Infografik: Arbeitslosigkeit und befristete Verträge bei Lehrkräften
Nicht alle Lehrkräfte freuen sich auf die Sommerferien. Einige müssen sich mit dem Beginn der großen Ferien arbeitslos melden. Grund: Ihr Arbeitsvertrag war nur befristet.
Kurz vor den Sommerferien 2016 wurde vermehrt das Thema der Lehrerarbeitslosigkeit von den Medien aufgenommen. Die Anzahl der Lehrkräfte, die sich zu Beginn der großen Ferien vorübergehend arbeitslos melden, steigt seit ein einigen Jahren. „Tendenziell nimmt das Ausmaß der Ferien-Arbeitslosigkeit seit 2010 zu“, beschreibt die Agentur für Arbeit in ihrer Arbeitsmarktberichterstattung „Lehrerarbeitslosigkeit in den Sommerferien 2015“ ihre Ergebnisse. Als wäre dieser Fakt nicht bereits besorgniserregend genug, erfassen die Zahlen der Arbeitsagentur jedoch nicht die Lehrerinnen und Lehrer, die sich nicht bei der Agentur für Arbeit melden. Die Dunkelziffer arbeitsloser Lehrkräfte in den Sommerferien kann somit viel höher liegen. Das stellte auch die Bundesvorsitzende der GEW, Marlis Tepe, im Januar 2016 besorgt fest: „Diese [Lehrerinnen und Lehrer] melden sich gar nicht erst arbeitslos, da sie wegen fehlender Leistungsvoraussetzungen kein Arbeitslosengeld erwarten oder auf einen Anschlussvertrag nach den Ferien hoffen.“
Besonders hart trifft die Arbeitslosigkeit jene Lehrkräfte, die kein ganzes Jahr durchgängig beschäftigt waren. Sie haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I, sondern müssen Arbeitslosengeld II, also Hartz 4, beantragen.
Arbeitslosigkeit in den Sommerferien 2015
Um zu zeigen, wie groß das Ausmaß der Arbeitslosigkeit von Lehrkräften in den Sommerferien in den jeweiligen Bundesländern ist, haben wir Daten der Bundesagentur für Arbeit aus 2015 in einer Deutschlandkarte zusammengestellt. Die Zahlen für die Sommerferien 2016 werden voraussichtlich erst im November 2016 veröffentlicht, teilte uns die Bundesagentur für Arbeit auf Anfrage mit.
Beachten Sie dabei, dass es sich bei den in der Infografik angegebenen Daten nicht um die absolute Arbeitslosigkeit von Lehrkräften in den jeweiligen Bundesländern handelt. Sie zeigen die zusätzlich arbeitslos gemeldeten Zugänge (angegeben in Prozent für den Monat August und in Personenanzahl für den gesamten Ferienzeitraum) in den Sommerferien im Vergleich zu den monatsüblichen Zugängen (von September bis Juni bzw. Oktober bis Juli) im Jahr 2015.
Somit haben sich insgesamt in Deutschland zu Beginn der Sommerferien rund 7000 Lehrkräfte arbeitslos gemeldet. Besonders stachen dabei die Ergebnisse der Bundesländer Baden-Württemberg mit einem Zuwachs von 1760 Prozent in den Sommermonaten, Rheinland-Pfalz mit einem Zuwachs von 1050 Prozent, Hessen mit einem Zuwachs von 750 Prozent und das Saarland mit einem Zuwachs von 520 Prozent im Gegensatz zu den Nicht-Ferienmonaten heraus.
