Das Lehrkräftezimmer – oder: Hinter der Schranktür nach Narnia
Es war schon zur eigenen Schulzeit ein mysteriöser Ort: das Lehrkräftezimmer. Niemand wusste, welche geheimen Welten sich hinter der Tür verbergen. Doch als Frau mit Klasse selbst Lehrerin wurde, kam sie den Geheimnissen auf die Spur.
Das erste Mal Lehrkräftezimmerluft schnuppern
Als ich vor einigen Jahren mein Referendariat antreten sollte, beschloss ich, es an meiner alten Schule zu absolvieren. Ich kann mich dann noch gut an die erste Dienstberatung erinnern: Was würden meinen alten Lehrer*innen sagen, wenn ich das Lehrkräftezimmer betrete und mich wie selbstverständlich neben sie setze? Ich gebe zu, ich war ein bisschen aufgeregt. Aber es lief gut: Freundliche Worte und eine Menge bekannter Gesichter hießen mich willkommen und ich stellte in den kommenden anderthalb Jahren fest: Meine ehemaligen Lehrer*innen sind auch nur Menschen! Ich habe von ihnen viele hilfreiche Tipps bekommen und spannende Gespräche geführt. Wir Kolleg*innen – alte wie neue – haben im Lehrkräftezimmer viel zusammen gelacht, über ernste Themen gesprochen und am Ende wartete ich in diesem Raum bangend auf mein Ergebnis der Lehrprobe.
Ich hatte einfach eine gute Zeit in diesem großen Raum, der übrigens sehr aufgeräumt war. Es gab dort auch mal ein Glas Sekt zu besonderen Anlässen oder an Ostern und Weihnachten Schokohasen und Weihnachtsmänner für alle – was will man mehr?! Ich weiß gar nicht, warum ich mich als Schülerin nicht getraut habe, zu klopfen.
Zimmer Nr. 2: Freie Platzwahl?
Nach meinem Referendariat wechselte ich die Schule und widmete mich neuen Abenteuern. Ich erinnere mich noch gut an den ersten Tag: Man betritt das Lehrkräftezimmer und überlegt, wohin mit sich?! Plätze im Lehrkräftezimmer sind schließlich hart umkämpft. Auch die Ordnung war irgendwie eine ganz andere: Ich entdeckte Kekse, Nagellackflaschen und natürlich eine Menge Schulmaterial auf fast allen Tischen. So setzte ich mich vorerst an einen kleineren leeren Tisch am Rand. Nach kurzer Zeit wurde ich aber glücklicherweise an den Haupttisch eingeladen und bekam dort einen festen Platz.
Suppentopf verloren!
Dieser Platz befand sich am nächsten zum Eingang des Lehrkräftezimmers und deswegen landeten dort öfter skurrile Dinge: z. B. ein leerer Suppentopf. Erst wollte ich diesbezüglich eine Notiz an die anderen schreiben. Doch spätestens als meine Kollegin mich liebevoll dafür auslachte, ließ ich es bleiben. Denn irgendwie war es auch witzig. Falls meine Kolleg*innen dies jetzt lesen: Ich liebe euch. Das Genie beherrscht doch das Chaos! Diese Lehrkräftezimmeratmosphäre war (und ist wieder, denn mittlerweile bin ich wieder hier) eben eine andere, aber ich mochte sie gern.
Zimmer Nr. 3: Großes Kollegium = großes Lehrkräftezimmer
Neue Schule, neues Lehrkräftezimmer: Danach habe ich wieder an einer Regelschule gearbeitet. Hier bestand das Lehrkräftezimmer aufgrund der Größe des Kollegiums aus zwei aufeinander folgenden Räumen. Es gab sogar noch weitere Lehrkräftezimmer in anderen Gebäuden. Da ich ein sehr junges Kollegium hatte, teilte ich mir mit vielen netten Kolleg*innen einen Tisch. Während der Arbeit konnte man zwischendurch miteinander quatschen und es gab eine Menge zu lachen. Das Lehrkräftezimmer war hier ein Ort des Austauschs, aber auch der harten Arbeit. Ich beobachtete viele Kolleg*innen, die noch lange nach Feierabend fleißig an ihrem Platz verharrten, korrigierten und ihren Unterricht vorbereiteten. An Geburtstagen gab es ein gemeinsames Frühstück mit Geschenken und es wurde literweise Kaffee getrunken.
Zimmer Nr. 4: Das gruselige Kabuff
Nur mein aktuelles „Lehrkräftezimmer“ – das vierte in meiner kurzen Lehrer*innenlaufbahn – ist leider gar nicht wohnlich. Ich wurde mitsamt meiner Klasse aufgrund von Platzmangel an der eigentlichen Schule ausgelagert und nutze jetzt für ein Schuljahr die Räumlichkeiten einer nahegelegenen Schule. Das wäre alles kein Problem, hätte man dort einen vernünftigen Aufenthaltsort. Meine Kolleg*innen und ich nutzen dort jedoch den Abstellraum. Die „Hexenkammer“ ist nicht nur winzig klein. Nach dem Kopieren steht die Luft und es scheint, als befände sich hier der Eingang nach Narnia! So viele interessante Gegenstände auf einem Haufen habe ich selten gesehen: Man findet in unserem provisorischen Lehrkräftezimmer Statuen, ausgestopfte Tiere und andere Exponate für den naturwissenschaftlichen Unterricht, Bälle und sehr viel Staub.
Kaffee können wir uns übrigens dort auch nicht kochen, denn eine Maschine ist nicht vor Ort. Und wenn man einen Tee will, hat man auch Pech: Der Wasserkocher passt nicht unter den Wasserhahn. Immerhin sind die Leute, denen man dort begegnet, freundlich.
Aber was soll man machen? Meine Lösung: Ich verbringe dort nur die nötigste Zeit, nehme es mit Humor und freue mich, wenn dieses Schuljahr vorbei ist.
So unterschiedlich können Lehrkräftezimmer sein. Ich bin sehr gespannt, was mich in meiner beruflichen Laufbahn noch alles erwartet.
Ein Hinweis in eigener Sache: Ihr findet mich und kleine lustige Anekdoten aus dem Schulalltag jetzt auch auf Twitter unter FRAU MIT KLASSE. Schaut doch mal rein.
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Titelbild: ©Elena Schweitzer/shutterstock.com
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Also ich kenne da ganz andere Zustände.. Es werden Intrigen gesponnen, es wird gelästert und gelogen, bis sich die Balken biegen. Auch Sexismus und anzügliche Kommentare gehören zum Alltag. Vor allem in kleineren Städten und Dörfern. Wenn dies mal angesprochen wird, wird bagatellisiert mit „Ach, früher ging es hier viel schlimmer zur Sache, was stimmt nicht mit dir, sei nicht so sensibel..“ Diese Hierachie im Lehrerzimmer hat mir gänzlich die Lust am Lehrerdasein genommen.