Bildungspolitik unter Trump: Was kommt auf Amerikas Schulen zu?
US-Bildungsministerin Betsy DeVos ist eine große Verfechterin der Voucher-Systeme für Privatschulen. Was bedeutet das für öffentliche Schulen?
Betsy DeVos: Milliardärin und neue Bildungsministerin
Seit Anfang Februar 2017 ist Betsy DeVos neue US-Bildungsministerin unter Donald Trump. Sie gehört zu einem der einflussreichsten Familienclans der USA und verfolgt seit Jahren in ihrem Heimatstaat Michigan eine Agenda der Privatisierung von Schulen. Nur knapp wurde sie vom Senat bestätigt. Ihre Besetzung stand in der Kritik, da sie keine Erfahrung im politischen Umgang mit öffentlichen Schulen hat und eine einseitige Strategie zur Stärkung der „Charter Schools“, also Schulen ohne Kontrolle durch die Schulbehörden, verfolge. US-Präsident Trump hatte DeVos für den Posten vorgeschlagen, obwohl sie sich im Wahlkampf zunächst öffentlich gegen ihn ausgesprochen hatte. Eine einflussreiche Republikanerin in seinen Ministerialreihen zu wissen, könnte sich aber als sehr sinnvoll für Trumps Bildungspolitik erweisen.
Charter Schools und das Voucher-System
„School Choice“ ist Betsy DeVos wichtigste Vokabel. Sie kämpft für die weitreichende Einführung von Vouchern, also Bildungsgutscheinen, die es ärmeren Familien ermöglichen, bessere Schulen für ihre Kinder auszuwählen. Normalerweise müssen Eltern ihre Kinder auf eine durch die Schulbehörde zugeteilte öffentliche Schule in Wohnortnähe schicken. Ein US-Gesetz ermöglicht seit US-Präsident Obama jedoch die Schulwahl, bei der Eltern stattdessen eine weiter entfernte Schule im gleichen Schulbezirk wählen dürfen. Dafür muss die ursprüngliche Schule als schlecht oder unsicher gelten. Hier kommen die Charter Schools ins Spiel.
Bei Charter Schools handelt es sich um Schulen, die mithilfe von Steuergeldern gefördert werden. Teilweise werden sie privat geführt. Dies soll eine Vielfalt der Lernmöglichkeiten fördern und neue Lehrkonzepte ermöglichen.
Kritik am Charter-School-Konzept
Am Beispiel Detroit zeigt ein Bericht des Onlineportals Spiegel, was öffentliche Schulen im ganzen Land erwarten könnte. Detroit liegt in DeVos Heimatstaat Michigan und führte bereits 1993 Charter Schools als alternative Schulform ein. Da die öffentlichen Gelder für die einzelnen Schulen auf Grundlage der Höhe der Schülerzahlen verteilt werden, erhalten Schulen mit sinkenden Schülerzahlen weniger Budget und müssen mit diesem Missstand haushalten. Wenn sie dann bei anschließenden Audits schlecht abschneiden, werden sie geschlossen. Mittlerweile ist das ein echtes Problem in Detroit. Immer weniger der klassischen öffentlichen Schulen im Zentrum Detroits sind geöffnet. Die meisten armen Familien aus dem Zentrum können sich jedoch die zusätzlichen Aufwände und Kosten nicht leisten, die entstehen würden, wenn sie ihre Kinder auf Charter Schools in den entfernten Vorstädten Detroits schicken würden. Somit überwinden Voucher nicht die Kluft zwischen Arm und Reich, sondern verstärken sie.
Problematisch an den Charter Schools ist, dass es kaum Kontrollmöglichkeiten durch die Schulbehörden gibt. Teilweise sind an Charter Schools günstigere Lehrkräfte ohne Zertifikate angestellt. So kann sich die Schulleitung das „verbleibende Budget“ als Gewinn einstreichen. Mehrere Studien zeigten, dass die Leistungen und das Bildungsniveau an diesen Schulen nicht über dem der verfallenden öffentlichen US-Schulen liege. Es gibt zwar oberflächlich mehr Auswahl, aber gleichzeitig nicht mehr Qualität in der Bildung.
