Schutz vor Corona? – Nö, aber hier ist ein Lüftungskonzept!

Die warmen Sommertage sind vorbei und wie erwartet bringt der Herbst unschöne Wendungen mit sich. Die Zahl der Neuinfektionen steigt, viele Menschen gehen wieder ins Homeoffice, doch in der Schule läuft der Regelbetrieb weiter. Frau mit Klasse findet für diese Situation einige ehrliche Worte.

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Mit Maske zurück ins Schulvergnügen

Gestern endeten die Herbstferien und für mich wurde es Zeit, wieder in die Schule zu gehen. Inzwischen ist es völlig normal, dass die Lehrer- und Schülerschaft im Großteil des Gebäudes ausschließlich mit Maske unterwegs ist. Nur hier und da muss man noch darauf hinweisen, dass die Maske richtig aufgesetzt werden solle. Der Großteil hat es aber verinnerlicht. Im Klassenraum dürfen die Schülerinnen und Schüler sie dann wieder absetzen. Das finde ich jedoch auch schwierig, gerade hier kann kein Abstand gewährleistet werden. Auch im Lehrerzimmer ist es jetzt verpflichtend. Doch unter welchen Bedingungen sollen wir künftig im Schulbetrieb arbeiten?

Das Lüftungskonzept: Fenster auf und Jacke an

Der Berliner Senat hat ein Konzept entwickelt, wie wir an der Schule richtig lüften sollen. Das ist eine schöne Sache, denn solange wir nur ordentlich die Fenster öffnen, können ruhig mehrere hundert Menschen gleichzeitig in einem Gebäude arbeiten, oder?!

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Laut den „Regeln zum Lüftungsmanagement“ soll mehrmals täglich vor dem Unterricht, in der Mitte jeder Unterrichtsstunde, in der Pause und nach dem Unterricht eine Stoßlüftung vorgenommen werden. Das ist wichtig, aber erklären Sie das mal Kindern und Jugendlichen. Denen war schon kalt, als ich im Sommer das Fenster geöffnet habe. Es vergeht keine Lüftung ohne eine Beschwerde.

Letztens las ich, dass eine Mutter sich im Internet darüber aufregte, dass die Kinder jetzt auch noch frieren müssten. Wenn die Schulen geschlossen sind, schimpfen sie. Wenn wir uns einsetzen, auch. Und die kalte Jahreszeit kommt erst noch. Das kann lustig werden.

Lüftungstraining und CO₂-Messgeräte

Vermutlich werden sich dann alle erst einmal in ihre Jacken werfen, das wird ein Chaos. Heute saß einer mit einer Decke in meinem Unterricht. Auch nicht schlecht. Aber dennoch kann man die Eltern, Schülerinnen und Schüler verstehen. Wenn wir nicht an Corona erkranken, dann wahrscheinlich an einer Erkältung. Zudem kommen wohl CO₂-Messgeräte, die „richtiges Lüften“ trainieren sollen (ca. vier Stück für bis zu 700 Schülerinnen und Schüler). Na dann sind wir doch gerettet!

Der Corona-Stufenplan

Der Senat hat des Weiteren einen Stufenplan für alle Berliner Schulen entworfen. Der Plan ist in vier Farben unterteilt: grün, gelb, orange und rot. Ursprünglich sollten die Schulen mit der grünen Stufe aus den Herbstferien starten. Da frage ich mich, ob sich jemand die aktuellen Zahlen genau angesehen hat? Zu Beginn der Woche allein wurden 930 Neuinfektionen gemeldet.

An welcher Stelle das grün ist, soll mir bitte mal jemand erklären. Schlussendlich starteten wir immerhin mit gelb. Doch ich frage mich, was geschehen muss, damit die rote Stufe des Planes in Kraft tritt? Allzu lang dürfte es aber nicht mehr dauern. Und dann verkleinern wir unsere Lerngruppen noch weiter.

Denn alle Stufen besagen, dass Unterricht stattfinden solle, eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen und Abstand gewahrt soll. Die Maskenpflicht dürfte noch zu drastischeren Engpässen an unserer Schule führen. Anfangs konnten wir Schülerinnen und Schülern, die ihre Maske vergessen hatten, noch aushelfen. Mittlerweile müssen wir eher bei den Eltern nachfragen, ob sie uns mit weiteren Masken versorgen können. Wir Lehrkräfte müssen eh eigene Masken mitbringen und bekommen keine gestellt. Zudem dürfen Lerngruppen sich nicht vermischen. Doch wo ist hier die Differenzierung? Ich habe mindestens einen Kurs, in dem Schülerinnen und Schüler aus allen Klassen des Jahrgangs zusammenkommen und dies darf auch weiterhin stattfinden.

Ein Gefühl von Machtlosigkeit

Masken im Unterricht sollen erst Pflicht sein, wenn wir Richtung orange oder rot gehen. Ist das nicht etwas spät? Wer weiß, wie viele Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer das Virus schon in sich tragen und sich unwissentlich gegenseitig anstecken? Muss das erst passieren, bevor gehandelt wird? Offenbar ja, denn machen können wir letztendlich nichts. Jeden Donnerstag wird neu entschieden, wie die einzelnen Schulen in der darauffolgenden Woche verfahren sollen. Machtlos fühlt man sich.  

Die Relevanz digitaler Medien in der aktuellen Zeit

All das führt dazu, dass Schülerinnen und Schüler gegenwärtig im Umgang mit digitalen Medien geschult werden müssen. Denn wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt und ob wir teilweise wieder ins Homeschooling gehen. Deshalb erkläre ich meiner Klasse aktuell, wie wichtig es ist, dass sie sich regelmäßig in unser System einloggen und Aufgaben auch online bearbeiten.

Und wenn wir es irgendwann schaffen, unsere Papierberge zu reduzieren und mehr digital zu arbeiten, ist das sicher nicht verkehrt. So würden wir wenigstens beginnen, uns auf das vorzubereiten, was vielleicht noch kommt.

Lehrkraft oder Versuchskaninchen?

Ich gebe zu, dass ich mich als Lehrerin sehr stark als Versuchskaninchen fühle. Bildung ist wichtig, ohne Frage. Doch warum bauen wir die digitalen Medien nicht weiter aus und richten unseren Fokus darauf, Schüler auch online zu unterstützen? Während langsam immer mehr Menschen wieder von zu Hause aus arbeiten, haben wir diese Option leider nicht und sind der aktuellen Situation und den Menschenmengen schutzlos ausgeliefert. Und nun wurde es ganz frisch beschlossen: Viele Institutionen müssen wieder schließen, doch die Schulen bleiben offen. Auch wir Lehrkräfte haben Familie und vielleicht jemanden aus der Risikogruppe im engsten Kreis. Dennoch ist es ganz normal, dass Schülerinnen und Schüler im ständigen Wechsel direkt vor unserer Nase sitzen. Deshalb an dieser Stelle auch meinen vollsten Respekt an alle Menschen, die unser System am Laufen halten. Da denke ich auch besonders an Ärzte und Ärztinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Supermärkten, Putzkräfte, die BSR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, Erzieherinnen und Erzieher, Apothekerinnen und Apotheker, Postboten, Postbotinnen und viele weitere. Vielen Dank und passt alle gut auf Euch auf!

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