Wut – wenn Kinder einen zur Weißglut treiben
Als gute Mutter habe ich Jesper Juul & Co gelesen und mir vorgenommen, stets gelassen und auf Augenhöhe mit meinen Kindern zu interagieren. Soweit zu den Plänen. Und dann kamen die Trotzphasen.
Bevor ich Kinder hatte, wusste ich gar nicht, wie wütend ich werden kann. Ich hielt mich für einen ausgeglichenen, rationalen Menschen und ich glaubte, dass man Konflikte am besten mit Worten lösen kann. Dann wurde ich Mutter und lernte mich neu kennen.
Dank meiner Kinder weiß ich nun, dass es sehr viele verschiedene Arten gibt, mich zur Weißglut zu bringen: Das klappt durch Weglaufen („Mama, ich gehe jetzt alleine zu McDingsbums, wenn du nicht mitkommst!“ Und weg ist das Kind), durch das Abschnallen im Auto im Stadtverkehr („Ich will jetzt aussteigen!“), durch 20 Mal innerhalb von zehn Minuten an der Haustüre klingeln („Ich brauche noch eine Wasserpistole!“) und auch durch Sockenanziehen in Zeitlupe, wenn morgens die Zeit drängt. Damit ist die Liste nicht abgeschlossen, nicht dass ihr meint, ich sei ansonsten nicht aus der Ruhe zu bringen.
Wer Kinder hat, kennt viele Gründe, wütend zu werden
Die gute Nachricht ist: Ich habe gelernt, mir zu überlegen, worüber es sich wirklich lohnt, sich aufzuregen. Langsames Sockenanziehen beim Kind ist lästig und es kommt dann vielleicht zu spät in die Schule, aber es ist nicht gefährlich. Wohingegen Abschnallen im Auto und Weglaufen zu McDingsbums bei mir richtige Wut auslösen, weil sie mir damit Angst machen.
Und eigentlich ist Wut ja oft nichts anderes als in Energie verwandelte Ohnmacht, was per se nichts Schlechtes ist. Außer, wenn sie einen lähmt oder zu Dummheiten führt. Dazu zählen zum Beispiel Kurzschlussreaktionen, wie böses Gebrüll oder gar körperliche Züchtigung.
Wege aus der Wut – und warum Lachen heikel ist
Mein Ausweg aus solchen Situationen ist übrigens Atmen, Atmen, Atmen. Konflikte löst man in erster Linie mit Atmen, und gelegentlich mit Lachen, aber da muss man aufpassen. Denn wenn das Kind sich ausgelacht fühlt, kann das zu einer sich hochschaukelnden Wut führen und das macht die Sache nur noch schlimmer. Also verkneife ich mir meist das Lachen, das mich eigentlich befreit. Auf „Mama, ich wohne ab jetzt bei Paul. Der hat viel nettere Eltern!“ nach Zwist über Was-auch-immer bemühe ich mich um einen betont sachlichen Gesichtsausdruck – laut loszulachen, wäre jetzt nicht so hilfreich. Das weiß ich, weil ich es schon ausprobiert habe. Ich kann nur sagen: Tut es nicht!
Nach der Trotzphase kommt die Vorpubertät, und danach die Pubertät. Und dann ziehen die Kinder aus, habe ich mir sagen lassen. In der Vorpubertät, die auch als Stinkphase bekannt ist, treibt die hartnäckige Weigerung der leicht pickeligen Kinder den Blutdruck in die Höhe, solch überflüssigen Dinge wie regelmäßiges Duschen zu betreiben. In der Pubertät ist es das muffige Schweigen des Nachwuchses.
Ein Glück, dass ich bald reif bin für den Altersstarrsinn. Da darf ich dann lachen, so viel ich will, und kann meine Kinder damit in den Wahnsinn treiben. Meine Zeit kommt noch!
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„Bevor ich Kinder hatte, wusste ich gar nicht, wie wütend ich werden kann. Ich hielt mich für einen ausgeglichenen, rationalen Menschen und ich glaubte, dass man Konflikte am besten mit Worten lösen kann. Dann wurde ich Mutter und lernte mich neu kennen.“
Ich könnte es nicht besser ausdrücken.