Es geht auf Klassenfahrt – Erfahrungen einer Lehrerin

Heimweh, Streit und langes Wachbleiben – Klassenfahrten sind vor allem für Lehrerinnen und Lehrer eine ganz schöne Belastungsprobe. Aber es gibt auch immer ein paar Highlights. Frau mit Klasse berichtet von ihren Erfahrungen.

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Noch grün hinter den Ohren

Im Jahr 2011 trat ich als blutjunge Praktikantin meine erste Klassenfahrt als Begleitung an. Ich erinnere mich noch, dass ich nach nur wenigen Nächten total erledigt war. Manche der Schülerinnen und Schüler waren ziemlich unruhig. So saßen wir als Aufsichtspersonen manchmal mehrere Stunden nach der Nachtruhe noch im Gang und fanden kaum Schlaf. Sollte das ab jetzt immer so laufen?  

Die Verantwortung wächst

Ein paar Jahre später sprang ich spontan für einen kranken Kollegen ein und fuhr mit einer zehnten Klasse auf einer Klassenfahrt. Ich war mit einem älteren Lehrer unterwegs und gespannt, was auf mich zukommen würde. Wir kamen in einem netten Hostel unter, in dem ich ein geräumiges Zimmer mit fast bodentiefen Fenstern ganz für mich hatte. Hätte also schlechter laufen können.

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Schnell merkte ich, dass mein Kollege von der entspannten Sorte war. Am ersten Abend fragte ich ihn, ob wir denn heute Nachtwache schieben müssten. Er schaute mich an und lachte: „Komm, wir essen jetzt erst mal was zusammen!“ Später haben wir noch einmal alle Zimmer kontrolliert und dann hat er auch mich ins Bett geschickt. Am nächsten Morgen war noch alles in Ordnung und ich dachte mir: Kontrolle ist wichtig, aber ein bisschen Vertrauen den Schülerinnen und Schülern gegenüber wahrscheinlich auch.

Fehler sind erlaubt, auch als Lehrkraft

Ein Ereignis verursachte mir dann doch kurzfristig Schweißperlen auf der Stirn. Dies lag aber nicht an den Schülerinnen und Schülern meiner Klasse, sondern an mir selbst. Wir wollten an einem Tag ins Berlin Dungeon gehen. Dort wird die Stadtgeschichte auf schaurige Weise demonstriert. Ich war noch eine Runde in der Stadt unterwegs und rief dann meinen Kollegen an. Ich fragte, ob es bei dem vereinbarten Treffpunkt bliebe. „Wo zum Teufel bist du?“, unterbrach er mich direkt. Ich hatte das Treffen um eine Stunde verschwitzt! Sofort hetzte ich zurück ins Hostel, um meine Sachen zu holen. Anschließend verpasste ich knapp die Bahn und stellte fest, dass ich auch noch schwarzfuhr. Als ich es endlich geschafft hatte, stand ich vor verschlossenen Türen. Die Veranstaltung hatte begonnen und ich sah keine Chance, hineinzukommen. Zum Glück traf ich auf eine Mitarbeiterin, die mich doch noch einließ. Und so stand ich schließlich bei spärlichem Laternenschein in einem schummrigen Gewölbe herum und hoffte darauf, unter all den Schülerinnen und Schülern meine eigene Klasse zu finden. Irgendwann hatte ich Glück und sie liefen mir über den Weg. Am Ende konnten wir darüber alle lachen. Manchmal macht man eben auch als Lehrkraft Fehler. Ein Glück hatte ich meinen Kollegen als Stütze dabei.

Auf eigenen Beinen

Im vergangenen Jahr arbeitete ich noch an einer Regelschule. Ich übernahm dort eine Klasse, mit der ich bereits nach zwei Monaten auf Klassenfahrt fuhr. „Mutig! Finde ich toll, dass du dir das zutraust“, sagten einige im Kollegium zu mir. Doch ich sah darin kein Problem. Mir wurde ein Kollege zur Seite gestellt, den ich bis dahin nicht kannte.

Als wir im Waldcamp ankamen, suchten wir die Lehrerunterkunft auf. Die kleine Hütte hatte nicht, wie vermutet, zwei getrennte Räume. Wir kamen hinein und befanden uns in einem einzigen großen Raum. Ich musste lachen: „Echt jetzt?“ Schön, denn ich hatte ausgerechnet meinen Herzchen-Pyjama eingepackt. Vier Nächte lang teilten mein Kollege und ich uns einen Raum mit zwei Betten. Es war lustiger, als gedacht. Wir verstanden uns gut und hatten uns viel zu erzählen. Mittlerweile bin ich an einer anderen Schule, aber mein ehemaliger Kollege und ich sind seit dieser Klassenfahrt gut befreundet.

Auf Klassenfahrten lernt man sich kennen

Währen so einer Klassenfahrt ist man rund um die Uhr für seine Schülerinnen und Schüler da. Man lernt sie viel besser kennen als im Schulalltag. Man erfährt von ihren persönlichen Erfahrungen und Problemen. Man tröstet sie, wenn sie Heimweh haben.

An einem Abend weinten z. B. plötzlich zwei Mädchen und ich machte mir schon Sorgen. Doch sie waren nur emotional von einem Lied ergriffen, das der DJ spielte. Solche Dinge gehen im Schulalltag leider manchmal unter. Als ich nach den fünf Tagen wieder daheim war, fehlte mir das Ganze tatsächlich.

Letztens haben mich ehemalige Schülerinnen und Schüler aus der Regelschule gefragt, ob ich sie nicht auf ihrer bevorstehenden Klassenfahrt begleiten könne. Ich könnte mir doch einfach an meiner jetzigen Schule ein paar Tage freinehmen. Da musste ich ein bisschen schmunzeln.

Schulfahrt an der Sonderschule

Und nun? Wie stehe ich aktuell zum Thema Klassenfahrt? Vergangene Woche wurde an meiner Sonderschule thematisiert, ob wir nicht einmal mit mehreren Jahrgängen gemeinsam eine Schulfahrt durchführen wollen. Meine Klasse war begeistert. Einige meiner Schülerinnen und Schüler waren noch nie auf Klassenfahrt. Das wird sicher nicht ohne, aber ich will ihnen ebenfalls die Möglichkeit geben, sich gegenseitig besser kennenzulernen und auch mir eine neue Seite von sich zu zeigen. Und so freue ich mich, wenn es wieder heißt: Es geht auf Klassenfahrt!

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© Titelbild: Simon Maage/unsplash.com