Lernen in anderen Ländern: Indien – Bildung als Statussymbol

Hochqualifizierte IT-Experten und Ingenieure, angesehene Ärzte – Indiens Bildung bringt erfolgreiche Leute hervor. Doch das Bildungssystem hat Schattenseiten.

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Mit über eine Milliarden Bewohnerinnen und Bewohnern ist Indien nicht nur die bevölkerungsreichste Demokratie. Es weist nach China das zweitgrößte Bildungssystem der Welt auf: 1,4 Millionen staatlich anerkannte Schulen, circa 33 000 Colleges und 659 Hochschulen sind dort zu finden.

Indien wird seit ein paar Jahren großes Potenzial nachgesagt: Es ist von einer Entwicklung zur wirtschaftlichen Großmacht die Rede. Dem wirtschaftlichen Erfolg stehen jedoch große soziale Probleme gegenüber: So kämpft Indien gegen große Armut, zunehmende Ungleichheit, Analphabetismus, Korruptionen, Schulabrecher, Kinderarbeit, Unterdrückung von Frauen und Randgruppen, Umweltverschmutzung sowie ethnische und religiöse Konflikte.

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Kostenlose Bildung nur in den ersten Jahren

Erst seit 2012 ist es jedem Kind in Indien möglich, ein paar Jahre zur Schule zu gehen. 2009 wurde Bildung in Indien als fundamentales Recht in der Verfassung festgeschrieben. Seitdem unterliegen Kinder von sechs bis 14 Jahren der Schulpflicht. Solange wird ihnen ein kostenloser Schulbesuch der Elementary Education (Primary und der Upper Primary bzw. Middle School) garantiert. Mittlerweile werden mehr als 90 Prozent der Kinder eingeschult – immer noch mehr Jungen als Mädchen. Die Zustände der staatlichen Schulen besonders in ländlichen Regionen sind jedoch katastrophal: Klassengrößen von bis zu 80 Schülerinnen und Schüler verschiedener Altersstufen, fehlende Ausstattung und Lehrerinnen und Lehrer sind die Folgen des geringen Budgets, das die Zentralregierung für die Bildung ausgibt.

Hohe Zahl an Schulabbrechern

Da Bildung in Indien als Statussymbol gilt, wollen viele Familien ihren Kindern einen Besuch an einer der besser aufgestellten Privatschulen ermöglichen. Das ist für die Mittel- und Oberschicht kein Problem. Familien aus unteren Kasten verschulden sich oft. Hier wird teilweise die Schulausbildung der Mädchen für die der Jungen „geopfert“. Auch beim Übergang von der Primary zur weiterführenden Schule nach der achten Klasse verliert das indische Bildungssystem zahlreiche Schülerinnen und Schüler. Die berufs- bzw. hochschulvorbereitende Secondary oder Higher Secondary Education steht größtenteils nur in Städten zur Verfügung und ist meist kostenpflichtig. Viele Familien können sich die Schulgebühren nicht leisten. So ist die Schulabbrecherzahl in Indien hoch. Genau wie die Zahl der Analphabeten ist sie die höchste weltweit.

Kaum Chancen auf Hochschulbildung

Als Ingenieur bzw. Ingenieurin oder Arzt bzw. Ärztin der Armut zu entfliehen, ist der Wunsch vieler Lernender aus den Unterschichten. Aber es werden nur wenige Universitäten von den Bundesstaaten und der Zentralregierung finanziert. Die Chance auf einen der hart umkämpften Studienplätze an einer Hochschule haben weniger als 10 Prozent der Schülerinnen und Schüler. Die, die sich einen Studienplatz sichern können, stehen unter enormem Druck. Nur wenige machen ihren Abschluss – Indiens Elite.

Digitalisierung – der Traum von der Bildung für alle

2009 erlebt Indien einen digitalen Boom. Seitdem liegt die Hoffnung auf der digitalen Wirtschaft: Start-ups schaffen die unbedingt notwendigen Arbeitsplätze. Aber nicht nur auf dem Arbeitsmarkt soll die Digitalisierung Abhilfe schaffen: Viele Organisationen und Unternehmen möchten mithilfe mobiler Endgeräte so vielen Menschen wie möglich eine Chance auf Bildung geben: Denn Handys sind preiswert, sodass mehr als eine Milliarden Menschen in Indien ein Mobiltelefon besitzen. Da jedoch nicht jeder auf das Internet zugreifen kann, sind mobile Lösungen nötig: Das sogenannnte Mobile Learning (M-Learning) soll jedem einen Zugang zu Wissen ermöglichen. So bietet beispielsweise das Unternehmen Vahan kostenlosen Englischunterricht per Telefongespräch an. Aber auch Projekte wie Hole-in-the-Wall Education, ins Leben gerufen vom indischen Bildungswissenschaftler und Informatiker Sugata Mitra, sollen unabhängiges und selbstständiges Lernen mit digitalen Medien in den ärmsten Regionen ermöglichen. So wurden Computerterminals als Lernstationen an öffentlichen Plätzen installiert und in Asien und Afrika mehr als 300 000 Kinder in 150 Dörfern und in Slums erreicht. Es bleibt jedoch noch viel zu tun, um Indiens Kinder auf den Wettbewerb des internationalen Arbeitsmarktes vorzubereiten und allen eine gute Bildung zuteil werden zu lassen.







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