Befristete Arbeitsverträge bei Lehrkräften in Deutschland
Die Ferienarbeitslosigkeit wird laut Bundesagentur für Arbeit vordergründig durch befristete Arbeitsverträge verursacht, die zu Beginn der großen Ferien auslaufen. Doch wie viele Lehrerinnen und Lehrer sind zurzeit in Deutschland befristet angestellt? Das wollten wir von den Ländern wissen. So haben wir die Kultusministerien bzw. die Senatsverwaltungen für Bildung gefragt, wie viele Lehrerinnen und Lehrer aktuell im jeweiligen Land beschäftigt und wie viel Prozent der beschäftigten Lehrkräfte befristet angestellt seien. Auch wollten wir von ihnen die Gründe für befristete Arbeitsverträge wissen. 13 von den 16 Bundesländer haben uns alle drei Fragen beantwortet. Von Bremen und Niedersachsen bekamen wir keine Angaben zu den befristeten Arbeitsverträgen.
Information zur Infografik
In unserer Infografik finden Sie die Informationen der Bundesländer. Beachten Sie bitte, dass diese Daten nur bedingt mit denen der oben genannten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vergleichbar sind. Sie beziehen sich auf unterschiedliche Erhebungszeiträume und die jeweiligen Befristungen (z. B. Art oder Zeitraum der Befristung) sind nicht definiert. Der jeweilige Stand der Erhebung wurde angegeben. Auch rechnen manche Bundesländer die Lehrkräfte öffentlicher und privater Schulen zusammen, andere benennen nur Vollzeitbeschäftigte und wiederum andere unterscheiden zwischen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Wir haben alle Daten so übernommen, wie sie uns von den Bundesländern zur Verfügung gestellt wurden.
Den vorliegenden Angaben zufolge (aus oben genannten Gründen können hier Bremen und Niedersachsen nicht aufgeführt werden) haben die Bundesländer Hessen (8,2 Prozent), Hamburg (7,5 Prozent) und Rheinland-Pfalz (7 Prozent) prozentual betrachtet den höchsten Anteil befristet angestellter Lehrerinnen und Lehrer. Den niedrigsten Anteil zeigen Berlin (0,82 Prozent), Sachsen (0,9 Prozent) und Sachsen-Anhalt (1,1 Prozent). Betrachtet man jedoch die absolute Anzahl der befristet angestellten Lehrkräfte in den Bundesländern, ergibt sich ein anderes Ranking: Nordrhein-Westfalen beschäftigt die meisten befristet angestellten Lehrerinnen und Lehrer mit einer Summe von ca. 11.774 Personen, gefolgt von Hessen mit 4641 Personen, Bayern mit 3450 Personen, Rheinland-Pfalz mit 2787 Personen und Baden-Württemberg mit 2760 Personen.
Vertretungsfälle, Flexibilität und kurzfristiger Bedarf
Als ersten Grund für eine befristete Einstellung nannten alle Bundesländer Vertretungsfälle aufgrund von Mutterschutz, Vätermonaten, Sonderurlaub oder Krankheit. Darüber hinaus würden Lehrkräfte befristet angestellt, wenn kurzfristig Unterrichtsbedarf bestünde und dadurch Fachkräfte benötigt würden, z. B. für Deutsch als Fremdsprache. Einige Bundesländer würden außerdem den Unterricht durch den flexiblen Einsatz gewährleisten. Bremen nannte als einziges Bundesland auch gesundheitliche Gründe: Lehrkräfte würden auch dann befristet angestellt, „wenn z. B. ein Arzt dem Ressort mitteilt, dass eine gesundheitliche Eignung auf Dauer zumindest zweifelhaft“ sei.
„Das Hire-and-Fire-Prinzip wird weder den Schülerinnen und Schülern noch den Lehrkräften gerecht. Die Bundesländer als Arbeitgeber sanieren sich auf Kosten der Beitragszahler der Sozialkassen“, kritisierte die GEW-Vorsitzende Tepe das Vorgehen der Bundesländer. „Für die betroffenen Lehrkräfte bedeutet dieses Sparmodell andauernde Jobunsicherheit und unbezahlte Arbeit. Denn: Auch wenn der Arbeitsvertrag ausgelaufen ist, der Unterricht für das neue Schuljahr muss trotzdem vorbereitet werden“, so Tepe.
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