Lernen in anderen Ländern: Südafrikas Hoffnung

Die Zeit der Apartheid liegt über ein Vierteljahrhundert zurück. Dennoch sind die sozialen Unterschiede in den Schulen Südafrikas noch immer immanent. Die Digitalisierung gilt als Chance, guten Unterricht für alle zu ermöglichen.

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Schule während der Apartheid

Bis zum Beginn der 1990er Jahre war es schwarzen Schülerinnen und Schülern in Südafrika verboten, die Schulen der Weißen zu besuchen. Sie erhielten lediglich eine Bantu education, die sie in den Grundlagen des Rechnens, Schreibens und Lesens sowie einigen handwerklichen Fähigkeiten, z. B. Kochen, Nähen oder Gärtnern ausbildete. Dadurch sollte verhindert werden, dass sie andere Berufe oder Aufgaben anstrebten, als von der weißen Bevölkerung für sie vorgesehen war.

Die Schulen in den segregierten Homelands und den Townships, den armen Vororten der Großstädte, waren zudem schlecht ausgestattet. Auch die Lehrkräfte hatten nicht den gleichen Ausbildungsstand wie ihre Kolleginnen und Kollegen an den Schulen für weiße Kinder.

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Das südafrikanische Schulsystem im Überblick

Heute ist die südafrikanische Schullaufbahn in Primary School von der ersten bis zur siebten Klasse sowie High School von der achten bis zu 12. Klasse unterteilt. Die Schulpflicht besteht für alle Kinder von der ersten bis zur neunten Klasse. Die Grundschulausbildung ist an den öffentlichen Schulen kostenlos. Ab der High School zahlen die Familien auch an den öffentlichen Schulen Schulgebühren, wobei der Staat diese teilweise subventioniert. Die High School wird mit der Matric (offiziell National Senior Certificate), der Abschlussprüfung in sieben Fächern, abgeschlossen. Wer in mindestens vier Fächern 50 Prozent der geforderten Leistung erreicht hat, erhält die Matriculation Endorsement, die Bescheinigung zur Studierfähigkeit. Die Matric gilt als bestanden, wenn 30 Prozent der gestellten Aufgaben korrekt gelöst wurden. Die Ergebnisse können auch nachträglich standardisiert, also herabgesenkt, werden, sollten landesweit schlechte Ergebnisse erzielt worden sein. Dadurch soll auch Schülerinnen und Schülern aus sozial schwachen Familien ein hoher Schulabschluss ermöglicht werden.

Die Analphabetenquote der Republik Südafrika ist mit durchschnittlich 13 Prozent hoch, wobei auch heute noch unter schwarzen Schülerinnen und Schülern eine höhere Quote von 18 Prozent Analphabeten vorherrscht.

Eine Segregation nach Hautfarbe ist nicht mehr vorgesehen. Aber die jahrzehntelang forcierten sozialen Umstände sorgen nach wie vor für ein relativ einheitliches Bild an den Schulen. Während die ärmeren Township Schools die mittellosen schwarzen Kinder und Jugendlichen ausbilden, werden die ehemaligen weißen Schulen weiterhin hauptsächlich von weißen Schülerinnen und Schülern besucht. Eltern schwarzer Kinder, die es irgendwie finanziell möglich machen können, versuchen, ihre Kinder ebenfalls auf diese besser ausgestatteten Schulen zu schicken. Auch wenn dies teilweise lange Schulwege und hohe Schulgebühren bedeutet. Die Hoffnung treibt sie an, dass ihre Kinder es einmal besser haben könnten – mithilfe einer besseren Schulbildung.

Kein Ausbrechen aus dem Teufelskreis Armut

Die Schulen in den Townships sind so überfüllt, dass Lehrkräfte bis zu 80 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse unterrichten müssen. Einige Regierungsinitiativen ermöglichen den armen Kindern zwar kostenloses Schulessen und eine Teilsubventionierung der Schulgebühren. Bislang bleibt das Bildungsniveau in den ärmeren, vorrangig schwarzen Schichten Südafrikas nichtsdestotrotz schlecht.
Die gut ausgebildeten Lehrkräfte sind an den Privatschulen des Landes angestellt, sodass es nahezu unmöglich für sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler wird, den Kreis aus schlechter Bildung und schlechter Ausbildung zu durchbrechen.

