Ostern mit Kontaktsperre

Die eigene Familie zu sehen und dabei zwei Meter Abstand zu wahren – das ist eine eigenartige Erfahrung, auf die viele von uns gerne verzichtet hätten. Aber Corona-Ostern macht es nötig.

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Manchmal fühlt es sich ganz falsch an, das Richtige zu tun. Richtig ist in diesen Tagen – das wissen wir alle – Abstand zu halten, um sich selbst und die Mitmenschen vor Ansteckung zu schützen. Vor allem diejenigen, die zur Risikogruppe gehören, also Menschen über 60 Jahren und solche mit Vorerkrankungen. Meine Eltern zum Beispiel: Beide sind um die 80 Jahre alt. Meine Mutter hat letztes Jahr eine schwere Krebserkrankung überstanden und ein geschwächtes Immunsystem, mein Vater erholt sich seit Dezember von den Folgen eines Herzinfarkts. 

Ich sehe sie normalerweise alle paar Wochen, wenn ich ins zwei Stunden entfernte Freiburg fahre, wo auch meine älteste Tochter studiert, meine Nichten wohnen und mein Bruder arbeitet. Zuletzt haben wir uns Anfang Februar in die Arme geschlossen, und das meine ich wortwörtlich, denn wir umarmen uns immer, wenn wir uns treffen. Ich sitze auch gerne neben meinem Vater und nehme ihn in den Arm. Ich finde es schön, Nähe auch als körperliche Nähe auszudrücken.

Dieses Ostern ist alles anders – Corona ändert die Regeln und Rituale

Und nun kam also das Osterfest. Ein Familienfest, das viele Familien zum Anlass nehmen, zusammenzukommen, um in großer Runde zu feiern. Dieses Jahr galten aber die Corona-Regeln: Man sollte möglichst auf Reisen verzichten und nur mit der Kernfamilie Zeit verbringen, konkret mit denjenigen, mit denen man zusammenwohnt.

Das stellte mich gleich vor zwei Dilemmata: Zum einen war es das erste Osterfest, an dem meine große Tochter (19) nicht mehr zu Hause wohnt. Zum anderen war da der Wunsch, meine Eltern mal wiederzusehen. Da sie bereits so alt sind, weiß ich schlichtweg nicht, wie oft ich sie überhaupt noch treffen kann, was durch die Bedrohung dieses tödlichen Virus auch nicht besser wird. Was also tun? Geliebte Menschen einfach gar nicht mehr zu sehen, kann ja auch nicht die Lösung sein, dachte ich mir. Aber vielleicht würde sich der Wunsch nach einem Familienzusammentreffen doch verwirklichen lassen, ohne unvernünftig zu sein.

Ungewohnt: Die Lieben nicht umarmen, wenn man sie sieht

So verabredete ich mich mit der großen Tochter im Garten meiner Eltern, wohin wir durch den mittlerweile zugewachsenen Hintereingang kamen, vorbei an einer verrosteten Gartenbank, auf der ich als Kind oft gesessen hatte, und am riesigen Kirschbaum, der üppig blühte. Und dann saßen wir – meine beiden Töchter, meine Eltern und ich – mit zwei Metern Abstand auf der Terrasse, ohne Kaffee und Kuchen und ohne Tisch und erzählten uns ein bisschen.

Dass wir nicht gemeinsam essen konnten, hat mich gar nicht groß gestört. Was aber wirklich komisch war, war meine Eltern nicht zu umarmen. Schon mein ganzes Erwachsenenleben hindurch umarme ich sie beide, wenn ich mein Elternhaus betrete oder verlasse. Das hat mir diesmal schmerzlich gefehlt und es fühlte sich falsch an. Auch wenn ich weiß, dass es richtig war.

Wie lange wird der Ausnahmezustand noch andauern?

Das Dumme ist, dass niemand weiß, wie lange das so bleibt. Denn ohne Impfstoff müssen wir eigentlich weiterhin Abstand halten. Und der Gedanke ist schmerzhaft. „Ach, Christine“, sagte meine Mutter, als ich vorsichtig ins Gästebad huschte, um mir gründlich die Hände mit Seife zu waschen und versuchte, dabei nichts anzufassen, „wenn wir jetzt sterben sollen, dann ist das eben so.“

Das mag sein, aber ich möchte nicht schuld daran sein, habe ich gedacht und inständig gehofft, dass mein Bruder, der meine Eltern am Vortag im Garten besucht hatte, genauso vorsichtig war wie ich. Immerhin gehen die beiden auch nicht mehr selbst einkaufen, sondern lassen sich Lebensmittel vor die Tür stellen und halten sich ansonsten auch an die Regeln. Da wäre es ja fatal, das alles durch einen Familienbesuch zu ruinieren.

Aber ganz ohne Familie ist irgendwie auch alles nichts. Schön also, dass es den elterlichen Garten gibt und dass ich dort hinfahren konnte. Und noch schöner wird es dann, wenn ich meine Familie wieder in die Arme schließen kann. Hoffentlich geht das noch in diesem Jahr. Bis dahin gilt: Was sich ganz falsch anfühlt, ist ausnahmsweise richtig. Es ist besser so.

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Titelbild: © Mickis-Fotowelt/shutterstock.com

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