012 dürfen Lehrer Netzwerke nicht mehr nutzen, um Schulausflüge zu planen oder Noten mitzuteilen. „Fan-Pages“ sind erlaubt. Aber alle Informationen, die dort veröffentlicht werden, müssten auch via Elternbrief oder anderen bekannten Kanälen verbreitet werden. Schließlich sei nicht jeder über Facebook zu erreichen.
- Baden-Württemberg: Es ist „generell verboten“ Facebook und Co. für die „dienstliche Verarbeitung personenbezogener Daten“ zu verwenden, schreibt das Kultusministerium. „Fan-Pages“ dürfen angelegt werden und soziale Netzwerke können im Rahmen des Unterrichts dazu genutzt werden, um Funktionsweisen, Vor- und Nachteile, Risiken, usw. pädagogisch aufzuarbeiten.
- Bayern: Lehrer und Schüler dürfen auf Facebook nicht befreundet sein. Eine Gruppe ist erlaubt, sei aber „hochproblematisch“, da nicht alle Schüler in sozialen Netzwerken vertreten seien.
- Nordrhein-Westfalen: Lehrer müssen sich „amtsangemessen verhalten“, d. h. Facebook ist erlaubt, professionelle Distanz wird aber vorausgesetzt.
- Thüringen und Saarland: Kontakt zwischen Lehrern und Schülern ist erlaubt, aber persönliche Daten wie Noten dürften dort nicht übermittelt werden.
- Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Berlin, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Hamburg: Diese Bundesländer appellieren an Eigenverantwortung und gesunden Menschenverstand der Lehrer und lehnen eine Regelung ab.
- Bremen: Das Kultusministerium lehnt eine Regelung ab. Das Landesinstitut für Schüler hat aber ein Handbuch zum richtigen Umgang mit Facebook herausgegeben.
- Sachsen: Das Kultusministerium arbeitet gerade an einem solchen Handbuch.
Titelbild: ©iStock.com/mrPliskin
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Ich finde es am besten, wie sich Mecklemburg- Vorpommern usw verhalten , die an die Eigenverantwortung un den gesunden Menschenverstand appellieren! Ich bin Deutschlehrerin im Ruhestand, als ich noch aktiv war, hatte ich noch kein Facebook. Aber dann war ich 6 Jahre im Ausland als Lektorin für die italienische Sprache und viele Schüler stehen seitdem mit mir in Verbindung. Ich denke immer daran, dass meine Schüler alles lesen koennen! Wenn ich Fotos nur wenigen Freunden zeigen will, gibt es ja private Nachrichten!
Zum Glück gibt es wenigstens noch ein paar Bundesländer die „an gesunden Menschenverstand und Eigenverantwortung“ glauben und (bisher) keine unnormalen Regelungen eingeführt haben..