Daneben gibt es den Vorwurf, Betsy DeVos würde versuchen, die gesamte Schullaufbahn in den USA zu voucherisieren. Das wird allerdings kaum möglich sein. Gerade einmal neun Prozent der Bildungsausgaben in den USA werden durch die Staatsebene getragen. Diese sind an spezifische Bedingungen geknüpft, etwa die Förderung der Inklusion oder die Unterstützung von Kindern aus armen Familien. Außerdem gibt es eine Vielzahl dünn besiedelter Gegenden in Amerika, sodass es teilweise kaum umsetzbar sein wird, Kinder trotz freier Schulwahl auf andere Schulen im gleichen Schulbezirk zu schicken.
Ablehnung der Common Core Standards
Wenn es nach US-Präsident Trump und Bildungsministerin DeVos ginge, würden sie die Common Core Standards wieder abschaffen. Viel zu zentralistisch seien die vergleichbaren Aufgaben und Tests, die seit der Obama-Ära eine Überprüfungsgrundlage für Englisch und Mathe bieten. Das geht nicht so einfach, da die USA – wie Deutschland – Bildung föderal regeln und auf nationaler Ebene kein direkter Einfluss ausgeübt werden kann. Über den Umweg Voucher und Charter Schools könnten DeVos und Trump mehr Verantwortliche erreichen, die die Common-Core-Bildungsstandards ebenfalls ablehnen und ihnen durch die finanziellen Zuwendungen einen Anreiz bieten, sich diesen zu entziehen.
Weniger Geld für das US-Bildungsministerium
Donald Trump löst in seinem ersten Haushaltsentwurf für 2018 ein Wahlkampfversprechen ein: Die US-Regierung will verstärkt in Charter Schools, Privatschulen und religiöse Schulen mittels Voucher-System investieren. Die Aufwendungen für School-Choice-Programme sollen um 1,4 Milliarden US-Dollar auf insgesamt 20 Milliarden US-Dollar steigen. Gleichzeitig würden die dem Bildungsministerium zur Verfügung stehenden Mittel um 13,5 Prozent gekürzt (entspricht 9 Milliarden US-Dollar). Damit würden andere Programme wegfallen, z. B. zur Lehrerfortbildung, zur Lernunterstützung nach der Schule oder zur Studienfinanzierung für ärmere Schülerinnen und Schüler.
Das US-Bildungsministerium begrüßte Trumps Vorschläge mit folgenden Worten: „The budget places power in the hands of parents and families to choose schools that are best for their children by investing an additional $1.4 billion in school choice programs“ („Der Haushaltsplan gibt den Eltern und Familien die Möglichkeit, die besten Schulen für ihre Kinder auszuwählen, indem weitere 1,4 Milliarden Dollar in Schulwahlprogramme investiert werden“). Weiter heißt es: „This budget is the first step in investing in education programs that work, and maintaining our Department’s focus on supporting states and school districts in providing an equal opportunity for a quality education to all students.“ („Dieser Entwurf ist der erste Schritt, um in Bildungsprogramme zu investieren, die funktionieren und es hilft dem Ministerium, die Bundesstaaten und Schulbezirke darin zu unterstützen, gleiche Chancen für eine qualitativ hochwertige Bildung für alle Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.“)
Kritik kommt vom Lehrerverband und School-Choice-Unterstützern
Der US-Lehrerverband NEA hatte bereits die Nominierung von Betsy DeVos als Bildungsministerin kritisch kommentiert. Mit den aktuellen Budgetvorschlägen des US-Präsidenten konfrontiert, äußerte sich NEA-Vorsitzende Lily Eskelsen García besorgt. Die Umverteilung öffentlicher Gelder für Privatschulen würde den Lernenden schaden und wichtige Programme eliminieren. Damit würden die Möglichkeiten der US-Schülerinnen und Schüler eingeschränkt.
Auch School-Choice-Befürworter Greg Forster ist eher skeptisch. Trump als Fürsprecher sei eher ein Fluch als ein Segen für die Sache, da Erfolge auf Bundesstaatenebene zunichte gemacht würden.
Titelbild: © a katz/shutterstock.com
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