Von Regierungsseite betreut das Schulministerium National Department of Basic Education die öffentlichen Schulen, die Lehrerausbildung sowie die Lehrpläne. 20 Prozent der öffentlichen Mittel werden in Südafrika in Bildung investiert, um endlich die Folgen der Apartheid an Schulen und Hochschulen zu überwinden. Damit ist Bildung der größte Einzelposten im gesamten Regierungsbudget. Bislang gibt es jedoch kaum positive Entwicklungen. 2016 landete Südafrika bei einer Auswertung des Weltfinanzforums auf dem letzten Platz bei der Qualität des Mathe- und Naturwissenschaftsunterrichts und insgesamt bei der Qualität der Bildung auf Rang 137 von 139.

Digitalisierung der Schule als Chance für die Zukunft

Es besteht also Handlungsbedarf – und das nicht nur von Regierungsseite. So hat etwa der größte Telekommunikationsanbieter Südafrikas MTN im Jahr 2017 für 30 Schulen Multimedia-Stationen zur Verfügung gestellt. Diese enthalten unter anderem Hardware, in Form von Whiteboards, Servern, Projektoren, bereits komplett eingerichteten Laptops, Multifunktionsdruckern sowie Daten-Karten zum kabellosen Surfen. Dadurch konnten diese Schulen auch digitale Medien im Unterricht anwenden. Bis Ende 2017 konnten so nach Aussage von MTN bereits fünf Prozent bessere Schülerleistungen an den Schulen mit Multimedia-Stationen verzeichnet werden. Auch die Zahl der erfolgreichen Schulabschlüsse sei bereits gestiegen und es würden sich mehr Schülerinnen und Schüler nach ihrem Abschluss in IT-Studiengänge an den Universitäten einschreiben.

Der Telekommunikationsanbieter Vodacom stellte im vergangenen Jahr für 5000 rurale Schulen digitale Schulmanagementsysteme zur Verfügung, mit denen u. a. Anwesenheiten und Noten der Schülerinnen und Schüler erfasst werden können. Was den Schulen Südafrikas am meisten fehle, meint Vuyani Jarana, einer der Verantwortlichen bei Vodacom, seien Bibliotheken und Laboratorien. Daher sei es aus seiner Perspektive unabdingbar, digitale Wissenssammlungen und Experimentierräume zu schaffen. Das sei dank der von Vodacom bereitsgestellten Schumanagementsysteme jetzt möglich. Zusätzlich stelle die Firma auch Laptops und Tablets für die Klassenzimmer bereit, berichtet IT News Africa.

Digitales Schulmaterial für alle

Das Schulministerium setzt auf Digitalisierung als Weg in eine chancengerechte Zukunft. So gab der zuständige Minister Enver Surty während einer Bildungskonferenz im Sommer 2017 an, alle Schulen Südafrikas bis Ende 2018 digital miteinander verknüpfen zu wollen.

Alle Schulbücher und Lehrinhalte digital zur Verfügung zu stellen, sehe er außerdem als Chance, die Qualität der Bildung zu verbessern. So könnten z. B. Datenbanken für Tests und Übungen bereitgestellt werden: „We cannot say there is a qualitative improvement in the school system unless we are able to assess it. ICT [information and communication technology, VW] is our opportunity to do this. It allows us to disseminate data banks for tests and assessments and to manage and oversee complex systems. We believe that, soon enough, we will be able to use ICT in such a purposeful and meaningful way that we could change the face of education in South Africa“, so Surty.

Darüber hinaus strebt das südafrikanische Schulministerium an, bis Ende 2018 alle Schulbücher in allen Klassenstufen zu digitalisieren und für alle Schülerinnen und Schüler zugänglich zu machen.

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Titelbild: © franco lucato/shutterstock.com