Überforderung: Jetzt reicht’s! – was tun, wenn’s dem Kind zu viel wird?

Wie erkennt man, ob ein Kind zu viel um die Ohren hat und was ist zu tun, um vor einer Eskalation die Kurve zu kriegen? Mama Christine hat im Laufe der Jahre mit ihren drei Kindern ganz unterschiedliche Strategien entwickelt.

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Als meine Kinder klein waren, fingen sie an zu quengeln oder warfen sich schreiend auf den Boden, wenn sie gestresst waren. Jetzt in der Pubertät ist eher Rummotzen angesagt. Der Auslöser dafür, dass plötzlich gar nix mehr geht, sind oft scheinbare Nichtigkeiten. Es reicht schon, wenn man noch mal nachfragen muss, was das Teenagerkind zuletzt gesagt hat, weil man gerade an etwas anderes dachte. Da wünscht man sich als Elternteil dann manchmal die Babyzeit zurück, als die Bedürfnisse und Konflikte noch überschaubar waren.

Zwischen Aufdrehen und Rückzug ist alles drin

Wie Kinder sich aufführen, wenn ihnen alles zu viel wird, unterscheidet sich. Aber es gibt durchaus zuverlässige Anzeichen dafür, dass der Nachwuchs überlastet ist: Am extremen Ende der Reaktionen bei Überlastung ist sicherlich meine jüngste Tochter anzusiedeln. Sie übergab sich schon als kleines Kind bei heftigem Stress spontan – etwas, das heute selten geworden ist, aber doch gelegentlich noch vorkommt.

Das Überlastungssymptom muss natürlich nicht ganz so spektakulär sein, sondern kann sich auch leise ankündigen, z.B. durch Rückzug, ungewohnte Schweigsamkeit, Bauchweh oder Kopfschmerzen. Manche Kinder drehen auch richtig auf, wenn sie überlastet sind. Das kann ein bisschen tückisch sein, weil man als Elternteil ja schlussfolgern könnte, das Kind brauche mehr Action und müsse ausgepowert werden – das ist aber tatsächlich das Gegenteil dessen, was eigentlich ratsam wäre.

Das Kind mit seinen Eigenheiten im Blick behalten

Was für das eine Kind passt, kann für das andere Kind ganz falsch sein. Als Mutter von drei höchst unterschiedlichen Kindern wird mir das nahezu täglich vor Augen geführt. Meine älteste Tochter möchte auf gar keinen Fall umarmt oder körperlich getröstet werden, wenn sie von etwas gestresst ist. Sie flucht lieber und tritt gegen eine Wand – das war schon so, als sie noch ein Kleinkind war.

Die anderen beiden Kinder empfinden es hingegen als sehr tröstlich, wenn sie in dem Arm genommen werden, aber zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten: Meine Jüngste mag das erst, wenn sie wieder „runtergekommen“ ist, während der Sohn durch eine Umarmung beruhigt und geerdet wird.

Deeskalation oder die eigenen Grenzen erfahren lernen?

Die erste wichtige Frage ist also: „Wie tickt mein Kind?“. Danach, aber nicht weniger wichtig: „Was genau ist mein Ziel, wenn ich als Elternteil regulierend eingreife?“. Möchte ich, dass der Nachwuchs auch mal seine Grenzen erkennt oder will ich frühzeitig deeskalieren? Klar kann der 10-jährige Sohnemann morgens in die Schule, mittags zu einem Freund, nachmittags auf einen Geburtstag, danach zum Fußballtraining und am späten Abend noch schnell Hausaufgaben machen. Er ist dann halt nur rechtschaffen kaputt und schafft die Hausaufgaben nur noch unter lautem Maulen, was der gesamten Familie die Laune vermiest. Das kann man durchaus mal machen. Ich halte es auch für sinnvoll, weil Kinder nur auf diese Art lernen, dass Eltern gute Gründe haben, wenn sie frühzeitig eingreifen und gewisse Dinge schlichtweg nicht erlauben.

Eine Wärmflasche auch mal ohne Psychologisieren überreichen

Ansonsten gilt für mich als Elternteil: Mitdenken und mitfühlen. Auch wenn das nicht einfach ist, weil die Kinder ganz anders sind, als ich es bin. Wenn mein Bauchwehkind sagt, es hätte gerne eine Wärmflasche, dann bekommt es die mit der Frage überreicht, ob es irgendwas gibt, was es gerade beschäftigt. Und wenn sich das Gesicht des Kinds verfinstert, das normalerweise sofort in den Hof rennt, wenn da andere Kinder zu hören sind, erkundige ich mich, ob es kürzlich Streit mit den Nachbarskindern gab. Das mögen Kleinigkeiten sein, aber sie tragen entscheidend dazu bei, es eben gar nicht erst zur Überlastung kommen zu lassen, weil das Achten auf frühe Signale oft schon die Situation entschärft.

Dabei ist allerdings entscheidend, es nicht zu übertreiben: Der Wunsch nach einer Wärmflasche kann auch einfach bedeuten, dass meiner heißblütigen Tochter ausnahmsweise kalt ist. Ich bohre auch nicht nach, wenn ich das Gefühl habe, dass mein Kind durchaus ein Problem hat, aber jetzt nicht darüber sprechen will. Das würde ich bei anderen Menschen in meinem Umfeld auch nicht anders machen.

Überraschungen gehören dazu

Nur sind andere Menschen mir nicht anvertraut und ich bin nicht dafür zuständig, dass sie Selbstregulation erlernen – das ist ein entscheidender Unterschied. Deswegen ist die Frage, wann meinem Kind was zu viel ist, für mich von hoher Relevanz. Die Anzeichen dafür ändern sich immer mal wieder und manchmal überraschen die Kinder mich: Kürzlich wollte meine jüngste autistische Tochter mit ihren Freund*innen zu Fuß ins Kino gehen, was ich für ein ziemlich gewagtes Unterfangen hielt. Sie hat es aber mit Bravour und komplett ohne Überlastungsanzeichen gemeistert.

Für mich als Mutter bedeutet das, dass ich versuche, offen zu bleiben. Zwar mag ich meine Kinder so gut kennen, wie kaum jemand sonst, aber warum sollte es bei ihnen anders sein als bei mir – auch ich bin manchmal von mir selbst überrascht und natürlich bin auch ich manchmal überlastet. Meine Aufgabe als Mutter ist, die Kinder dabei zu begleiten, sich selbst kennenzulernen. Mein Ziel ist also, mich – zumindest dahingehend – überflüssig zu machen. Dann dürfte sich auch meine eigene gelegentliche Überlastung gleich mit in Luft auflösen. Das ist jedenfalls der Plan.

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Titelbild: © Antonio Guillem/shutterstock.com

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