Was ich seit der Schulzeit meiner Kinder gelernt habe
Man lernt nie aus – auch als Mutter von Schulkindern nicht. Während Christines Kinder Stoff pauken, erhält sie nebenbei eine Schulung in Mütter-Skills und Weltbildwandel.
Waren Sie auch in der schlimmsten Klasse, die der Lehrer bzw. die Lehrerin je unterrichtet hatte? Bei uns war das so: Jedes einzelne meiner Kinder war in dieser schlimmsten Klasse und ich damals auch. Jedenfalls sagte das unser Lehrer regelmäßig mit einem Anflug von Verzweiflung. Daraus habe ich gelernt, dass manche Dinge offensichtlich Evergreens sind, zum Beispiel dieser Spruch.
Ohne Zettel und Atteste geht heute gar nichts mehr
Andere Sachen waren neu für mich als Mutter: Zum Beispiel, dass Kinder Kuchen oder Muffins dabei haben sollten, wenn sie Geburtstag haben. Das gab es nicht, als wir Babyboomer noch in die Schule gingen. Und auch die vielen Zettel, die die Kinder aus der Schule mit nach Hause bringen, auf denen Informationen über allerlei anstehende Aktivitäten für die Eltern aufgeschrieben sind, gab es früher nicht. Seit Neuestem muss ich sogar auf einem abtrennbaren Stück dieser Zettel unterschreiben, dass ich sie zur Kenntnis genommen habe.
Einfach so krank sein, können die Kinder auch nicht mehr. Während ich als Kind ein bis zwei Wochen mit Grippe oder Mittelohrentzündung im Bett lag und niemand außer meiner Mutter mit Tee und Zwieback meine Ruhe störte, klingeln heute Klassenkameraden und -kameradinnen und bringen Hausaufgaben und Stoff zum Weiterlernen vorbei. Ich glaube auch nicht, dass meine Mutter jemals eine Krankschreibung vom Kinderarzt für mich in der Schule abgegeben hat. Damals reichte noch eine einfache schriftliche Entschuldigung. Heute braucht es nach drei Tagen an vielen Schulen ein Attest, als wären Schülerinnen und Schüler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Damals hieß es noch einhellig: „Mindestens einen Tag lang muss das Kind sich wieder richtig gesund fühlen, bevor es in die Schule darf.“ Heute schicken Eltern, mich eingeschlossen, ihre Kinder wieder hin, sobald es geht – Vereinbarkeit von Familie und Beruf lässt grüßen.
Herausforderung: Vereinbarkeit von Hausaufgaben und Beruf
Apropos Vereinbarkeit: Das Problem, dass Eltern neben der Berufstätigkeit auch noch die Hausaufgaben kontrollieren oder bei ihnen helfen müssen, kannte meine Elterngeneration noch nicht. Dabei hätten damals die Mütter sogar Zeit dafür gehabt. Denn zumindest in Westdeutschland, wo ich groß wurde, war die Hausfrauenehe normal. Heute erwarten viele Schulen, dass Eltern auffangen, was die Kinder in der Schule nicht verstanden haben. Gleichzeitig sagt die Schule aber, sie könne Erziehungsversäumnisse der Eltern nicht auffangen. Irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, dass sich hier beide Seiten den schwarzen Peter zuschieben, anstatt nach Lösungen zu suchen.
Mein Gott, was sind die Lehrkräfte jung!
Was mich zur Schulsozialarbeit bringt – eine tolle Sache, wie ich gelernt habe. Klassenrat, Gespräche über Verhaltensweisen und das soziale Miteinander, all sowas machen die Kinder heute. Großartig, und ich spüre einiges davon auch zu Hause. Denn meine Kinder wenden natürlich das in der Schule Besprochene auch im Privatleben an, zum Beispiel wenn es ums Streitschlichten unter Gleichaltrigen geht.
Eine weitere angenehme Erkenntnis war: Lehrerinnen und Lehrer sind heutzutage überraschend jung und auch nur Menschen – oft sogar richtig nette. Wobei mir bei dieser Erkenntnis möglicherweise geholfen hat, dass es in meiner direkten Verwandtschaft etliche Lehrerinnen gibt, und zwar sowohl für Grund- als auch weiterführende Schulen.
Früh aus den Federn als Mutter ist doppelt doof
Eins jedoch hat mich ziemlich kalt erwischt: Früh aufzustehen fand ich schon als Schülerin nicht besonders toll. Aber als Mutter früh aufzustehen, die Kinder aus den Betten zu treiben und rechtzeitig aus dem Haus zu scheuchen muss, ist fürchterlich. Ehrlich, wenn mich eins am Kinderhaben so richtig nervt, dann ist es das frühe Aufstehen für die Schule und der damit verbundene Stress am Morgen.
Und so wie’s aussieht, wird das auch noch so sein, wenn ich Oma bin und meine Kinder selbst dafür sorgen müssen, dass ihr Nachwuchs pünktlich aus den Federn kommt. Denn entgegen aller Studien, die uns sagen, dass eigentlich ein Schulbeginn um 9 Uhr sinnvoll wäre, geht bei uns die Schule um 7:45 Uhr los. Ätzend!
Nun aber zum absolut Erstaunlichsten von allen Dingen, die ich als Mutter von Schulkindern gelernt habe: Nämlich dass ich nun das Gefühl habe, das Schuljahr bestehe fast nur aus Wochenenden, Ferien und Feiertagen. Dabei war das, als ich Kind war, genau umgekehrt. Ich kann mir absolut nicht erklären, wie das angehen kann. Denn rein faktisch hat sich eigentlich gar nichts geändert. Sollte es etwa an mir liegen?
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